A. Aufgabentext:
E ist Eigentümer eines ca. 5 ha großen Seeufergrundstücks,
das er zu Freizeitzwecken (Camping und Baden im See) nutzt. Einige Jahre
nach dem Grundstückserwerb werden der See sowie sämtliche Ufergrundstücke
einschließlich des Grundstücks des E durch Rechtsverordnung
unter Naturschutz gestellt. Die formell ordnungsgemäß auf das
bad.-württ. Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) gestützte Naturschutzverordnung
verbietet, näher bezeichnete Moosbiotope zu betreten und läßt
im übrigen nur eine naturnahe land- und forstwirtschaftliche Nutzung
der Grundstücke zu. Untersagt ist ferner, auf den Grundstücken
zu zelten oder zu lagern, im See zu baden sowie den See mit Wasserfahrzeugen
oder Schwimmkörpern aller Art zu befahren. Von der Naturschutzbehörde
erhält E auf Anfrage die Auskunft, daß die Nutzungsbeschränkungen
als Sozialbindung des Eigentums entschädigungslos hinzunehmen seien.
Zwar sei sein Grundstück in besonderer Weise betroffen, da es nicht
wie die anderen Grundstücke zu 25 Prozent, sondern zu 75 Prozent aus
Moosbiotopen besteht, die nun nicht mehr betreten werden dürfen. Gleichwohl
sei eine privatnützige Verwendung, wenn auch in engen Grenzen, möglich.
Im übrigen sei es ohne Belang, daß der von E auf seinem Grundstück
errichtete Badesteg nun gänzlich entwertet sei, da es sich bei dem
Badesteg unstreitig um einen nicht genehmigungsfähigen Schwarzbau
handelt. Was das Baden im See angehe, so würde sich das Grundeigentum
darauf ohnehin nicht erstrecken.
Fünf Monate nach Erlaß der Naturschutzverordnung stellt
E Normenkontrollantrag zum VGH, der allerdings ebenso wie die Beschwerde
gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des VGH nach zusammen
zweijähriger Verfahrensdauer erfolglos bleibt. Eine Woche nach der
Entscheidung des BVerwG legt er Verfassungsbeschwerde gegen die Naturschutzverordnung
zum BVerfG ein.
Zur Begründung trägt er vor, die Naturschutzverordnung entleere
sein Eigentum an dem Grundstück zu einer wertlosen Hülse und
enteigne ihn damit, ohne daß gemäß der Junktimklausel
des Art. 14 III GG über die Entschädigung entschieden sei. Auch
als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums könne die Naturschutzverordnung
nicht bestehen, weil sie völlig unverhältnismäßig
sei und ihn viel stärker treffe als die Eigentümer der Nachbargrundstücke.
Die Entschädigungsregelung in § 47 LNatSchG sei als salvatorische
Klausel zu vage und daher rechtsstaatswidrig. Außerdem verletzten
die Betretungsverbote und insbesondere das Campingverbot seine grundrechtlich
verbürgte Freizügigkeit und Fortbewegungsfreiheit.
Hat die Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg?
Hinweise:
1. Die Naturschutzverordnung selbst enthält keine Entschädigungsregelung.
2. Vorschriften des Naturschutzrechts sind über die im Sachverhalt
genannte Bestimmung hinaus nicht heranzuziehen.
3. Rückgabe und Besprechung: Freitag, 4. Juli 1997, 14-16 Uhr,
Audimax.
erstellt 31.05.97/Kr.