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Cinema4D-Workshop I
Teil 4 von 4: Animieren der Szene

Das Fünfte Element

Unser Workshop neigt sich dem Ende zu. Zu guter letzt lernen Sie die eigentliche Animation und alles, was noch fehlt, zu gestalten. Wenn Sie unserem Kurs bisher folgen konnten, haben Sie jetzt eine sehr umfangreiche Szene mit vielen hohen Wolkenkratzern und fliegenden Fahrzeugen, die es nun zu animieren gilt. Das hört sich leichter an als es ist, aber mit einem Hilfsmittel, das schon im ersten Kurs-Teil erwähnt wurde, meistern Sie auch diese Hürde.

Das Storyboard

StoryboardWer schon vergessen hat, was das ist, hier noch mal eine kurze Erläuterung: Bei einem »Storyboard« handelt es sich um eine Methode, wie man schnell und übersichtlich eine Geschichte oder jede Art von Handlung entwirft und darstellt. Auf mehrere Blätter werden alle Szenen im Comic-Stil aufgemalt und mit Kommentaren oder Hinweisen versehen. Auf dem rechten Bild sehen Sie ein Beispiel, wie unsere Animation ablaufen könnte. Dieses Storyboard ist handgezeichnet, aber wer will kann das natürlich auch auf dem Computer tun. Machen Sie sich erstmal Gedanken über den Ablauf, über die einzelnen Sequenzen, die in der Animation auftauchen sollen und zeichnen Sie sie dann auf. Ob alles auch realisierbar ist, was Sie sich ausdenken, sollte ihre Phantasie nicht behindern, denn damit beschäftigen wir uns später. Grundfaden unseres Films ist die Verfolgungsjagd aus dem Kino-Spektakel »Das Fünfte Element«, in der ein Taxi von mehreren Polizei-Autos durch die »Flug-Straßen« des New Yorks der Zukunft verfolgt wird. Ausgehend von dieser Handlung können wir unsere eigenen Variationen erschaffen. Der Großteil der Anim-Sequenzen wird dabei wahrscheinlich aus klassischen »Vorbei-Flug-Szenen« bestehen. Damit hier keine Langeweile beim Zuschauer aufkommt, sollten Sie mehrmals die Perspektive wechseln. Aber bitte nicht zu oft, weil die Anim relativ kurz sein wird.

Längen und Formate

Im 1.Kurs-Teil hatten wir die Länge des Films auf ca. 10 Sekunden festgelegt. Bei einer Abspielrate von 20 Bildern pro Sekunde sind das 200 Einzelbilder; also nicht sehr viele, wenn man bedenkt, daß professionelle Computer-Animationen aus dem Kino, beispielsweise »Toy-Story« von Disney, mehrere Millionen (!) Einzelbilder haben (alle mit einer Auflösung von 1024 x 768 Pixeln). Um der Anim einen professionellen Touch zu verpassen sollten Sie als Auflösung 320 x 200 (oder 240) Pixel wählen. Dadurch entstehen beim Abspielen später ober- und unterhalb des Bildes leere, schwarze Streifen. Die meisten kennen diese Streifen aus dem Fernsehen und sind gewohnt sie zu sehen, wenn Kinofilme gezeigt werden. Die Streifen entstehen, weil Kinofilme ein anderes Format als das Fernsehen haben. Ein normales Fernseh-Bild hat das Länge-Breite-Verhältnis 4:3. Kinofilme liegen meist bei 16:9 oder weit darüber (Breitband-Film). Dieser Trick hat auch noch einen praktischen Nebeneffekt: Der Computer hat weniger Pixel zu berechnen, weil das Bild ja kleiner wird.

Kamera-Fahrten

Neben der Bewegung der Objekte, in unserem Fall die der Autos, gehört auch die Bewegung der Kamera zum wichtigsten Bestandteil einer guten Animation. Es gibt sehr viele verschiedene Methoden, wie man ein Zusammenspiel zwischen Kamera und Objekt herstellen kann und sie haben alle eins gemeinsam: Sie dienen alle zur Auflockerung und Dynamik des Films und tragen sehr zu seiner Professionalität bei. Mit der entsprechenden Kamera-Einstellung können Sie eine Art von Botschaft oder Gefühl an den Zuschauer bringen. Sie können dem Betrachter vermitteln, ob das Objekt sich schnell bewegt und schneller wird, oder ob es langsamer wird, Sie können das Objekt bedrohlich wirken lassen oder es aus der Sicht der Verfolger beobachten. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Aus dieser Fülle möchte ich Ihnen im folgenden eine Auswahl präsentieren und erläutern, wie man Sie konstruiert.

Der klassische »Vorbei-Flug«

Beginnen wir mit der einfachsten Kamera-Einstellung. Hier ist die Betrachter-Position (nahezu) auf eine Stelle fixiert. Die anfliegenden Objekte sind anfangs nur als kleine Punkte in der Ferne erkennbar, kommen aber näher. Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten.

1. Die Kamera-Richtung ist starr. Die Objekte fliegen an der Kamera vorbei, ohne das diese mitschwenkt. Damit der Hintergund nicht allzu starr bleibt, ist es erlaubt die Kamera ein klein wenig zu bewegen. Beispielsweise verändert man die Perspektive von »schräg-oben« nach »schräg-unten«, oder von links nach rechts oder so, daß die Objekte links und rechts an der Kamera vorbeifliegen; sie wären somit »mittendrin« im Geschehen.

2. Die Kamera schwenkt mit. Am besten wählen Sie ein Objekt aus, das immer in der Bildmitte bleiben soll, in unserem Fall das Taxi, das unser »Hauptdarsteller« und Träger der Sympatie des Zuschauers ist. Gehen Sie in die »Zeit-Leiste« und erzeugen Sie ein »Richtungs-Element« im Kamera-Abschnitt (Bild). Nun erscheint ein Fenster, das Sie nach dem Modus fragt, wie die Richtung gesteuert werden soll. Gehen Sie in »ausrichten auf« und wählen Sie das Taxi aus. Wenn Sie nun das Zeitleisten-Menü verlassen, werden Sie feststellen, daß, egal wo das Taxi sich befindet, es immer in der Bildmitte zu sehen ist.

Mitfliegen!

Eine andere Möglichkeit die Kamera zu bewegen ist, sie mit dem Objekt mitfliegen zu lassen. So einfach und banal diese Alternative auch klingt, sie bietet ein gewaltiges Ressort an Perspektiven. Sie können:

1. Vor dem Objekt herfliegen (der Blick ist dabei natürlich nach hinten gerichtet).

2. Hinter dem Objekt herfliegen, entweder aus der Sicht der Verfolger oder näher dran.

3. Das ganze von der Seite betrachten. Dabei ist ihnen auch gestattet, ab und zu mal vom Verfolgten (Taxi) auf die Verfolger zu schauen. Das bringt Abwechslung ins Spiel.

4. Über oder unter dem Objekt mitzufliegen. Diese Einstellung ist zwar interressant, aber machen Sie davon nicht zu oft Gebrauch, denn die Perspektive wirkt mitunter etwas flach.

5. Im Objekt mitfliegen. Aus der Sicht des Taxis oder seines Fahrers ist man noch enger ins Geschehen eingebunden, was die Spannung beträchtlich erhöht! Diese Perspektive hat auch noch einen weiteren Vorteil: Die Verfolger und das Taxi sind nicht zu sehen, was erheblich an Speicher spart. Damit der Zuschauer weiß, daß er sich im Taxi befindet, müssen Sie die Kamera ordentlich »durchschütteln«. Die Erklärung folgt im nächsten Abschnitt.

Absichten

Wenn die Kamera mitfliegt, also die Objekte über einen längeren Zeitraum groß im Bild zu sehen sind, hat der Kameramann oder der Regisseur (Sie sind beides!) die Gelegenheit Gefühle oder Absichten ins Bild miteinzubauen. Es gibt verschiedene Stilmittel solche Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Wollen Sie zum Beispiel das Taxi langsamer und kleiner (also verletzlicher) als seine Verfolger darstellen, sollten Sie die Perspektive von vorne wählen und die Kamera etwas schneller als das Taxi fliegen lassen. Gleichzeitig müssen auch die Verfolger (bei uns die Polizei) im Bild zu sehen sein. Dann entsteht der Eindruck, daß das Taxi zu langsam ist und bald geschnappt wird, was natürlich keiner hofft. Das ist auch ein gutes Mittel, um Spannung zu erzeugen. Wollen Sie hingegen die Polizei als zu langsam und das Taxi als überlegen darstellen, müssen Sie genau umgekehrt vorgehen. Von vorne gesehen muß sich das Taxi der Kamera nähern, während seine Verfolger auf der Strecke bleiben und von hinten, aus der Sicht der Verfolger, muß sich das Taxi entfernen. Soll das Taxi windig und flink wirken, empfehle ich die Ansicht von hinten, während das Taxi geschmeidig dem Verkehr ausweicht und hin und her wackelt. Um das zu verdeutlichen sollte die Kamera ihre Richtung nicht verändern, damit so ein »Bewegungs-Kontrast« entsteht. Wichtig ist vor allem, daß sie wissen, was Sie mit der Kamera-Einstellung zum Ausdruck bringen wollen. Ist ihnen dies klar, können Sie selbst anfangen ein wenig zu experimentieren. Kleiner Tip: Lassen Sie dem Objekt etwas Freiraum und geben Sie ihm de Möglichkeit auch mal »auszureißen«, d.h. daß die Kamera dem Taxi nicht überall hin folgt.

Speicher sparen

Bei Szenen dieser Größenordnung werden die meisten, die nicht gerade einen Amiga mit 32 MB Ram haben, schnell an ihre Speicher-Grenzen stoßen. Es ist ein sehr entmutigendes Erlebnis, wenn man stundenlang an einer Szene gearbeitet hat, dann schließlich alle Objekte zusammenstellt und feststellen muß, daß man nicht annähernd genug RAM hat, um die Szene zu berechnen. Vor allem bei Version 4.0 machen sich viele Texturen schnell bemerkbar. Ein Grund-Merksatz ist, bei Animationen generell auf große detailreiche Texturen zu verzichten, da unsere Einzelbilder eh nur eine niedrige Auflösung haben werden, in der man nicht viele Details erkennen könnte. Damit ist vielen schon geholfen. Wer aber trotzdem schon an seine Grenzen stößt, dem seien hier noch ein paar Tricks mit auf den Weg gegeben: In fast jeder Sequenz einer Anim sind nie alle Objekte zu sehen. Unterteilen Sie deshalb ihre Szenen-Datei in mehrere Unterdateien, die nach der Handlung der Sequenz benannt werden (z.B.: »Verfolgung_1.c4d« oder »Crash.c4d«. Wichtig! Alle Dateien in einem Ordner aufbewahren mit dem Namen »5.Element« Sie können den Ordner aber auch »Hans Wurst« nennen, das bleibt Ihnen überlassen...)

Achten Sie auch darauf, daß Sie die Materialien trennen. In einer Sequenz, in der kein Polizei-Auto zu sehen ist, wird auch kein Polizei-Material benötigt.

Die Kulisse

Im letzten Kursteil hatte ich Ihnen ein erstes Mittel zum Speichersparen vorgestellt. Es handelte sich um eine sogenannte »Kulisse«. Mit Hilfe dieses Tricks war es möglich, die Zahl der benötigten Auto-Objekte gering zu halten, um RAM zu sparen (Die genaue Erklärung finden Sie in der Amiga-Plus 8/98). Was noch fehlte war die Bewegung dieser Kulisse. Hierfür bedienen wir uns einer einfachen Textur-Animation. Die Kachel-Funktion (Bild) muß dafür aktiviert sein, da die Textur über das Objekt (hier ein Viereck) »wandert« und sie sich immer wiederholen soll, denn der New Yorker Verkehr endet nie! Achten sie darauf, daß die Textur in der Flugrichtung der Autos wandert. Um die Textur zu bewegen, gehen Sie in das Zeitleisten-Menü und stecken Sie unter dem Punkt »Tex. 1« mit 2 Mausklicks den Zeitbereich ab, in dem sich die Autofront bewegen soll. Jetzt erscheint das »Textur-Animations-Fenster«, wo Sie alle Parameter einstellen können, die zur Bewegung der Autofront dienen. Die Front soll sich während der ganzen Szene bewegen, also sollte das neue Element vom Anfang bis zum Ende reichen. Als Beispiel-Wert setzen wir an der Zeit-Stelle 0:0 unter »Textur-Position« für X den Wert -100% ein, an der Stelle 9:19 den Wert 200%. Die Textur wandert dann in ihrer Länge 3mal in X-Richtung über das Viereck. Je nach Geschwindigkeit und Länge des Abschnittes können Sie diese Werte variieren.

Rechenzeiten

Da Maxon den Amiga im Stich gelassen hat, ist wohl in nächster Zeit nicht mit einer PPC-Version von Cinema4D zu rechnen. Das heißt im Klartext: Die schnellste Version von Cinema4D rechnet auf einer 68060 CPU. Im Vergleich zu den Großrechnern der Filmindustrie ist das nicht gerade schnell. Wer also nicht 5 Monate auf die Berechnung seiner Animation warten will, sollte sich unbedingt um die Rechenzeiten für die Einzelbilder kümmern. Es ist möglich, aber nicht empfehlenswert, den Rechner rund um die Uhr mehrere Tage rechnen zu lassen, da die Amiga-Prozessoren normalerweise nicht so heißlaufen wie ein Intel. Üblich ist eine Art von Schicht-Betrieb, d.h.: Morgens aufstehen, Rechner an, Berechnung starten, Abends Rechner wieder aus. Diese Schichten können sich dann schon mal über 1-2 Wochen hinziehen, ehe der ganze Film fertig ist - vorausgesetzt die Rechenzeiten für die Einzelbilder bleiben in einem gewissen Rahmen. Erfahrungsgemäß sollte dieser Rahmen zwischen 5-10 Minuten. 5 Minuten ist die unterste Grenze für ein qualitativ hochwertiges Bild, denn alles was darunter liegt kann einfach nicht gut sein, da Qualität nun mal Zeit braucht. Aber aus den obengenannten Gründen sollte die oberste Grenze auch nicht über 10 Minuten liegen, weil sich sonst der »Schicht-Betrieb« leicht über 3-4 Wochen ausdehnen kann. Ich weiß nicht wieviel Geduld Sie haben, aber mir wäre das entschieden zu lang (Wenn Sie sehr viel Geduld haben, brauchen Sie diesen Abschnitt gar nicht zu lesen!). Was gibt es also für Möglichkeiten diesen Rahmen einzuhalten?

1. Immer den Scanline-Modus verwenden! Der Scanline-Modus ist ein extrem schneller Render-Modus, der kein echtes Raytracing verwendet. Sie haben dann zwar keine Möglichkeit scharfen Schatten und echte Spiegelungen mit ins Bild zu bringen, aber Sie sparen viel Zeit.

2. Anti-Alias: Ja oder Nein? Beim »Anti-Aliasing« verschwinden die unschönen Pixeltreppen unter niedrigen Auflösungen (Bild). Bei Animationen macht sich das bemerkbar, wenn das störende Pixel-Geflimmer bei weit entfernten Texturen verschwindet. Allerdings verschlingt diese Methode unheimlich viel Zeit. Trotzdem empfehle ich generell immer Anti-Alias einzuschalten, denn der Qualitäts-Unterschied ist gewaltig! Als bewährte Einstellung hat sich »Kante & Farbe« Stufe »2x2« erwiesen.

3. Spiegelungen und Transparenz weitgehend vermeiden! Diese Effekte nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Für die meisten Szenen reichen normale Flächen und Texturen.

4. Keine Relief-Texturen! Die Relief-Texturen besetzen nicht nur zusätzlichen Speicher, sie erzeugen auch dieses unschöne »Pixel-Geflimmer«. Verwenden Sie daher für Animationen generell keine Relief-Texturen, außer es ist unbedingt notwendig (z.B. bei Wasser).

Um die optimalen Rechenzeiten zu erhalten, sollten Sie ein bißchen herumprobieren und mit verschiedenen Einstellungen experimentieren!

Zu guter Letzt...

Ich hoffe dieser Workshop hat Ihnen die Arbeit mit Cinema4D etwas erleichtert, vielleicht haben Sie auch eine eigene Stadt-Szene aufgebaut und animiert.

Wir von der Redaktion der AMIGAplus würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Bilder zusenden würden, und wünschen Ihnen weiterhin viel Spaß mit Cinema4D! Bleiben Sie kreativ!

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