in'side online 6/7'96 - Praxis |
Dateien – gezielt gesucht
Das Internet bietet einen gigantischen Bestand von
interessanten Programmen, Treibern und anderen Dateien. Sucht man
jedoch nach einem bestimmten File, so verwandelt sich das globale
Datennetz schnell in einen undurchdringlichen Dschungel. Man
sieht den Wald – oder besser das Netz – vor lauter FTP-
und WWW-Servern nicht. Einmal mehr geht es um “Gewußt
wie”...
Kennen Sie Frank? Sagen Sie nicht zu schnell “nein”
– lesen Sie erst weiter, vielleicht kommt er Ihnen ja doch
noch bekannt vor.
Frank ist ein leidenschaftlicher Hobbykoch. Außerdem ist
er ein fröhlicher Mensch – zumindest meistens.
Irgendwann hat er sich entschlossen, seinen umfangreichen
Rezepteschatz computergestützt zu verwalten. Um die
geeignete Software dafür zu finden, könnte er sich
durch die zahlreichen Shareware-CDs auf dem Markt wühlen
– aber dazu hat Frank einfach keine Lust. Als
frischgebackener Internet-Enthusiast will er vielmehr dem
Datennetz eine Chance geben. Wozu, so fragt er sich, liegen denn
zahllose Dateien auf den nahezu ebenso zahllosen Servern des
Internet herum? Mindestens eine dieser Dateien, da ist er sich
sicher, wird genau das von ihm gesuchte Rezeptprogramm enthalten.
Durch eine Anfrage, die er in die Newsgroup "de.rec.mampf" gepostet hat,
findet er schließlich heraus, daß die
Shareware-Rezeptdatenbank Meal-Master der Firma Episoft
genau das richtige Werkzeug für ihn sein könnte. Also
macht er sich im Internet auf die Suche nach dem Programm.
Die bekannteste Methode, eine bestimmte Datei im Internet zu
suchen, führt über den Suchdienst Archie.
Sogenannte Archie-Server, die über den gesamten Globus
verteilt sind, rufen regelmäßig das Inhaltsverzeichnis
vieler bekannter FTP-Server ab und erzeugen daraus eine
Datenbank, die jedermann ohne große Vorkenntnisse
durchsuchen kann. Es gibt mehrere Wege, dies zu tun:
– Der einfachste führt über eine Seite im World
Wide Web. Dort wird die gewünschte Anfrage eingegeben.
Der Vorteil: Man arbeitet unter der vertrauten Oberfläche
des Web-Browsers, muß keine zusätzliche Software
installieren und kann die gefundenen Dateien direkt per Mausklick
herunterladen. Allerdings: Bei Web-Interfaces sind normalerweise
die Möglichkeiten zur Einstellung von Suchparametern
begrenzt.
– Einen guten Kompromiß aus Flexibilität und
einfacher Bedienung bieten spezielle Archie-Clients für
Windows. Wenn die benutzten Client-Lösungen für Archie
und FTP gut aufeinander abgestimmt sind, lassen sich die
gefundenen Programme gleich per Mausklick herunterladen – so
zum Beispiel bei der Kombination der Programme WS-Archie
und WS-FTP.
– Die traditionelle Methode besteht im Zugriff auf den
Archie-Server über einen Telnet-Client (beispielsweise EWAN).
Dabei stehen Ihnen zwar alle Optionen der Suche offen, die
Bedienung ist aber ziemlich umständlich. Wer es dennoch
ausprobieren möchte, startet seinen Telnet-Client, baut eine
Verbindung zu archie.th-darmstadt.de
auf und gibt als Username “Archie” ein. Zum Download
der gefundenen Dateien wird dann ein beliebiger FTP-Client
eingesetzt. Die Zielserver-Daten werden notiert oder per
Cut&Paste aus dem Telnet-Bildschirmfenster über die
Zwischenablage ins FTP-Programm kopiert.
Ganz gleich, für welche Variante man sich entscheidet:
Für Franks Problem ist Archie nicht der richtige Helfer. Das
System kann nämlich nur nach konkreten Dateinamen suchen
– und den kennt Frank leider nicht. Hinzu kommt, daß
Archie nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von
FTP-Sites indiziert und dadurch oft nicht fündig wird. Last
but not least läßt die Antwortgeschwindigkeit zu
wünschen übrig.
Zumindest das zuletzt genannte Problem hat Snoopie, eine Web-basierte
Archie-Alternative, in den Griff bekommen. Zwar sind die
Suchfunktionen noch weniger weit entwickelt als die von Archie,
doch dafür bearbeitet das System Suchaufträge
unglaublich schnell. Wer also den genauen Namen einer gesuchten
Datei kennt, sollten zunächst Snoopie bemühen und sich
erst dann auf eine Archie-Recherche einlassen.
Search Machine statt Archie
Für Frank bietet sich statt Archie ein anderes Werkzeug
an: Da sowohl der Name des gesuchten Programms als auch der
seiner Herstellerfirma bekannt sind, sucht Frank mit Hilfe der
bekannten Web-Suchsysteme nach diesen Stichworten. In der Tat
führt diesmal bereits die Suche mit Yahoo
ans Ziel: Als Antwort auf die Suchanfrage liefert der Katalog die
Adresse von “Episoft's
Meal-Master Homepage”.
Wenn diese Methode nicht erfolgreich gewesen wäre,
hätte Frank noch immer auf Search Machines wie Lycos oder Alta Vista
ausweichen können. Dabei hätte er allerdings zahlreiche
unpassende Ergebnisse serviert bekommen: etwa Seiten, die zu
Rezeptsammlungen (also Datenbankdateien) für Meal-Master
führen. Im Prinzip sehr nett, aber für Frank
zunächst nicht interessant.
Außerdem führen die Reports der Search Machines
etliche Seiten, die schon vor längerer Zeit erfaßt
worden sind, und die es inzwischen schlichtweg nicht mehr gibt.
Shareware-Archive
Eine interessante Möglichkeit, das gesuchte Programm zu
finden, stellen Shareware-Kataloge im World Wide Web dar, die den
Inhalt der größten einschlägigen FTP-Archive
thematisch sortiert anbieten. Die meisten dieser Kataloge
enthalten auch eine Suchfunktion, die es erlaubt, nach Datei- und
Programmnamen oder sogar nach bestimmten Begriffen innerhalb der
Programmbeschreibungen zu suchen. Besonders nützlich sind
diese Sites für denjenigen, der bei seiner Dateisuche kein
bestimmtes Programm, sondern ein Programm für eine bestimmte
Aufgabe sucht.
Der wohl bekannteste und mit über 120.000 Programmen
für die verschiedensten Rechnerplattformen auch
größte Shareware-Katalog ist Shareware.com . Jumbo zählt ebenfalls zu
den Großen unter den Shareware-Katalogen.
Nicht nur einen Katalog, sondern ein eigenes Archiv betreibt
der Verlag Ziff-Davis mit der ZD Net Software Library.
Im Einzelfall kann sich auch die Suche in einem der kleineren
Kataloge lohnen: Einen guten Überblick über die besten
Shareware-Produkte für DOS und Windows liefert die Software Site. Auch Shareware Shop und Software Shack
sind kleinere Shareware-Sites. Sie bieten zwar nur ein kleines
Repertoire an Programmen, dafür sind diese aber
sorgfältig ausgewählt und gut beschrieben. Ein noch
stärkeres Schwergewicht auf die Auswahl der besten Programme
legt der Windows
Utility Report , der regelmäßig neue
empfehlenswerte Windows-Utilities vorstellt.
Einen anderen Ansatz verfolgt “The Father of Shareware”:
Diese Site bietet Indizes der Shareware-Distributoren, Autoren
und Archive im Internet. Wer mit den anderen Werkzeugen noch
nicht fündig geworden ist, findet hier in der regel
zumindest einen Hinweis darauf, wo eine weitere Suche lohnt.
Nun, kurz und gut: Frank hat sein Programm gefunden und ist
zufrieden. Gut, daß er bei seiner Suche rein zufällig
auch auf fertige Datensammlungen für seinen Meal-Master
gestoßen ist – die Rezepte daraus bereichern nun sein
persönliches Repertoire. Auch wenn er letztens mit dem
ur-amerikanischen “Pinapple Upside Down Cake” aus einer
der Rezeptdateeien bei seiner ur-deutschen Verwandtschaft eher
auf Verwunderung als auf Begeisterung gestoßen ist –
Frank schwört auf das Internet als unerschöpfliches
Daten-Arsenal.
Kleiner Service für Datenforscher: Tips zu Archie
Archie bietet eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die
wegen der teilweise kryptischen Bedienung nur schwer zu nutzen
sind. Hier einige Tips, die bei der Suche helfen können:
Grundsätzlicher Suchbefehl
find filename.ext
Begrenzung auf bestimmte Domains
Einige Archie-Web-Clients erlauben es, eine Suche auf eine
bestimmte Domain-Kennung zu begrenzen. So kann es zum Beispiel
empfehlenswert sein, die Suche auf FTP-Server im Domain-Bereich .de
(für Deutschland) einzuschränken.
Sortierung der Suchergebnisse
Die gefundenen Einträge lassen sich nach Datum oder nach
den Namen der FTP-Server sortieren. Bei Web- und Windows-Clients
kann dies im Suchformular eingestellt werden, bei Benutzung eines
Telnet-Clients verwendet man die Befehle set sortby hostname oder set
sortby date .
WhatIs
Wenn Sie einen Telnet-Client benutzen, lassen Sie mit dem
Befehl whatis dateiname nach der Beschreibung einer
bestimmten Datei suchen. Da es solche Beschreibungen allerdings
längst nicht zu allen Dateien gibt, ist der Wert der
Whatis-Datenbank begrenzt.
Suchen mit Wildcards
Archie unterstützt Wildcards ähnlich ?
und * unter MS-DOS. Bei der Suche mit Web- oder
Windows-Clients muß dazu allerdings oftmals in einen Modus
geschaltet werden, der “Regular Expression”
unterstützt. Hier einige Beispiele:
. Ein beliebiges Zeichen. Die Suche nach
“x.z” kann Dateien wie “xyz”,
“x5z”, “x.z”, “abcxuz” usw. als
Ergebnis haben.
.* Eine beliebig lange Kette beliebiger
Zeichen. Bei der Suche nach “x.*z” wird
Archie zum Beispiel “xyz”, “xnetz” oder
“xnet34.zip” als Treffer werten.
^ Sorgt am Anfang des Suchbegriffs dafür,
daß nur solche Einträge als Treffer gewertet werden,
die mit dem Suchbegriff beginnen. Bei einer Suche nach “^xyz”
liefert Archie also nur Dateien mit Namen wie
“xyznet.exe”, “xyz”, “xyzx.zip”
usw.
$ Sorgt am Ende eines Suchbegriffs dafür,
daß nur solche Einträge als Treffer gewertet werden,
die mit dem Suchbegriff enden. Eine Suche nach “xyz$”
kann also Ergebnisse wie “xyz”, “whoxyz” oder
“test.xyz” liefern.