PC Spiel 04/96 - Spielfeld |
Macho-Man
Wer ist cooler als Sly Stallone, härter als
Arnold Schwarzenegger und klopft mehr Sprüche als Bruce
Willis? Duke Nukem heißt der neue alte Star des
Actionfachs. Jetzt kehrt der muskelbepackte Supermacho in einem
3D-First-Person-Shooter zurück und lehrt selbst die
legendären Ahnen des Genres das Fürchten.
So frech waren die Aliens
schon lange nicht mehr. Irgendwie ist man es ja als
Computerzocker schon gewohnt, daß sich ständig alle
möglichen außerirdischen Rassen mit
Erdvernichtungsplänen tragen. Wenn man jedoch gerade seinen
Jahresurlaub in Los Angeles nimmt, und in Hollywood und Venice
nach den Babes schauen will, kommt es extrem ungelegen, wenn eine
Horde Schweinemutanten aus dem Weltall auftaucht und ihre
Nachwuchsprobleme dadurch lösen will, daß sie irdische
Frauen entführt.
Selbst der Papst und Ghandi würden wohl die rote
Haßmütze aufsetzen und versuchen, die Mädels zu
retten. Noch wesentlich impulsiver reagiert Duke Nukem. Gut, die
Sache mit den entführten Frauen wäre ja noch zu
verkraften, aber als die Aliens bei einem Abschußversuch
den ganzen Lack des Dukeschen Gleiters ruinieren, reicht es
wirklich. Mit einer Handvoll Magazinstreifen für die
Automatik macht sich der Obermacho auf den Weg, um den
Verantwortlichen kräftig in den mutierten Hinterschinken zu
treten.
BUILD!
Nachdem der Duke mit
seinen beiden ersten Abenteuern bereits zu einem Klassiker unter
den Jump'n'Run-Games geworden ist, schickt er sich diesmal an, im
3D-Genre neue Maßstäbe zu setzen. Kasus Knacksus des
neuen Titels ist die BUILD!-Engine, die bereits bei Tekwar ihren
Einsatz fand und hier technisch noch ergiebiger ausgereizt wurde.
Der große Vorteil gegenüber bisheriger 3D-Engines ist
der Detailreichtum, der sich auf diese Weise produzieren
läßt.
Zum ersten ist die Welt bei Duke Nukem wirklich völlig
dreidimensional. Es gibt Brücken, Schluchten, Wendeltreppen
und unregelmäßig geformte Höhlen. Man kann sich
an den Rand eines Berges stellen, steil nach unten auf einen See
mit einem U-Boot blicken, von der Felsklippe herunterspringen und
unter Wasser in das U-Boot tauchen.
Auch bei der Ansicht ist man nicht mehr auf den starren
First-Person-Blickwinkel beschränkt, sondern man kann sich
wie bei Fade to Black über eine Verfolgerkamera orientieren.
Lichteffekte wie Schatten, Explosionen oder gar Spiegelungen
heben den Realitätsgrad noch. Das ganze läuft schon bei
320 x 200 Bildpunkten auf einem Standard-486er absolut smooth und
ruckelfrei und läßt sich selbst in der
Mega-Auflösung von 800 x 600 Punkten auf einem Pentium 75
noch prima spielen.
World of Wonders
Neben den unzähligen
spielerischen Elementen, die sich mit einer solchen Wunderengine
realisieren lassen (Überwachungskameras zur strategischen
Planung, geducktes Anschleichen an gegnerische Stellungen und das
Ausspähen von Feinden über Badezimmerspiegel), wurde
besonders viel Wert auf Einzelheiten gelegt. Die haben
zunächst gar nichts mit dem Spielablauf zu tun, machen die
3D-Welt aber realistischer.
So läßt sich zum Beispiel ziemlich alles
kaputtmachen, angefangen vom Cocktailglas in der Bar bis hin zur
Porzellankloschüssel, auf der eben noch ein Alien thronte.
Mit der richtigen Waffe reißt man ganze Wände ein,
L.A.-typische Erdbeben verändern das Areal laufend, und wenn
dem Duke mal ein Hochhaus im Weg steht, kann er das auch noch in
die Luft jagen (Gruß an Bruce!).
Langweilig ist diese 3D-Welt bestimmt nicht! An allen Ecken
und Enden stößt man selbst nach dem dritten
Durchspielen noch auf Einzelheiten, die man vorher nicht gesehen
hat. Hat man beispielsweise ein Alien erlegt und tritt danach auf
die Leiche, zieht der Duke eine Weile lang blutige
Fußspuren hinter sich her, aus der Waffe fliegen die
Patronenhülsen, und jeder Schuß hinterläßt
ein Einschußloch. Und von der Möglichkeit, mit der
General-Electric-Assault-Minican-non ein persönliches
Monogram in die Mauern des Walk of Fame in Hollywood zu ballern,
davon träumt bestimmt sogar Arnold!
Man könnte seitenlang über die Feinheiten schreiben,
ohne jemals ein Ende zu finden. Im dritten Level stößt
der Duke etwa auf ein paar Aliens, die Poolbillard spielen.
Nachdem man die Feinde dezimiert hat, kann man auf den
Billardtisch springen und die Kugeln mit ein paar wohlgezielten
Salven einlochen. Die Physik der Kugeln wird dabei
wirklichkeitsgetreu simuliert, nicht etwa eine vorgefertigte
Animation abgespielt.
Bei soviel Detailreichtum kann man auf die Feinde eigentlich
schon wieder verzichten. Erfreulich ist in dieser Beziehung
übrigens der Intelligenzquotient der Gegner. Bei Duke Nukem
hat man es nicht einfach nur mit riesigen Monsterhorden zu tun,
die direkt auf den Spieler zustürmen, sondern vorsichtige,
äußerst trickreiche Angreifer stehen auf der anderen
Seite. Es gibt zum Beispiel Echsenwesen, die sich unsichtbar
machen, wenn sie angeschossen werden, und so lange in Deckung
bleiben, bis man ihnen den Rücken zudreht. Ein bereits
angeschossener Gegner wird doppelt vorsichtig und ist oftmals nur
durch einen Frontalangriff oder vorsichtiges Anpirschen zu
erwischen.
Duke Rulez!
Bei all der Begeisterung darf man nicht vergessen, daß
Duke Nukem ein überaus gewalttätiges Spiel bleibt: Das
Händereiben der BPjS-Prüfer kann man schon bis Eschwege
im abgelegenen hessischen Hinterland hören. Zwar wurde eine
Kindersicherung eingebaut, mit der sich der Blut- und
Gedärmemodus per Paßwort verriegeln läßt,
aber von Haus aus sind all die ekligen Features eingeschaltet.
Eigentlich hätte das Game so einen Extra-Thrill gar nicht
nötig, denn den Schwerpunkt des Gameplays machen hier die
Jump'n'Run- und Schalterrätsel aus.
Um die reine Ballerei geht es erst im Multiplayer-Modus, in
dem sich bis zu fünf Spieler die Schlacht ihres Lebens
liefern können. Zum Testen stand uns die auf sechs Level
beschränkte Sharewareversion zur Verfügung, die man
sich unbedingt angesehen haben sollte, solange der Vertrieb nicht
eingeschränkt wird. Die Vollversion, die in Deutschland
erstmals auf der CeBIT vorgestellt wird, soll weitere zwölf
Levels, neue Gegner, Waffen und einen Leveleditor enthalten.
tom
Systemvoraussetzungen: 486/33, 4 MB RAM, VGA,
ca. 10 MB auf Festplatte
+ unglaublicher Detailreichtum
+ abwechslungsreiche Levels
+ perfekte 3D-Engine
– sehr brutal
Hersteller: 3D Realms/Apogee, Preis: ca. 80 DM
(Review)
Okay: Die Gegner und Rätsel bei Duke Nukem sind fair und
mit ein wenig Probieren in jedem Fall zu knacken. Etwas heftig
wird es beim Endgegner der Shareversion. Dieser Bursche ist
nahezu unbesiegbar und verkraftet 20 direkte Treffer aus der
panzerbrechenden RPG ohne Schwierigkeiten. Wer trotzdem in den
Genuß des Abspanns kommen möchte, kann ja mal
während des Spiels DNKROZ oder DNSTUFF eingeben.
(Review)
Als die Firma id, Schöpfer des legendären Commander
Keen und des bisherigen Überfliegers im 3D-Ballergenre,
seinerzeit den Vertrieb der eigenen Produkte selbst in die
Hände nahm, schien es so, als sollten sie den ehemaligen
Partner Apogee auf dem Feld der Shoot'-em-Ups auf ewig in den
Schatten stellen. Während aber alle Welt immer noch gespannt
auf ids neues Spiel Quake wartet, legt Apogee mit Duke Nukem 3D
mächtig vor. Ein First-Person-Balleradventure wie dieses hat
die Welt noch nicht gesehen! Selbst wenn man blutrünstige
Spiele total ablehnt: Man muß einfach gesehen haben, welche
Freiheitsgrade in Hinsicht auf Bewegung und Aktion dieses
phantastische Spiel bietet. Von dieser Sorte gibt's hoffentlich
bald mehr mit weniger Blut.
Stefan
(Review)