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09/96 - Report



Neuer Stern am Spielehimmel

Ein wirklich glückliches Händchen scheint Virgin zu haben, wenn es um Verträge mit neuen Spielelabels geht. Gerade jetzt hat sich die Mega-Company ein vielversprechendes neues Label einverleibt. Wir haben es vor Ort unter die Lupe genommen.

Guildford ist ein kleines Nest südwestlich von London, und normalerweise würde es auch niemanden interessieren. Aber dieses kleine Städtchen, daß eigentlich niemand kennt, hat für die Spieleszene eine besondere Bedeutung. Der Spielehit-Produzent Bullfrog (Syndicate, Magic Carpet) hatte dort schon vor Jahren seine Zelte aufgeschlagen.

Jetzt hat sich dort auch ein Neuling in der Branche breitgemacht. Der schickt sich an, neue Ideen in die PC-Spielewelt zu bringen. Criterion Studios heißt der Haufen von Freaks, der zur Zeit an vier Projekten arbeitet.

In der Firma selbst scheint niemand genau zu wissen, wie viele unter dem Label arbeiten. Einige sagen um die 30 Leute, andere behaupten, es seien 50. Aber letztendlich mag das auch egal sein. Die Konstellation, unter der diese kreativen Köpfe arbeiten dürfen, ist für freies Arbeiten geradezu genial. Als große Glucke hat nämlich der japanische Megakonzern Canon seine schützenden Hände über den Laden gelegt. Für Marketing und Vertrieb der Produkte springt Virgin in die Bresche. Sarah Bincliffe, Pressesprecherin von Criterion Studios, bringt es auf den Punkt: "Wir brauchen uns nur um die Spiele kümmern und sonst um nichts."

Das erste Projekt, Scorched Planet, soll bereits in den nächsten Wochen fertig werden. Doch das dürfte eher unter dem Titel Massenware laufen. Abgesehen vom ultraschnellen Scrolling ist das Gameplay nicht gerade innovativ. Mit Hilfe eines vom Flugzeug zum Panzer transformierbaren Fahrzeuges müssen diverse Missionen erfüllt werden. Außer einem gehörigen Actionteil sollen auch strategische Elemente hinzukommen. Doch das Pilotprojekt der Firma scheint eher ein durchschnittliches Programm zu werden.

Aber aller Anfang ist schwer, deshalb kann man über das Debüt wohlwollend hinwegsehen. Zumal im Spätherbst der erste echte Knaller herauskommen soll: Sub-Culture. Mit diesem Game wird der Spieler in eine phantastische Unterwasserwelt entführt. Ähnlich wie in der TV-Serie Sea-Quest lebt die Menschheit in Unterwasserstädten. Dabei haben sich zwei Kulturen herauskristallisiert, die sich nicht gerade grün sind. Auf der einen Seite stehen die Technikbegeisterten, die um jeden Preis Fortschritt wollen. Die andere Seite wird von einem Hippie-Stamm vertreten, der esotherisch korrekt mit der Natur im Einklang leben will. Der Spieler steht nun mit seinem U-Boot als Neutraler irgendwo dazwischen. Ähnlich dem Klassikerspiel Elite muß er nun Aufträge erfüllen. Dabei ist aber viel Fingerspitzengefühl in Sachen Diplomatie gefragt. Doch das ist nicht der eigentliche Clou an dem Game. Dieser ist eindeutig in der U-Boot-Simulation angesiedelt. Das futuristische Fahrzeug ist nämlich mit allerlei nützlichen Tools ausgestattet. Allein die Grafik macht dieses Spiel zu einem Kult-Kandidaten. Wahnsinnige und nie gesehene Lichteffekte sowie eine wirklich gute Künstliche Intelligenz der Unterwasserlebewesen lassen den Spieler ins Meer abtauchen und ihn vergessen, daß es nur ein PC-Monitor ist. Die Aufträge, die der Spieler von beiden Kulturen bekommt, sind sehr abwechslungsreich. Und je nachdem, welche Aufträge wie erledigt werden, geht das Spiel zu Ende. Dadurch wird es immer wieder spielbar. Hier könnte ein Klassiker entstehen, dem zahlreiche Missions-CDs folgen sollen.

Das dritte Spiel im Bunde hört auf den Arbeitstitel Aqua'Tak. Ein Rennspiel mit Powerboats. Irgendwann in der Zukunft gibt es nur noch wenige Reiche, aber dafür immer mehr Arme. Die Reichen veranstalten zum Vergnügen Bootsrennen auf Leben und Tod. Die Fahrer werden aus dem Fundus der Armen rekrutiert. Dem Sieger winkt als Belohnung die Aufnahme in den exklusiven Club der Reichen.

Zwar ist die Spielidee nicht besonders neu und aufregend, aber die Engine verspricht einiges. Das Win-95-Programm kommt in einer Auflösung von 640 x 480 daher. Da dies die einzige Auflösung ist, wurden alle Texturen und Objekte für eben dieses Format optimiert. Dementsprechend realistisch ist das Bild, das sich dem Spieler bietet: ob nun die Wellen, die auf den Strand rauschen, oder die gegnerischen Boote oder der Leuchtturm auf der Felsinsel. Fast alles vermittelt realistische Bilder in realen Farben. Das Scrolling ist dazu butterweich. Bis aber eine fertige Version nach Deutschland kommt, dürfte aber noch ein halbes Jahr vergehen.

Als viertes Projekt planen die Jungs und Mädels von Criterion Studios ein Motorrad-Rennspiel in der Akira-Manga-Tradition. Erste Modellentwürfe sprechen auch deutlich dafür. Auf futuristischen Bikes muß sich der Spieler im Fahren durch die Großstadt mit anderen Gangs messen. Reviere müssen verteidigt werden, und die Polizei ist 'eh der Feind, vor dem man flüchten muß. Allzuviel war davon allerdings noch nicht zu sehen. Man versprach uns aber eine ähnliche Grafik, wie bei Sub-Culture und Aqua'Tak. Und da gab es nun wirklich nur eine Meinung: Superklasse!

Unterm Strich zeigte der Besuch in Guildford, daß dort Innovationen im Werden sind, die den gestandenen Spieleproduzenten schwer zu denken geben werden. Das kreative Potential der Criterion-Leute erinnert stark an die ersten Schritte von Westwood Studios, die mit Lands of Lore und Command & Conquer mittlerweile einen festen Platz in der Branche haben.

Marcus Höfer


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Letzte Änderung am 08 Aug 1996.
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