Aufgrund des stark gestiegenen Verkehrs im Raum Frankfurt bestellte die damalige Königliche Eisenbahn Direktion Frankfurt(M) eine 1’Cn2-Tenderlokomotive mit der Gattungsbezeichnung T 11. Die Königsberger Union-Giesserei lieferte 1902 die erste T 11 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ab. Die Loks kamen aber schliesslich nicht nur im Frankfurter Raum zum Einsatz, sondern auch auf der Berliner Stadtbahn. 1903 fanden im Auftrag der Berliner Stadtbahn Vergleichsfahrten mit einer T 11 und einer T 12 statt. Dabei schnitt die T 12 im Verbrauch und auch bei der Laufeigenschaften besser ab, so dass die Produktion der T 11 stark reduziert wurde. Nachdem insgesamt 471 Lokomotiven dieser Gattung gebaut worden waren, stellte man den Bau dieser Baureihe ein. Die neugegründete DRG übernahm 358 Lokomotiven und ordnete sie als 74 001 bis 358 in den Bestand ein. Die als T 12 bezeichneten 1’Ch2-Tenderlokomotiven wurden ebenfalls von der Union-Giesserei entwickelt, im Auftrag der Preußischen Staatsbahn für die Berliner Stadtbahn. Erkennbarer Unterschied zur T 11 war die grössere Rauchkammer. Nach den Vergleichsfahrten mit der T 11 verbesserte Borsig die Maschine und baute 68 Loks für die Berliner Stadtbahn. Bei erneuten Versuchsfahrten 1905 ergab sich gegenüber der T 11 eine erhebliche Energieeinsparung der T 12 um bis zu 40 Prozent. Nach weiteren Verbesserungen wurde im Jahre 1911 der Bau der T 11 eingestellt; bis 1921 wurden 974 Loks der Gattung T 12 gebaut. Vorwiegendes Einsatzgebiet der Loks war zusammen mit den T 11 die Berliner S-Bahn. Die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft übernahm 900 der T 12er und ordnete sie ebenfalls als BR 74 (74 401 bis 1300) in den Bestand ein. Die Elektrifizierung der Berliner S-Bahn verdrängte die T 11 und T 12 aus ihrem angestammten Arbeitsgebiet. Da sich für sie kein geeignetes Betätigungsfeld fand, wanderten sie vorwiegend in den Rangierdienst ab. Erst nach dem Krieg gab es wieder „richtige“ Arbeit. Bis zur Wiederinbetriebnahme des elektrischen Verkehrs auf der Hamburger S-Bahn bespannten die 74er die S-Bahnzüge der Hansestadt. Die nach dem Krieg bei der DB verbliebenen 65 Loks kamen nach ihrem Gastspiel bei der Hamburger S-Bahn noch eine kurze Zeit in Niedersachsen und Schleswig- Holstein zum Einsatz, bis sie 1950 ausgemustert wurden. Bei der DR dagegen wurden die Maschinen noch bis 1958 benötigt. Haupteinsatzgebiet der schätzungsweise 55 verbliebenen Loks war Thüringen. Die T 12 hielten sich bei der DB und DR gleichermassen bis 1968. Die 74 1230 kam zum Verkehrsmuseum Dresden und ist erhalten geblieben.