JAKTAR - der ELFENSTEIN Ich befinde mich in einer Zwickmühle: Ich soll Jaktar testen. Das Spiel wird vom APC&TCP Club verkauft. Soll ich nun einfach eine Lobeshymne über das Game schreiben - und mich damit bei Andreas einschleimen - oder soll ich meine ehrliche Meinung kundtun? Nach längerem Überlegen habe ich mich entschieden: Ich werde meine ehrliche Meinung niederschreiben. Ich schreibe, was ICH von dem Spiel halte, so wie ich es bei anderen Spielen auch tue. Ein wahrer Mann muß zu seiner Überzuegung stehen, auch wenn er sich dadurch vielleicht unbeliebt macht. Verglichen mit dem PC schaut es am Amiga in den letzten Jahren mit Neuerscheinungen von guten Games sehr triste aus. Dies gilt auch für den Rollenspiel-Sektor. Nachdem Ambermoon 1993 erschienen ist, kam kein einziges wirklich gutes RPG mehr auf den Markt. Die einzige Ausnahme war vielleicht Dungeon Master II (AGA only) von FTL, das im Winter ´95 erschien. Die wenigen anderen RPGs nach Ambermoon waren alle nur von schwacher bis durchschnittlicher Qualität (Ishar III, Crystal Dragon, Robinsons Requiem,...). Umso neugieriger war ich (und wohl noch einige andere) auf das Erscheinen von Jaktar. Das Spiel stammt aus Deutschland von der scheinbar nur drei Mann starken Programmierertruppe GOD (Game Objekt Design). Vertrieben wird es vom APC&TCP Computerclub. Nachdem ich das Game erhalten habe, schaue ich mir ersteinmal die Packung genauer an. In dem relativ kleinen Karton sind fünf Disks hineingequetscht, weiters das 60 Seiten starke Handbuch, ein Installationshinweis und ein Werbeprospekt vom APCusw Club. Vom Covermotiv der Packung kann man natürlich geteilter Meinung sein, aber ich finde es nicht sonderlich gut. Es zeigt die Skyline einer (modernen?) Stadt, über der ein Kristall (der Elfenstein?) schwebt. Abgesehen davon, daß man mehrmals hinsehen muß, um das Motiv zu erkennen - was hat eine modernen Stadt mit einem Fantasy RPG zu tun? Ein Fantasy-Motiv (mit einem fiesen Ork oder einem tapferen Paladin zum Bleistift) hätte viel besser auf den Inhalt der Box eingestimmt. Auf der Rückseite mit drei Screenshots und einem kurzen Text in deutsch sowie englisch erfährt man dann schon etwas mehr über den eigentlichen Inhalt der Packung: Jaktar ist ein reinrassiges Fantasy-Rollenspiel, mit Dungeons, Zauberern und vielen Monstern. So, wie man es eben gewohnt ist. Die Hardware-Anforderungen liegen höher als bei den meisten Amiga-Spielen. Jaktar läuft zwar (angeblich!!) schon unter Kick 1.3, aber es braucht unbedingt eine Festplatte und mindestens 1,5 MB Speicher. Als nächstes schaue ich mir die Rückseite der Installationsanleitung genauer an. Und was sehe ich da? Mein Spiel ist die Version 1.0. Klar, ist ja gerade erschienen. Da steht aber nun auf dem Zettel, daß das Spiel in den nächsten Monaten immer weiter verbessert wird. Nichts gegen ein paar Bugfixes, aber auf dem Zettel steht was von neuen zusätzlichen Features, die das Spiel noch umfangreicher und anspruchsvoller machen sollen. Was soll das? Soll ich das Spiel jetzt durchspielen, und mir dann die massiv verbesserte und überarbeitete Version nocheinmal reinziehen??? Da warte ich doch gleich mit dem Spielen - ich will ja nicht die nächsten Monate andauernd nur Jaktar spielen, nur weil ein paar Dinge verbessert wurden! Natürlich ist es im Software-Business immer so, daß die ersten Käufer immer die (unfreiwilligen) Tester des Programmes sind, spätere Käufer erhalten meist zum gleichen Preis oder gar billiger eine etwas fehlerfreiere und verbesserte Version. Aber gleich eine derart umfangreiche Überarbeitung (Jaktar Update Disk) anzukündigen? Da warte ich doch gleich auf das Update! und dann auf das nächste - es sind nämlich mehrere Update Disks angekündigt! Wenigstens sollen sie gratis sein. Man wird sehen ob sie je erscheinen und wieviele es sein werden. Angekündigt ist im Computer-Business ja schon sehr oft etwas geworden... Nun zum Handbuch: Stabil gebunden. Gut lesbar und übersichtlich gegliedert. Vollkommen in deutsch. S/W. Beinhaltet eine kurze Hintergrundstory sowie eine Erklärung des Spieles. Knapp, aber übersichtlich. Nur warum das Inhaltsverzeichnis auf der letzten Seite steht, ist mir nicht ganz klar. Insgesamt hat es mich irgenswie an das (edlere) Handbuch zu Ultima VI erinnert. Zaubersprüche gibt es im Spiel nur 16. Nicht sonderlich viele. Aber wer hat schon alle der fast 100 Zaubersprüche aus Bards Tale je verwendet? Aber nur 16? Als nächstes mache ich mich also an die Installation des Programmes. Zuerst installiere ich es auf meinen A 1200. Das Installationsprogramm will standardmäßig auf die Partition hd1: installieren. Wenigstens ist das Ändern auf hd0: kein Problem, wenn man nur so habwegs weiß, was man tut. Nun beginnt das Kopieren und Entpacken der Daten auf die Festplatte. Dauert ein paar Minuten, funktioniert aber problemlos. Jaktar befindet sich nun auf meiner HD. Durch Doppelklick wird Jaktar gestartet. Nach den Credits gelangt man in ein Einleitungs-Menü. Man hat die Wahl zwischen Einleitung, Altes Spiel laden, Neues Spiel starten und in das Amiga DOS auszusteigen. Natürlich wähle ich ersteinmal die Einleitung. Aufwendig, aber nur in durchschnittlicher grafischer Qualität, wird eine kurze Vorgeschichte erzählt. Nicht schlecht. Als nächstes wähle ich "Neues Spiel beginnen". Das war´s dann auch schon. Das Programm steigt mit der CLI-Meldung "Must be in a command file" aus. Verdutzt schaue ich auf den Workbensch Screen. Ohne viel nachzudenken installiere ich das Spiel als nächstes auf meinem alten Amiga 500. Angeblich soll es ja unter 1.3 auch laufen. Die Installation klappt problemlos. Ich will das Spiel starten, aber es beendet sich diesmal noch schneller selber. Diesmal, weil die Stapelverarbeitungsdatei für den Spielstart nicht mit den IF-Anweisungen zurecht gekommen ist. Eh´ klar, der Amiga DOS Befehl IF hat auf der Workbench 1.3 noch eine völlig andere Syntax als unter 2.0 oder höher. Diese Datei kann unter 1.3 NIE funktionieren. Nun gut, also schaue ich mir gezwungenermaßen die Batch-Datei für den Spielstart genauer an. Ziemlich brutal entferne ich alle if, when usw. Befehle, sodaß nur mehr die eigentlichen Hauptprogramme (Intro, Charaktergenerierung, Spiel, Extro1+2) dastehen. Das sollte eigentlich laufen, nur das man so immer beide Extros sehen wird. Da diese Extros aber wie ein kleines, ausführbares Programm aussehen, starte ich eines der beiden einfach direkt, noch aus Directory Opus heraus. Und was passiert? Es läuft. Ich sehe die Schlußsequenz, noch bevor ich überhaupt mit dem Spiel anfangen konnte. Super. Wenigstens läßt sich - mit der radikal verkleinerten Start-Datei "Der Elfenstein" - nun das Spiel starten. Ich wähle also "Neues Spiel" und beginne, meine erste Figur zu erstellen. Ich will der Figur einen Namen geben, aber es geht nicht. Man kann einfach keinen Namen eingeben. Das Spiel läuft auch so, allerdings hat nun keine der Figuren einen Namen. Genervt schaue ich, ob der Fehler am Amiga 1200 auch auftritt. Auch dort entmiste ich die Batch-Datei recht brutal. Und - das Spiel startet scheinbar ohne Fehler. Abgesehen vom doppeltem Extro. Aber so weit bin ich lange nicht, also was soll´s. Ich erschaffe nun einen häßlichen Zwerg (Namenseingabe klappt am 1200er ohne Probleme) und beginne das Spiel. Zu Beginn stehe ich vor dem König der Elfen, der mich gleich mit "die mächtigsten Krieger und Magier des Reiches" anspricht. Ob er damit meinen häßlichen Zwerg gemeint hat? Jedenfalls gibt der Elfe uns (Pluralis Majestätis?) den Auftrag, die fünf Splitter des Elfensteines zu suchen. Und schon beginnt das eigentliche Spiel. Wie soll jemand, der nicht viel Ahnung vom AmigaDOS hat, aber je soweit kommen? Das Spiel läßt sich weder auf meinem Standard Amiga 500 (Kick + WB 1.3, 2,5MB Speicher, HD) noch auf meinem Standard Amiga 1200 (Kick + WB 3.0, 4MB, HD) ohne Modifikation der Datei "Der Elfenstein" starten. Läuft es vielleicht nur unter 3.1 ohne Probleme? Was soll das? Wurde das Spiel nie getestet? Oder bin ich nur so dämlich und habe irgendetwas idiotensicheres falsch gemacht? Warum kann ich unter Kick 1.3 nicht einmal einen Namen eingeben? Da ist schon genug zu tun für die erste Update-Disk. Und dabei habe ich mit dem eigentlichen Spiel ja noch gar nicht begonnen... Ich stelle mir also ernsthaft eine Party aus sechs Figuren zusammen. Zur Auswahl stehen acht Berufe und sieben Rassen. Danach mache ich mich auf, die Welt wiedereinmal zu retten. Bald kommt es zum ersten Kampf. Dieser ist kinderleicht zu gewinnen. Obwohl meine Party keinerlei gute Waffen oder Erfahrung hat und ich dem Gegner nur auf die Füße geschlagen habe. Vielleicht war er ja Bluter? Er hätte sich doch einen Beinschutz zulegen sollen! Jetzt ist er tot. Sein Pech. Die Kämpfe laufen ähnlich ab wie bei Bards Tale. Man kämpft rundenweise, jede Figur kann zuschlagen, mit einer Fernwaffe (Bogen) angreifen, zaubern oder abhauen. Wenn man zuschlägt, muß man sich noch die Körperregion aussuchen, auf die man schlägt (Kopf, Fuß, Hand, Rumpf). Wo ist eigentlich der rechte Fuß bei einem Wurm??? Tut man es nicht, schlagt man scheinbar irgendwo hin. Das es keine Entfernung im Kampf gibt und der Gegner immer vor einem steht, ist ja nicht so schlimm. Aber warum kommen die Gegner immer einzeln??? Die Bewegung der Party über Land erfolgt aus der Vogelperspektive, wie bei Ultima IV/V. Die Grafik ist bei Jaktar aber etwas farbenprächtiger. Dafür kann man nicht viel tun. Keine Möglichkeit, sich umzusehen oder etwas zu untersuchen. Wenn man auf ein wichtiges Feld kommt, so erscheint automatisch Text + Bild + Handlungsmöglichkeiten. Ich komme unabsichtlich vom Weg ab und stehe am Waldrand. Da erscheint eine eigene Grafik mit einem Text, der mir sagt, daß ich rote Augen im Wald sehe und ein seltsames Knacken höre. Das Bild ist nicht schlecht. Das sorgt für Atmosphäre! Dachte ich mir zumindest, bis ich draufkam, daß das selbe Bild und der gleiche Text jedesmal erscheint, sobald man ein Feld vom Weg abkommt und sich dem Wald nähert... Nun wollte ich noch schnell den "orchestralen Soundtrack" (Zitat Packungsrückseite) abschalten. Ist ja doch nur ein Gedudel (Die Musik ändert sich in verschiedenen Landschaften/Dungeons). Klappte auch ohne Probleme. Aber als ich dann noch die F/X abschaltete, verabschiedete sich Jaktar in den Tiefen meines Amigas mit einem Guru. Ist vielleicht eh´besser... Ich habe später versucht, den Fehler zu reproduziern, gelang mir aber nicht. In den (wenigen) Städten und Dungeons wird die Grafik in 3D gezeigt. Es wird stufenweise von Feld zu Feld umgeschaltet. Die Grafik wirkt laienhaft, aber es gibt Schlimmeres. Von 8 Uhr abends bis 6 Uhr früh ist Nachtruhe. Bewegung der Party ist in dieser Zeit nicht möglich. Fast das einzige, was man tun kann, ist schlafen. Und warten, daß die Zeit vergeht. Ich würde aber gerne einen Nachtmarsch einlegen. Warum darf ich das nicht? Dem Spiel liegt keine Landkarte bei. Das bedeutet, daß man am Anfang keine Ahnung hat, wo man hingehen kann/soll. Man muß also wohl oder übel erst einmal das ganze Land erforschen. Super. Sonderlich viel ist nicht los. Automap gibt es offensichtlich, aber dazu benötigt man erstmal eine magische Karte. Für die Dungeons kann man auch extra Karten finden/erwerben. Nachdem meine Party nun eine Pyramide erforscht hat und alle Gegner umgebracht hat (obwohl es lauter Anfänger sind!), gebe ich vorläufig auf. Außerdem finde ich eh´ nicht mehr heraus. Meiner Meinung nach kommt Jaktar - der Elfenstein bei weitem nicht an die Amiga Rollenspiel-Highlights (Eye of the Beholder, Dungeon Master, Bards Tale, Amberstar+moon, Ultima usw.) heran. Bevor ich nun Jaktar noch länger weiterspiele, besaufe ich mich lieber sinnlos. Das entspricht meiner derzeitigen Stimmung eher. Fazit: Grafik und Benutzerführung sind nur knapp über PD-Niveau. Die Story erscheint doch recht umfangreich. 10 MB für das Programm sind doch nicht wenig. Wer schon alle anderen guten Rollenspiele durchgespielt hat oder unbedingt ein neues Spiel spielen will, kann sich Jaktar ja einmal anschauen. Vielleicht sollte der potentielle Spieler zuerst ein paar Stunden Space 1889 spielen. Dann wird er Jaktar lieben. Name: Jaktar Genre: Rollenspiel Disks: 5 Sprache: vollkommen in deutsch benötigt: 1,5MB Speicher, Festplatte, Kick 1.3? empfohlen: eine Kiste Bier (macht mehr Spaß) Wolfgang Unger