Test SimCity 2000 (AGA) ----------------------- Systemanforderungen: - 4 MB RAM - 5 MB Festplatte - Kick 3.x, AGA Lieferumfang: - 3 Disketten - 140-seitiges Handbuch - AMIGA-Addendum (4 Seiten) Mit SimCity 2000 beginnt wahrhaftig ein neues Jahrtausend der Spielequa lität! Wo die Ur-Fassung der Städtesimulation schon begeistern konnte, schlägt der Nachfolger dem Faß den Boden aus. Das Spielprinzip ist zwar gleich geblieben - der Spieler kümmert sich um Landaufteilung und Infra struktur, den Rest erledigen die elektronischen Bewohner selbst -, hat allerdings gewaltig an Komplexität und Funktionsumfang zugenommen - von der grafischen Aufmachung ganz zu schweigen! Obwohl es sich um eine Umsetzung handelt, präsentiert sich das Spiel erfrischend systemkonform. Das beginnt mit der Installation per Commo-In staller, setzt sich mit der Screen-Auswahl fort und endet auf einer Ober fläche aus Systemmenüs und -fenstern, Multitasking und ziehbarer Screen eingeschlossen. Zur Auswahl stehen PAL- und NTSC-Bildschirme in HiRes-In terlace-Größe, auch als flimmerfreie Doubleversion. Selbstverständlich nutzt SimCity 2000 die gesamte 256-Farbenpracht von AGA aus, was das liebe Chipset nicht selten arg ins Schwitzen bringt. Daher läuft es selbst auf 040ern etwas zäh, was den Bildaufbau und die Reaktion bei Gadgetklicks be trifft. Zwar beansprucht SimCity schon 4 MB, scheint aber ansonsten keine großen Ambitionen zu haben, ein höheres Speichervorkommen auszunutzen, da es rela tiv häufig auf die Platte zugreift. Selbst der "Klick"-Ton für Gadgetklicks bleibt bei 12 MB RAM nicht ständig im Chip, sondern wird ab und zu nachge laden, was bei durchschnittlichen Festplatten einen etwas peinlichen "Ge witter"-Effekt bewirkt: der Sound kommt immer etwas später. Am besten stellt man die SFX ab... Die Oberfläche besteht mindestens aus drei Fenstern: dem Hauptfenster, einer Aktionsleiste und einer kleinen Infoleiste. Im Vergleich zu SimCity Classic hat sich die Landschaft schwer gemausert. Sie erscheint in der aus Populous bekannten isometrischen Schrägansicht im Berg-und-Tal-Look mit Ebenen, zufälligen Gebirgsformationen, Flüssen, Bächen und Seen. Die drei altbekannten Gebietsarten Wohnraum, Handel und Industrie können nun als einzelne "Kacheln" verteilt werden und sind nicht mehr auf 3x3-Einheiten beschränkt, außerdem läßt der Computer die Wahl zwischen niedriger und hoh er Bebauungsdichte. Für eine Nutzung der ausgeschriebenen Flächen sind Strom- und Straßenanschluß Voraussetzung. Als Energielieferanten stehen nicht nur Kohle- und Kernkraftwerke zur Verfügung, sondern auch Gas-, Öl-, Solar-, Wasser-, Wind-, Mikrowellen- und Fusionskraftwerke, jedes mit sein en Vor- und Nachteilen (Umweltverschmutzung, Kosten, Effizienz, Unfallrisi ko). Soll sich die Stadt weiter entwickeln, muß auch an die Wasserversor gung gedacht werden. Zu diesem Zweck stehen Pumpen, Wassertürme, Rohre, Kläranlagen und Entsalzungsanlagen (für meeresnahe Städte) bereit. Die Ver legung der Wasserleitungen findet natürlich in einem speziellen Ansichtsmo dus für unterirdische Objekte statt. Ein Verkehrschaos gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Zur Ent lastung des Straßennetzes eignen sich Autobahnen, S- und U-Bahnen und ein Bussystem, wobei der U-Bahnbau etwas Übung erfordert, da die unterirdische Darstellung leicht verwirrt und hin und wieder Wasserleitungen den Bau etwas behindern. Als Bürgermeister ist der Spieler auch für Errichtung und Bezahlung der öffentlichen Dienste wie Polizeiwachen, Feuerwehr, Gefängnisse, Schulen, Universitäten, Museen, Büchereien (der Bildungsstand der Bevölkerung beein flußt die industrielle Entwicklung und den Sicherheitsstatus der Stadt) verantwortlich. Wurden in SimCity Classic Krankenhäuser noch massenhaft (vorzugsweise auf unattraktiven Wohnparzellen?) automatisch gebaut, so ge hört die ärztliche Versorgung nun zu den Aufgaben der Stadtverwaltung. Kir chen entstehen leider immer noch nach Lust und Laune des Programms. Zur allgemeinen Erheiterung der Bürger sollten kleine und große Parks, Zoos, Yachthäfen und Sportstadien gebaut werden. Die Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Entwicklung der persönlichen Stadt sind damit noch nicht ausgeschöpft. Über die Stadtverordnungen lassen sich weitere Geldquellen (Zusatzsteuern, Strafzettel, Glücksspiel) anzap fen, oder aber meist kostspielige Verbesserungen einstellen, die bei spielsweise den Gesundheitszustand der Einwohner oder die Attraktivität der Stadt betreffen. Und wer sich mit seinen Einkäufen doch verkalkuliert hat, kann Anleihen aufnehmen. Aber Vorsicht, die Zinsen fressen einen Großteil der Einnahmen. Wer sich schon am Anfang verschuldet, hat kaum eine Möglich keit, der Schuldenspirale zu entkommen und wird bald scheitern. Wie wichtig ein finanzielles Polster ist, zeigt sich alle 50 Jahre: länger sind Kraft werke nämlich nicht aktiv. Um die Arbeit zu erleichtern läßt sich die Ansicht in drei Stufen zoomen und jeweils im 90°-Winkel drehen. Um bestimmte Industriezweige zu fördern bzw. zu beschränken, läßt sich der Steuersatz individuell bestimmen. Wich tig ist auch die Konkurrenz: vier Nachbarstädte streiten mit um die Gunst der Bürger und Fabriken, direkte Handelsverbindungen über Straßen und indi rekte über See- und Flughäfen (auch nicht mehr auf eine vorbestimmte Größe festgelegt) sind unerläßlich für eine florierende Wirtschaft. Das Programm hält noch einige amüsante Überraschungen bereit, der Witz liegt dabei meist im Detail. So läßt sich z.B. bei einer von den Bürgern gestifteten Bronzestatue der Taubenbefall abfragen. Außerdem spielen Lamas eine große Rolle...! Bei der deutschen Version sind wirklich alle Texte auf deutsch, was lei der nicht immer selbstverständlich ist. Der Übersetzer hat sich auch noch selbst Gedanken gemacht, was sich in Anspielungen und Namen in den Zei tungsmeldungen widerspiegelt. Das Handbuch ist umfangreich, einfach und flott geschrieben und beinhaltet einige Hintergrundinformationen sowie eine "Galerie" mit Kunst (Gedichte, Zeichnungen, Fotos, Short Stories) zum Thema "Stadt". Wie realitätsnah das Programm wirklich ist, belegen ein paar Zitate aus dem Handbuch: -"Manchmal stürzt ein Flugzeug oder Hubschrauber ab. [...] Leiten Sie Ermittlungen zur Ursache des Absturzes ein, und belassen Sie es bei `men schlichem Versagen des Piloten`. Ist ein Flugzeug auf dem Flugplatz abge stürzt, feuern Sie den Flugsicherungs-Controller." -"Die Nachteile einer Militärbasis sind die mögliche Zunahme der Krimi nalität (Rowdytum beim Landurlaub und Zivilisten, die versuchen, die Mi litärs zu leimen) und weitere Verkehrsbelastung." Endwertung: Suchtgefahr! ------------------------ Grafik: 90% Sound: 60% (aber besser abschalten) Positiv: - Geniales Spiel - Systemkonform, multitaskingfähig Negativ: - Seltene Abstürze bei Zeitungsmeldungen (sonst stabil) - Zäher Aufbau wegen 256 Farben - Häufige Plattenzugriffe -------------------------------------------------------------------------- Meinung: Ein anderes Spiel, das ich auf meinem AMIGA gern gesehen hätte, ist Battle Isle 2. Aber Blue Byte hat es offenbar nicht nötig. Zuerst locken sie mit Info-Hotline und voraussichtlichem Erscheinungstermin, lassen sich ewig Zeit, legen das Projekt auf Eis, wollen auf eine Entscheidung über Commo warten und sagen dem AMIGA dann schließlich ganz Goodbye. Da lobe ich mir MAXIS: Keine Vorankündigungen, keine Versprechungen, kein gar nichts. Fast klammheimlich bzw. selbstverständlich bringen sie die AMIGA-Version raus. Und das ist keine verunglückte 1:1-Umsetzung mit eigensinniger Be nutzeroberfläche und Umsetzungsfehlern wie bei Civilization, sondern ein glänzend gelungenes Produkt, von dem sich andere Hersteller eine Scheibe abschneiden könnten. Und was die Systemanforderungen betrifft: Bisher waren wir AMIGA-User Stolz darauf, daß unsere Programme mit weitaus geringeren Ansprüchen aufwarten. Doch wenn man die Versionen miteinander vergleicht, fallen oft die Abstriche auf, die vollzogen wurden. Da investiere ich lie ber in etwas mehr Hardware (die man für mehr oder weniger vernünftiges Arbeiten ohnehin "braucht"), als einen halbherzigen Kompromiß zu erhalten, der auch noch auf dem A500 laufen muß (aber wie!). Daß ein 500er mit 1MB, 68000, ohne HD, kein Standard mehr sein kann, sollte allmählich einleuch ten. [Udo Kastilan]