Warenkunde

Klebstoff
(Schrot und Korn 5/95)

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Klebstoff

fügt zusammen,
was zusammengehört


Irgendwann stand schon jeder einmal vor der Aufgabe, zwei Dinge dauerhaft mit Klebstoff zusammenzufügen. Und damit stand auch schon jeder von uns mindestens einmal in seinem Leben vor der Qual der Wahl angesichts des unübersehbaren Plurals von "Klebstoff", der den Verbraucher aus den Regalen anspringt.

Für jedes Problem den passenden Klebstoff! Neben diversen Spezialklebern werden Leime, Kleister, Gummierer, Stifte, Alles- oder Haushaltskleber angeboten. In den letzten Jahren kommen immer mehr "lösungsmittelfreie" Produkte auf den Markt.

Erwartungen an Kleber

Die meisten Verbraucher wünschen sich einen Klebstoff, den sie am besten nur einseitig auftragen müssen und der die Teile dann schnell und dauerhaft zusammenhält.

Viele Produkte erledigen diese Aufgabe im Handumdrehen, denn sie enthalten zwischen 30 und 80 Prozent der leicht flüchtigen Lösemittel. Kaum aufgetragen, verdunsten diese sogleich und lassen den eigentlichen Klebstoff (meist Kunststoffe) zurück.

Aber damit sind wir auch gleich beim Hauptproblem des Klebens: nämlich bei eben jenen ungeheuer praktischen "Lösemitteln", "Lösungsmitteln" oder "organischen Lösemitteln".

Gesundheitsschädliche
Lösemittel

Es geht hier hauptsächlich um die leichtflüchtigen Bestandteile, die nicht nur geschnüffelte Träume, sondern auch - je nach individueller Empfindlichkeit und Vorschädigung bei häufigerem Kontakt äußerst schwerwiegende Krankheiten und Zerstörungen anrichten können.

Das reicht von anfangs vorhandener Euphorie über Schleimhautreizungen zu bohrenden Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, zu krebserzeugender Wirkung und dem Angriff auf die Entgiftungsorgane Leber und Nieren.

Wer Dauer"schnüffler" ist, kann sein ZNS (Zentrales Nervensystem) langsam auflösen.

Schnüffeln -
eine gefährliche Sucht

Die Berichte über die schnüffelnden Kinder in Brasilien haben die Gefährlichkeit dieser Stoffgruppe ins Bewußtsein vieler Verbraucher gebracht. Vor allem Eltern scheinen sensibilisiert zu sein - und das sehr zu Recht! Denn gerade Kinder gehören zum am meisten gefährdeten Personenkreis. Aufhorchen sollten hier auch alle Einrichtungen, in denen Kinder untergebracht sind und in denen sie mit Klebstoffen zu tun haben.

Ökologische Auswirkungen

Neben den negativen gesundheitlichen Auswirkungen sind die organischen Lösungsmittel auch von der ökologischen Seite her als äußerst bedenkliche Luft-, Boden- und Wasserverschmutzer zu bezeichnen.

In der Luft wirken sie z.B. als Photooxidantien, die zur Entstehung vieler toxischer Verbindungen beitragen. Als Abfall gehören sie zum Sondermüll. Werden sie als Bestandteil des Hausmülls verbrannt, so entstehen wiederum (atem-)luftverschmutzende Verbindungen.

Worauf Verbraucher
achten sollten

Wichtig bei der Einschätzung der Gesundheitsgefahr sind vor allem
  • der Anteil an organischen Lösemitteln in der Klebemasse; generell sollten so wenig wie möglich und nur so viel wie unbedingt nötig verwendet werden,
  • die eingeatmete Menge dieser organischen Lösemittel; durch gute Belüftung des Raumes wird sie minimiert,
  • die individuelle Empfindlichkeit der Person, ihre Größe, ihr Gewicht, Stabilität, Vorschädigung usw.; je weniger belastbar ein Mensch ist, desto weniger sollte er mit organischen Lösemitteln in Berührung kommen.

Woran erkennt man
organische Lösemittel?

Am leichtesten erkennt man sie an den orangefarbenen Gefahrenzeichen und entsprechenden Warnhinweisen auf der Verpackung. Gefahrenzeichen - Ein schwarzes "X" auf orangefarbenem Untergrund mit einem Xi signalisiert, daß es sich hier um ein "reizendes" Produkt handelt. Reizend speziell für die Schleimhäute der Augen und der oberen Atemwege. Selbiges "X" mit der Buchstabenkombination Xn bedeutet" mindergiftig". "Mindergiftig" klingt eigentlich gar nicht wie "gesundheitsschädlich in geringerem Ausmaß", ist es aber dennoch. Eine Flamme heißt "leicht entzündlich", also: weder Rauchen noch Wärmequellen, andere offene Flammen und Funken in die Nähe oder den Raum bringen! Je nach Menge des verwendeten Klebers und mangelhaften Belüftungsverhältnissen kann es nämlich zur Entzündung der Gase, sprich zur Explosion kommen.

Warnhinweise

Auf der Kehrseite der entsprechenden Produkte befinden sich häufig die kleingedruckten Warnhinweise:
  • Nicht in Kinderhände geben!
  • Dämpfe nicht einatmen!
  • Nur in gut gelüfteten Bereichen
  • verwenden!
Auf einigen steht sogar, daß man den Klebstoff nicht in die Augen spritzen lassen und beim Kleben Schutzhandschuhe tragen sollte.

Vor allem Schutzhandschuhe beim Kleben klingt irgendwie belustigend. Dennoch dürfte schon einigen berufsmäßigen "Klebern" das Lachen vergangen sein. Organische Lösemittel können nämlich durch die Haut in den Körper und damit in die Blutbahn und überall hin gelangen.
Nicht immer sind die Klebstoffe mit organischen Lösemitteln entsprechend gut sichtbar gekennzeichnet. Manchmal stehen die Namen dieser Chemikalien schlicht als Inhaltsstoffe auf der Packung. Einige werden unter ihrem Familiennamen als "Lösungsmittel" oder "organisches Lösungsmittel" deklariert. Andere werden mit ihrem chemischen Fachbegriff: "Aceton", "Toluol", "Ethylacetat", "Methyl-ethylketon" usw. benannt. In den "alternativen" Produkten stecken sie z.B. hinter Bezeichnungen wie "Kiefernholzöl" oder auch schon mal poetisch "Kristallöl", "Terpene" "Kolophonium" und "ätherische Öle" gehören ebenfalls zur Familie. Keine falsche Hoffnung! Auch wenn sie in vielen Fällen weniger gefährlich sind als die synthetischen Lösemittel, reizend können auch sie sein. Einige dieser natürlichen Lösemittel verursachen ebenfalls Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und gehen an Leber und Nieren. Falls keine Inhaltsstoffe angegeben wurden, lassen sich die organischen Lösemittel auch ausgezeichnet mit der Nase identifizieren.

Belüftung

Läßt sich der lösemittelhaltige Klebstoff durch kein ungefährlicheres Produkt ersetzen, so sollte auf eine gute Belüftung des Arbeitsraumes geachtet werden.

Vorsicht, wenn Sie sich benommen und schwindlig fühlen: Verlassen Sie unverzüglich den Raum! Der Übergang zur Bewußtlosigkeit mit allen weiteren Gesundheitsgefahren kann schlagartig erfolgen.
R. Ewert (Ökofirm e.V., Berlin)


Einkaufstips

  • Kaufen Sie vor allem für Kinder Klebstoffe auf Stärke- oder Gummi- und Wasserbasis. Das sind Kleister, Leime, Gummierer, die nicht oder nur wenig stinken und die in Nachfüll-flaschen angeboten werden. Übrigens kleben die meisten Produkte auf Wasserbasis eine Menge verschiedener Materialien. Zeit und etwas Geduld spielen hier eine kleine Rolle und sind reine Gewöhnungssache.
    Der Wassergehalt der Kleber wellt allerdings Papier ganz unterschiedlich.
    Überhaupt keine Wellen verursachen i.d.R. die Klebestifte auf Wasserbasis. Die meisten sind geruchsneutral. Einige enthalten Konservierer, die relativ harmlos sind. Ihre nicht nach-füllbare Verpackung stellt ökologisch ein Abfallproblem dar.
    Um sie vor dem schnellen Austrocknen zu bewahren, sollten Sie die Klebefläche immer oben dicht unter der verschlossenen Schraubkappe lassen.

  • "Lösemittelfreie" Klebstoffe enthalten oftmals geringe Lösemittelmengen von z.B. Aceton, Ethanol, Methylacetat oder Terpenen (Kiefernholzöl-Anteil?).
    Hierunter fallen nicht nur viele herkömmlichen Produkte wie z.B. UHU flinke Flasche, technicoll Universal-kleber, Dispersionskleber (auf Wasserbasis) für Fußböden und anderes, sondern auch alternative Kleber wie z.B. Volvox Naturlatex Bastelkleber usw. Dennoch sind sie besser als herkömmliche Lösemittelkleber.
    Setzen Sie im Zweifel Ihre Nase ein (in respektvollem Abstand zum Kleber und nur für einen kurzen Augenblick) und entscheiden Sie selbst.

  • Lassen sich lösemittelhaltige Kleber nicht vermeiden, so sollten vor allem Spezialklebstoffe für den dafür vorgesehenen Zweck sparsam und vorsichtig eingesetzt werden.

  • Sekundenkleber verschmelzen alles tatsächlich in Sekundenschnelle!
    Legen Sie sich auf jeden Fall vor Arbeitsbeginn eine Rasierklinge und ein Telefon in Reichweite oder gönnen Sie sich den Spaß mit den Schutzhandschuhen.



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