Schrot & Korn 6/96

Sabine und Werner kultivieren die edle Blume rein ökologisch

Im Namen der Rose und der Umwelt


Schon von alters her fasziniert die Rose mit ihren leuchtenden Farben und betörenden Düften die Menschen. Von den Freskenmalern der Antike bis hin zu den Poeten der neueren Zeit haben Künstler der "Königin der Blumen" ein kulturelles Denkmal gesetzt. Sie wurde zum religiösen Sinnbild der Jungfräulichkeit und zum Symbol der Liebe erhoben. Doch keine Rosen ohne Dornen: Kaum eine Pflanze gilt als so anfällig und aufwendig in der Aufzucht wie die Rose. Sabine und Werner Ruf aus dem hessischen Steinfurth sind dennoch das Wagnis eingegangen, die edle Blume rein ökologisch zu kultivieren. Mit Erfolg!

Lauthals schnatternd watscheln die Gänse um die Rosenbeete des Ehepaars Ruf und zupfen fleißig das Gras von den Wegen. "Wir sind eben ein echter Familienbetrieb", stellt Sabine Ruf verschmitzt fest, "da muß halt auch unsere Gans Schneeflöckchen mit ihren Kameraden mit anpacken. Aber sie machen das wirklich gut!" Die Gänse fühlen sich sichtlich wohl auf der Stellfläche des Gärtnereibetriebes Michel & Ruf vor den Toren des hessischen Rosendorfes Steinfurth. Ein Teich und die unbefestigten Wege bieten ihnen ausreichend Freiraum. "Im Gegensatz zum konventionellen Anbau verzichten wir auf das großflächige Versiegeln von Boden", erklärt die gelernte Gärtnerin, die sich gemeinsam mit ihrem Mann vor rund vier Jahren für die ökologische Wirtschaftsweise entschieden hat.

Damals hatte sich der Kalifornische Thrips in den Gewächshäusern eingenistet. "In unserer Not wandten wir uns an das Pflanzenschutzamt. Doch die machten uns mit ihren Ratschlägen wenig Mut: Wir sollten regelmäßig spritzen und alle zwei Tage ein anderes Mittel verwenden", erzählt Sabine Ruf. Und selbst mit dieser Chemiebombe sei der Befall nur auf rund 60 Prozent einzudämmen, hieß es bei der Beratungsstelle. Dieser Weg kam für die Rufs nicht in Frage: "Unser ältester Sohn war damals anderthalb und spielte immer in den Gewächshäusern; ich war mit unserem zweiten Kind gerade schwanger. Wir mußten einfach eine andere Lösung finden!" Die Rufs stießen auf die sogenannten Blautafeln. Die beleimten Kunststofftafeln lockten mit ihrer blauen Farbe die Thripse an und geboten so - im Verbund mit der Ansiedlung von Nützlingen - den zwei bis drei Millimeter kleinen Saugern Einhalt. Ganz eindämmen konnten sie die Plagegeister zwar auch nicht, aber der Schaden hielt sich doch in deutlichen Grenzen.

Rosen-Pioniere bei Bioland

Nach diesem Schlüsselerlebnis stellten die Rufs ihren Betrieb im Bad Nauheimer Stadtteil konsequent auf ökologischen Anbau um. Seit April 1994 sind sie Mitglied im Bioland-Verband. Eine Ausnahme von den strengen Richtlinien wurde für die Öko-Rosen-Pioniere gemacht: Bioland erlaubte den Rufs, neue Wirtschaftsflächen hinzuzunehmen. Denn die Rosenaufzucht geht mit einer wissenschaftlich noch nicht einwandfrei geklärten "Bodenmüdigkeit" einher. Bewirtschaftete Flächen müssen 15 bis 20 Jahre lang brachliegen, ehe sie wieder für den Rosenanbau genutzt werden können. Ohne die Ausnahmegenehmigung hätten die Rufs folglich ihren Betrieb nicht aufrechterhalten können.

Doch nicht nur die offizielle Anerkennung wurde den Rufs zuteil, auch im Dorf genießt das überzeugte Bioland-Ehepaar Ansehen. "Wir taten uns bestimmt leichter, weil der Betrieb einer der alteingesessenen hier in Steinfurth ist und unsere Familie schon in der dritten Generation Rosen kultiviert", erzählt Werner Ruf. "Bei meinem Vater hatten wir vor der Umstellung auf den Ökoanbau erst einige Überzeugungsarbeit zu leisten: keine mineralischen Dünger, keine Chemie spritzen. Doch dann meinte er auf einmal: 'Eigentlich haben wir es früher auch nicht anders gemacht!' Und seither unterstützt er uns nach Kräften." Mittlerweile holt sich sogar der ein oder andere konventionell arbeitende Kollege Rat bei den Rufs, wenn kein chemisches Mittelchen mehr zum Beispiel gegen die gefürchteten Pilzkrankheiten hilft.

Auf der Stellfläche der Rufs gedeihen 80.000 Freiland- und 45.000 Containerrosen in Altpapier-Töpfen, davon 2.500 Pflanzen in Gewächshäusern. Im Laufe des Rosenjahres fallen da eine Menge Arbeiten für den Familienbetrieb an: Die Rufs setzen die Rosenwildlinge im Frühjahr und veredeln sie im Juli mit Edelsorten (Okulation). Im zweiten Vegetationsjahr wird die Wildkrone über dem okulierten Edelauge abgetrennt, gehäckselt und kompostiert. Wenn das Edelauge nun ausgetrieben hat, wird es noch einmal zurückgeschnitten, damit sich die Pflanze von der Basis her gut verzweigt. Den Sommer über dürfen die Rosen nun wachsen und blühen. Mitte Oktober beginnt die "Rosenernte": Die Pflanzen kommen aus der Erde, werden gebündelt, nach Qualität sortiert und etikettiert. Damit sind die Rosen fertig für den Versand.

Rund 250 verschiedene Sorten bieten die Rufs zur Zeit an: von der Edelrose "Aachener Dom" bis zu der Englischen Rose "Warwick Castle". Werner und Sabine Ruf wollen das Sortiment künftig stärker straffen und die anfälligen Rosensorten von der Angebotsliste streichen. Bei der Auswahl verlassen sie sich auf ihren persönlichen Geschmack: "Widerstandsfähig und natürlich auch schön muß eine Rose sein", beschreibt Sabine Ruf ihre Kriterien. Auf Modetrends zu reagieren ist hingegen sehr schwer: "Wenn die Verbraucher in einem Jahr rosafarbene Rosen bevorzugen, diese aber im darauffolgenden Jahr links liegen lassen und gelbblühende verlangen, haben wir eigentlich keine Chance. Da die Rosenkultur über zwei Jahre geht, ist sie eben sehr unflexibel", erklärt die Juniorchefin die schwierige Situation.

Bislang werden die Rosenstöcke des Familienbetriebes überwiegend an Baumschulen und Gartencenter verkauft. "Davon kaufen allenfalls ein bis zwei bewußt bei uns, weil wir die Pflanzen ökologisch kultivieren", schätzt Werner Ruf nüchtern. Im Preisniveau liegen die Öko-Rosen nicht höher als vergleichbare konventionelle - um konkurrenzfähig zu bleiben. Damit ist der Öko-Rosenanbau für die Rufs derzeit noch ein Minus-Geschäft, denn für spezielle Pflanzenschutzprodukte, Bio-Substrate und Recyclingtöpfe muß das junge Ehepaar tiefer in die Tasche greifen als ihre herkömmlich wirtschaftenden Kollegen.

Widerstandsfähige Rosen
für Hobby-Gärtner

"Im Moment sind wir am Überlegen, ob wir nicht auch an Einzelkunden verkaufen könnten", erzählt Sabine Ruf von ihren Zukunftsplänen. Ein gestiegenes Umweltbewußtsein und das Verbot von Pestiziden in privaten Gärten, wie beispielsweise in Baden-Württemberg, sorge bei Privatleuten durchaus für eine rege Nachfrage nach widerstandsfähigen Sorten. "Und dadurch, daß unsere Rosen über die gesamte Vegetationsdauer mit abwehrkräftigenden Mitteln behandelt werden, wären sie für Hobby-Gärtner, die viel Freude, aber wenig Chemie an ihren Rosen haben wollen, die richtige Alternative", lotet Sabine Ruf die Marktchancen ihrer Pflanzen aus. Dem Gärtner-Ehepaar schwebt vor, dann auch das Angebot mit Produkten rund um die Rose zu erweitern: "Von Hagebutten-Tee bis hin zum Rosenparfüm könnte unsere Palette dann schon reichen", stellt sich Werner Ruf vor. Was wohl Schneeflöckchen zu den neuen Ideen ihrer Brötchengeber sagen wird?
Christiane Schmitt


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