AKTUELL
Es war eine präzise geplante Provokation, die da am vergangenen Mittwoch bei dem Fußball-Länderspiel Polen gegen Deutschland von Neonazis inszeniert wurde. Einige rechtsradikale Drahtzieher und viele mitprügelnde Hooligans versuchten vor den Fernsehkameras - durch die Schlägereien mit Polen und mit neonazistischen Transparenten - Aufmerk-samkeit zu erringen.
Die polnischen Sicherheitskräfte hatten - sowohl im Stadion wie auch zuvor auf dem Weg dorthin - die Situation gut im Griff. Presse und Medien in Polen gingen danach kaum auf die Vorfälle ein. Doch wir in Deutschland müssen uns mit diesen rechten Randgruppen auseinandersetzen.

Ein Beitrag von Sonja Balbach

Diese Bilder schockierten letzte Woche Deutschland. Neonazis hatten ein ideales Terrain für ihre rassistische und antipolnische Agitation gefunden: das Länderspiel Polen-Deutschland im schlesischen Zabrze. Die Provokation via Bildschirm funktionierte.
Im Vorfeld schon hatten rechtsradikale Gruppierungen für den Trip nach Polen zu dem symbolträchtigen Spiel im einst deutschen Hindenburg geworben. Und etwa 300 aufgehetzte Rechtsradikale und gewaltbereite Hooligans waren dem Ruf gefolgt. Aber die Regie der braunen Drahtzieher war nur zum Teil erfolgreich. Die polnische Polizei war gewarnt und hat entgegen anders lautenden Nachrichten rechtzeitig und richtig reagiert.
Und so mißlang der Plan der deutschen Brandstifter die Stadt Zarbze vor dem Fußballspiel aufzumischen. Nur einer kleinen Gruppe Rechtsradikaler war es überhaupt gelungen, in die Stadt zu kommen.

Und denen zeigt die Polizei ganz schnell wo es langgeht.
Im Stadion hatten die Rechtsradikalen dann endlich die Bühne für ihre Hetzparolen und Aggressionen gefunden. Hier ging die Rechnung der Nazistrategen auf, sich vor einem Millionenpublikum zu produzieren. Fifa-Präsident Havelange, der demnächst über die deutsche Bewerbung für die Fußball-WM 2006 entscheidet, konnte so schon mal einen verheerenden Eindruck vom Begleitprogramm mitnehmen.
"Schlesien bleibt deutsch" - Sprechchöre und Auschwitz-Auschwitz-Rufe. Der Nazinachwuchs, straff organisiert, blamierte die Nation. Daß es sich hier nicht um spontane Provokationen von Hooligans handelte, sondern daß Neonazis hier Regie führten, war spätestens jetzt offensichtlich.

Fascho
Ich bin ein Faschist hier, daß ist Deutschland, wo wir jetzt gerade sind, wo wir uns befinden. Und in 40 Jahren gehört das uns wieder.

Wes Geistes Kinder hier am Werk sind, belegen die wirren Politparolen.

Normale Fans dagegen, die ein gutes Spiel sehen wollten, waren schockiert. So etwa eine Gruppe junger Leute, die gerade von einem Besuch aus dem nur 40 Kilometer entfernten Auschwitz kam.

Ein fußballbegeisterter Zivi
Wir sind hier hergefahren, wir dachten, wir schauen uns ein Fußballspiel an. Klar so Leute gibt es immer bei einem Fußballspiel - Hooligans und so. Aber die braune Masse hier - das ist ja tierisch.

Doch Fans wie er waren in der Minderheit.
Bundestrainer Berti Vogts rang nach Erklärungen und verwies auf deutsche Warnungen an die Polen:

Berti Vogts
Die Polen waren darauf vorbereitet, aber die Polen haben nicht darauf reagiert und gottseidank haben sie nicht gesagt, die deutschen Fans.

Fascho-Parole: "Wir sind in Polen, um Juden zu versohlen". Nach dem Spiel tat Berti Vogts das einzig Mögliche und entschuldigte sich beim polnischen Volk.

Berti Vogts
Wir distanzieren uns klar und wir möchten uns auch hier wirklich dafür entschuldigen.

Die Stimmung im braunen Block eskalierte. Einige der Nazi-Enkel schienen gegen Ende Opfer ihres eigenen Wahnsinns und ihrer Haßtiraden zu werden und drehten völlig durch. Ein Fall für Polizei und Psychiater.
Den polnischen Sicherheitskräften war es letztlich zu verdanken, daß der rechtsradikale Pöbel dem Ansehen Deutschlands nicht noch mehr Schaden zufügen konnte. Die Gastgeber wollten dann die peinlichen Besucher einfach nur noch los werden und damit unterwegs keiner der Randalierer verloren ging, brachte man die Gäste zum Zug. Die tobten sich dort noch einmal richtig aus.
Der eigentliche Plan der Neonazis das ehemalige deutsche Hindenburg im Handstreich zu nehmen, war gescheitert. Ein paar Scheiben gingen noch zu Bruch, dann war Polen die rechte Vorhut wieder los. Der deutsche Außenminister sah sich gezwungen, sich für diese Landsleute beim polnischen Volk zu entschuldigen.

Kehraus im Stadion am nächsten Morgen.Fünf Deutsche hatten die Nacht im Gefängnis verbracht. Zwei davon, weil sie die polnische Fahne angezündet haben. Polnische Fußballfans - auffallend verhalten - suchten nach eigenen Erklärungen für das abscheuliche Schauspiel des Vortages.

Ein polnischer Fan
In England haben sich die Fans zursammengesetzt, um ein friedliches Spiel zu organisieren. In Polen ist das leider anders. Wenn die Deutschen nicht hiergewesen wären, hätten sich die Polen untereinander geschlagen. Es sind Hooligans. Das kann man nicht ändern.

Selbst die Polizei bemüht sich diplomatisch um Zurückhaltung und versuchte, die peinliche Angelegenheit eher runterzuspielen.

Wawrzyniec Chrapusta, Polzist in Zabrze
Ich bin weit davon entfernt, politische Schlußfolgerungen zu ziehen. Ich kann nur sagen, man sollte das nicht kommentieren, das war nur ein Teil, eine verschwindende Minderheit, die solche Parolen gerufen hat. Das sollte man nicht überbewerten.

Die Polen demonstrieren Gelassenheit. Die Deutschen haben keinen Anlaß dazu. Die Ereignisse von Zabrze haben noch einmal deutlich gemacht, wie Neonazi-Aktivisten das Provokationspotential der Hooligan-Szene gezielt für ihre Zwecke einsetzen.

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