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Kienzle Das Berliner Mykonos-Urteil hat jetzt auch Folgen für Österreich: Eine kleine Staatskrise. Genüßlich prangert die Wiener Presse die Feigheit österreichischer Politiker an und ihren Kniefall vor den Mullahs. Lob indes gibtÆs für die Berliner Richter, die aufrechten Gang bewiesen hätten.
Langsam erfährt die erstaunte Öffentlichkeit, daß Wiener Politiker sich als Fluchthelfer für ein Mordkommando der Mullahs engagiert hatten. Die Tat: Eine iranische Killertruppe hatte 1989 drei Kurdenpolitiker im wahrsten Sinne des Wortes "hingerichtet". Wie später im Berliner Restaurant Mykonos. Die Politik verhinderte, daß die Mörder verhaftet wurden. Sie konnten sogar in die iranische Botschaft flüchten. Einer der mutmaßlichen Mörder wurde wie ein Staatsgast zum Flughafen eskortiert. "Skandal!" rufen jetzt die österreichischen GRÜNEN und verlangen Aufklärung.
Heute beschuldigten sie sogar den österreichischen Bundespräsidenten der Beihilfe. Präsident Klestil - ein Fluchthelfer?

Hintersetzer Ein Bericht von Thomas Fuhrmann und Josip Soldo

Eine kleine unappetitliche Geschichte erregt die Alpenrepublik. Eine kleine Staatsaffäre kommt langsam ans Tageslicht und könnte den Bundespräsidenten sein Amt kosten. Aber der Reihe nach.

Wien, 13. Juli 89. In einem Haus treffen drei Iraner den damaligen Chef der æDemokratischen Kurdischen Partei IranÆ und zwei seiner Berater. Kurze Zeit später sind der hochrangige Oppositionelle Abd El-Rahman Gassemlou und seine Begleiter tot. Obwohl es schon nach wenigen Tagen erdrückende Beweise gibt, werden die drei Iraner kaum behelligt, können bald problemlos ausreisen - eine Flucht mit Wissen und Billigung höchster Regierungsstellen, wie Dokumente jetzt belegen.

Peter Pilz, Die Grünen, Parlamentsabgeordneter
Generalsekretär Klestil, Außenminister Mock und Justizminister Foregger haben eine Schlüsselrolle bei der Fluchthilfe für das Terrorkommando gespielt.

Starker Tobak des grünen Parlamentsabgeordneten. Mit immer neuen Belegen geht der Mann mit den ausgezeichneten Kontakten zur Staatspolizei seit Tagen an die Öffentlichkeit. Schlüssig kann Pilz mit bisher unter Verschluß gehaltenen Dokumenten beweisen, wie Österreich einen Kniefall vor den Mullahs beging. So versuchte der damalige Chef der Staatspolizei, Anton Schulz, 1989 den zuständigen Richter massiv zu beeinflussen.
Der schrieb in einem Aktenvermerk:

"Man versuchte mich zu veranlassen keine Haftbefehle gegen Personen auszustellen, die in der iranischen Botschaft sich befinden und begründete dies mit der Gefahr diplomatischer Verwicklungen."

Appeasement , also Kungelei statt rechtsstaatlicher Prinzipien - so konnten die Mullahs ihre Mordkommandos weiter um die Welt schicken.

Drei Jahre nach Wien werden in Berlin im Auftrag der iranischen Regierung vier kurdische Oppositionelle ermordet - das spektakuläre Mykonos-Attentat. Unter ihnen der neue Chef der æDemokratischen Kurdischen Partei IranÆ, der Nachfolger eines der Wiener Opfer.

Die Berliner Richter nannten in ihrem Urteil mutig die Drahtzieher in Teheran und verwiesen ausdrücklich auf den roten Faden von Wien nach Berlin.

Peter Pilz, Die Grünen, Parlamentsabgeordneter
Österreich hat sehr lange geglaubt, und das war der große Fehler, daß man den Terror nach dem Floriansprinzip behandeln kann. Wenn wir die Terroristen verwöhnen, wenn wir die Terroristen wie Diplomaten behandeln, dann werden sie ihre Bomben bei unserem Nachbarn zünden. Wenn die Deutschen scharf vorgehen und die Österreicher nett zu den Terroristen sind, dann wird der Terror nach Deutschland exportiert und Österreich hat Ruhe. Und das war die Maxime der österreichischen Außenpolitik gegenüber dem internationalen Terror.

Involviert waren damals nicht nur Innen- und Außenministerium, auch die Justiz war informiert, wie dieses Dokument belegt. Die Österreichische Staatspolizei schrieb acht Tage nach den Morden über den Leiter des Mordkommandos:

"Herr Untersuchungsrichter Dr. Danek wurde von der Entlassung des Mohammad Djafari Sahraroodi aus dem Spital und dem Wunsch der Botschaft der islamischen Republik Iran um Ausfolgung seines Reisepasses und des sichergestellten Geldbetrages in Kenntnis gesetzt.
Untersuchungsrichter Dr. Danek hat gegen die Ausfolgung des Reisepasses und des Geldbetrages keinen Einwand."

Man ließ den Killer nicht nur laufen, sondern brachte ihn zu alledem noch wie einen Staatsgast zum Flughafen.

Pilz
unheimlich Trotz der Verstrickung der Justiz lehnt die große Koalition einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß ab. Sie setzt auf die Justiz, die damals auch versagte.

Wolfgang Schüssel, ÖVP, Außenminister Österreich
Die Regierung hat darauf reagiert, indem wir eine Untersuchung angeordnet haben durch die unabhängige Justiz, die unbeeinflußt von jeder Parteipolitik oder von jedem Ressort-Interesse alle Fakten, die damals vor acht Jahren entstanden sind, auflistet und anschließend veröffentlicht. Das ist eine echte, unabhängige Untersuchung, die nicht von uns beeinflußt werden kann, doch voll inhaltlich offengelegt wird.

Endgültig aufklären könnte den Sachverhalt der höchste Mann im Staate, Bundespräsident Klestil. Er war damals Generalsekretär im Außenministerium und nachweislich über den ganzen Fall informiert. Doch Klestil schweigt bisher, wohl aus gutem Grund. Er soll sich 89 dafür eingesetzt haben, die iranischen Killer nicht weiter zu verfolgen, um die Beziehungen zu Iran nicht zu belasten. Die große Koalition stützt ihn.

Peter Kostelka, SPÖ, Fraktionsvorsitzender
Er ist mein Bundespräsident, ich habe ihn zwar damals nicht gewählt, weil wir ja selber einen Kandidaten gehabt haben, aber er ist unser Bundespräsident ohne jeden Vorbehalt, ja.

Noch mag sich die Politik in der Alpenrepublik von dem Skandal also nicht erschüttern lassen - ein Bundespräsident als Fluchthelfer für Staatsterroristen? - das wäre dann wohl doch zu viel.

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