AKTUELL |
|
![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser-2.gif) |
Schlaraffenland ist abgebrannt - der Wohlfahrtsstaat ist pleite. Die in den letzten Jahrzehnten üblichen teueren Wahlversprechen können sich die Politiker nicht mehr leisten. In Baden-Württemberg, früher das Musterländle, zum Beispiel fehlen für dieses Jahr 694 Millionen und im nächsten 858 Millionen D-Mark. Von Jahr zu Jahr größere Haushaltslöcher lassen keine andere Wahl - Sparen ist angesagt. Und Sparen heißt nun mal: weniger ausgeben. Nichts soll tabu sein, setzen sich die forschen Südwestler in Positur, kein Landesressort soll ungeschoren davonkommen.
Wenn allerdings unser Reporter anfragt, wie denn die Verdreifachung der Mietkosten für die Landesbehörden zu erklären ist und warum die Ministerialbürokraten sich ganze Bürofluchten der Spitzenklasse anmieten, kommt keine rechte Antwort aus Stuttgart.
|
![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hg02073.gif) |
Ein Bericht von Hans Werner Conen
Der Landtag von Baden-Württemberg. Musterländle hin und her: Auch hier Haushaltslöcher, Schuldengebirge. Politiker und Bürokraten, die sich Jahrzehnte ans Geldausgeben gewöhnt haben, sollen nun plötzlich sparen, also weniger ausgeben. Die Kaste der Pfründen-Besitzer spart wirklich: bei der Umwelt, bei der Kultur, bei den Kindern etwa. Wenn die Ministerial-Ämtler bei sich selbst sparen sollen, sieht das so aus:
Die Abteilung des Kultusministeriums ist bisher auf 570 Quadratmetern untergebracht. Doch den Bürokraten gefällt ihre Lage nicht. Und obwohl Personal abgebaut wird, hätten sie gerne mehr Quadratmeter. So 30 pro Beamtenkörper. Gewährt, sagen die Ministerialen zu sich selbst - und ziehen in der Königstraße ein. Es ist die teuerste Lage von Stuttgart - 1A. 1.300 Quadratmeter, die Fläche von 10 Reihenhäusern und mehr als doppelt soviel wie bisher. Für eine Abteilung von 42 Leuten. Hier läßt sich's wohl sein: Cafés, teure Geschäfte, die Flaniermeile vor der Tür. Macht schlappe 31.000 Mark Monatsmiete. Aufschwung Süd-West. æWir auch!Æ rufen da Insassen des Wissenschaftsministeriums. Die verwalten sich und die Kunst und möchten ihre schreckliche Lage verbessern. Ein Glaspalast in der Kronprinzstraße soll es sein. Natürlich in 1A-Lage. Mit 28,75 Mark je Quadratmeter muß der Steuerzahler schon rechnen. 830 Quadratmeter. Macht 24.000 Mark im Monat. Dafür kommt dann der Bürokrat aus der Tiefe des lichtdurchfluteten Raumes.
|
|
|
Mehr Spielfläche für die Gehilfen der Macht. Und die versammeln sich mit der Zeit fast alle da, wo's am teuersten ist. Die Folge: eine Mietpreisexplosion. Im Jahre 87 gibt das Land noch 70 Millionen Mark für Behördenmieten aus. Inzwischen sind es 206 Millionen. Macht 300 Prozent nach gerade 9 Jahren. Das Volk zahlt ja.
Gerhard Meyer-Vorfelder, CDU, Finanzminister Baden Württemberg
Ich persönlich bin der Meinung, daß die Ministerien nahe an den Ort des Geschehens gehören. Die Ministerien stehen im ständigen Kontakt mit dem Landtag. Sie haben dort die Arbeitskreise, die Ausschüsse, die Plenarsitzungen zu beschicken, sie müssen den Abgeordneten für Auskünfte jederzeit zur Verfügung stehen und deshalb ist die Ortsnähe, die fußläufig zu erreichen ist, natürlich schon ungeheuer wichtig.
|
![](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/mv.jpg) |
|
|
![Grafik](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/prozente.jpg) |
Der Koalitionspartner FDP setzt sich schon einmal ab. Bürokraten in den Plattenbau?
Ernst Pfister FDP-Fraktionsvorsitzender
Nur wer bei sich selbst mit dem Sparen beginnt, wird Akzeptanz bei der Bevölkerung für Sparoperationen finden.
An vielen Stellen in Stuttgart stehen bestens ausgestattete Büroräume leer. Die geforderten Mieten liegen bei 12 bis 14 Mark je Quadratmeter. æNichts für uns!Æ, sagen die Herren der Ämter. Und bestehen auf 1A-Lagen.
Volker Gairing, Makler
Als Makler hätte ich den Ministerien hier zahlreiche freie, sofort beziehbare und wesentlich günstigere Flächen anzubieten und man fragt sich tatsächlich, warum ziehen die Ministerien nicht in die Außengebiete, wie Stuttgart-Vaihingen, Stuttgart-Degerloch? Vielleicht ist denen die Gegend nicht fein genug?
Stuttgart-Möhringen. Eine Gegend mit viel preiswertem Büroraum. Von hier aus steuern die Manager von Daimler-Benz ihr weltweites Imperium. Doch - gut genug für Daimler-Benz ist nicht gut genug für die Landesministerien.
|
|
|
|
|