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Hintersetzer Ein Bericht von Rita Stingl und "Filmreif"

Drei Dinge braucht man im Büro: guten Kaffee, Ordnung im Chaos und schnelle Finger. Dann ist die Lebensstellung eigentlich gewiß. Es sei denn, der Boß will nicht nur Hilfe, sondern auch eine Frau. So die Immobilienfirma Urania in ihrer Anzeige. Assistentin gesucht. Für wenig Lob und viel Arbeit. Der Mann an sich scheut solche Konditionen, die Ausnahme: Nils Drimphel.

Nils Draempaehl
Die Sachen, die direkt in der Anzeige erwähnt worden waren, da habe ich mich eigentlich schon für qualifiziert gehalten. Das waren also Kaffee kochen, Faxen, mit dem Computer umgehen.

Ein gutes Know-how ersetzt jede Frau, dachte sich der fleißige Student und bewarb sich. Doch welche Ignoranz, die Firma ließ erst gar nicht von sich hören. Mehr noch, den Job bekam eine Frau. Der angehende Jurist war tief getroffen in seinem Mann-Sein.

Nils Draempaehl
Das man jetzt auch das erste Mal so als Mann so ein bißchen die Situation nachvollziehen konnte, wie ist es jetzt, wenn man mit dem falschen Geschlecht auf die Welt gekommen ist. Das machte es irgendwie das erste Mal so ein bißchen nachvollziehbar. Und da habe ich mich natürlich nicht so ganz wohl mit der ganzen Sache gefühlt, und habe mir gedacht, das kann einfach nicht sein.

Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, schritt der Mann zur Tat. Ein klarer Fall von Diskriminierung, fast wie aus dem Lehrbuch. Der Student klagte und bekam Recht. Und damit nicht genug, der Verschmähte forderte Schadensersatz und zwar mehr als die gesetzlich festgelegte Summe. Schon raffiniert. Aber der Mann hat schließlich studiert.

Christian Lesmeister, Vizepräsident Arbeitsgericht Hamburg
Nun hätte er normalerweise drei Gehälter maximal verlangen können, denn das ist deutsches Recht. Clever wie er ist, hat er aber 3,5 Gehälter verlangt, 3,5 Monatsgehälter. So nun hatte das Gericht Probleme, denn ein Blick in das Gesetz zeigte, maximal drei Gehälter durften zugesprochen werden. Da hat der Kläger gesagt: Ja, das europäische Recht kennt diese Begrenzung nicht auf drei Gehälter. Und das deutsche Recht ist also nicht europarechtskonform. Und da blieb dem Gericht im Grunde nichts anderes übrig, als diese Frage dem europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Ein Jurastudent schreibt Rechtsgeschichte. Der schöne Paragraph - gekippt. Drei Monatsgehälter als Buße für einen Chauvie, viel zu wenig. Der europäische Gerichtshof urteilt, die Obergrenzen fallen weg. Abschreckung muß sein.

Nils Draempaehl
Es gibt jetzt natürlich schon ein gutes Gefühl, wenn man denkt, daß die Bundesregierung jetzt das Gesetz ändern muß, weil es halt gegen europäisches Recht verstößt und von daher freue ich mich natürlich auch dadrüber.

Personalmanager aufgepaßt! Wer schon in einer Stellenanzeige eine "Sie" oder einen "Ihn" bevorzugt, hat jetzt ein juristisches Problem. Und Bewerbungen in die Ablage Papierkorb, kann in Zukunft viel Geld kosten. Und Nils Draempaehl, der wackere Streiter der Geschlechter geht trotzdem finanziell lehr aus. Die Immobilienfirma hat längst dicht gemacht. Aber was solls, Mann hat sich ja durchgesetzt.

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