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![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser.jpg) |
Spätestens seit dem Golfkrieg von 1991 ist der schwarz-gefiederte Wasservogel vielen ein Begriff: der Kormoran. Das Bild vom oelverklebten Symboltier, das - wie sich später herausstellte - übrigens eine Fälschung war, erregte die Medienwelt als Synonym für die Umweltverschmutzung durch Menschenhand. In Schleswig-Holstein erregt jetzt der Kormoran die Gemüter. 6.400 ausgewachsene und ca. 10.000 Jungvögel haben sich am Ufer verschiedener Seen breitgemacht und bringen die Binnenschiffer um ihren Fang.
Der Kormoran ist nämlich ein Vielfraß und Nimmersatt, vertilgt jeden Tag ein halbes Kilo Fisch, frißt aber weiter und spuckt viele Fische wieder aus, die er nicht verdauen kann. Die Ufer, an denen er nistet, sind voller Fischkadaver.
Die Folge: Bei den Fluß- und Seefischern: 1982 sank der Fang von 800 Tonnen Speisefisch auf 300 Tonnen 1994. Und die aktuellen Zahlen dürften noch niedriger sein.
Die Europäische Kommission in Brüssel hat bereits reagiert und eine Änderung der EU-Vogelschutz-Richtlinie eingeleitet, die bis Ende des Jahres vollzogen wird. Die Umsetzung allerdings bleibt Ländersache und die rot-grüne Landesregierung in Kiel denkt gar nicht daran, den Schutz des Kormorans einzuschränken.
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![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hg02075.gif) |
Ein Beitrag von Joachim Bartz
Eigentlich hat er kaum noch Lust, aufs Wasser zu fahren. Henning Schühbaum, der Fischer vom Hemmelsdorfer See. Vor 15 Jahren, bevor die gefiederten Seeräuber kamen, gab es hier noch was zu holen. Aber diese Zeiten sind längst vorbei.
Henning Schierbaum, Fischer
Für heute ist das dann ganz schlecht. Eben waren nur ein paar Rotauen drin, nicht mal ein Aal in beiden Räusen in denen wir nach geguckt haben, also das ist sehr sehr traurig.
Schuld daran sind die Kormorane, sie wurden vor 20 Jahren geschützt, weil sie fast ausgestorben waren. Mittlerweile aber haben sie sich so prächtig erholt, daß sie zur Plage wurden. 6000 ausgewachsene und 10.000 junge Vögel bevölkern Schleswig-Holsteins Seen - und sind der Feind Nr. 1 aller Binnenfischer. Aus vielen Gründen.
Die Nistbäume der Kormorane sterben, weil ihr Kot alles Leben wegätzt. Vor allem aber: der Kormoran ist ein Nimmersatt. Er vertilgt mehr, als er verdauen kann und spuckt vieles einfach wieder aus. Er schluckt fast jeden Fisch, der ihm vor den Schnabel kommt. Man hat zum Beispiel einen Hecht im Bauch eines Kormorans entdeckt. Oder acht Aale in einem einzigen Vogel. Der Fischerverband hat extra zwei Vögel ausstopfen lassen, um zu demonstrieren, wie schädlich der Seeräuber für die Fischer ist. Erstens ist er also ein Vielfraß.
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Sabine Schwarten, Binnenfischer-Verband Schleswig Holstein
Zum zweiten sieht man den Hackenschnabel hier ganz deutlich und unten das Gegenstück, den Unterschnabel. Die verursachen eindeutige Bißspuren, nicht nur am Aal sondern auch an anderen Fischen. Man findet V-förmige Verletzungen beidseits des Fisches. Die reißen sogar mit diesem starken Schnabel Löcher in die Fische rein, so daß die so stark verletzt sind, daß sie eingehen müssen. Die Fischfänge sind um 75% zurückgegangen. Damit kann kein Wirtschaftstreibender leben.
Wegen des Kormorans?
Wegen des Kormorans. Eindeutig.
Weil er vom Fischverkauf alleine nicht mehr leben kann, hat sich Schierbaum eine Räucherei und ein Gasthaus gebaut. Den Aal aber muß er aus vielen umliegenden Seen heranschaffen, in seinem eigenen See hat ihm der Kormoran das meiste weggeschafft. Eine Entschädigung bekommt Schierbaum von der Landesregierung. Geld, das ihm half, die Gastronomie aufzubauen. Dennoch übersteigt der Kormoranschaden die Entschädigung angeblich bei weitem. Viel lieber würde Schierbaum also dem Vogel zu Leibe rücken, als Wirt zu sein. Und wie es wohl so wäre, wenn man den Kormoran schießen dürfte, seine Gedanken macht sich Schierbaum darüber schon.
Henning Schierbaum, Fischer
Es ist sehr schwer, den auch zu schießen. Weil auf dem Wasser ist es zu gefährlich mit der Kugel zu schießen, weil die Kugel abprallt. Und mit Schrot kommt man auch sehr schwer an ihn ran. Also, ich denke mal durch das Abschießen ist der Kormoran gar nicht mal so schnell zu dezimieren. Weil es einfach zu viele sind.
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![Schnabel](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/schnabel.jpg)
![](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/fische.jpg)
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![Ergebnis](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/baum.jpg) |
Man müßte ihre Brut zerstören, das wäre am effektivsten. Das ist in Schleswig Holstein aber verboten. Dabei hat die Europäische Kommission erst vor kurzem beschlossen, den Kormoran aus der Vogelschutzrichtlinie zu streichen. Die Umsetzung dieser Entscheidung aber bleibt Ländersache und die rot-grüne Landesregierung will alles lassen, wie es ist. Ein Abschuß bleibt tabu. So wird das Kormoran - Problem zu einer Symboldebatte mit geradezu weltanschaulichem Anstrich.
Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die Grünen, Umweltminister Schleswig-Holstein
Ich glaube wir sollten sehr vorsichtig sein, einfach nur aus unseren menschlichen Bedürfnissen heraus andere Lebewesen zu töten. Das hat für mich einen hohen ethischen Wert. Deshalb müssen hier auch immer Kompromisse zwischen der Berechtigung anderer Lebewesen auch auf diesem Planeten zu leben auf der einen Seite und den ökonomischen Zwängen, in denen sich Menschen befinden, gefunden werden. Da muß es immer einen Kompromiß geben und deshalb glaube ich, sollte es nur als schlechteste Möglichkeit die des Tötens anderer Arten geben.
Über solche Argumente schüttelt Henning Schierbaum nur den Kopf. Denn ihm und seinen Fischerkollegen helfen sie nicht. Jeden Abend dreht er seine Runde auf dem Hemmelsdorfersee und verscheucht die Kormorane. Doch allzuviel bringt diese Form des Angriffs freilich nicht.
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