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"Weil Du arm bist, mußt Du früher sterben". Der Titel einer STERN-Serie aus den 60er Jahren bekommt neue Aktualität, besonders für Aids-Kranke. Und das hat folgende Gründe: im letzten Jahr gab es in der Aids-Forschung endlich einen Durchbruch. Auf dem 11.Aidsweltkongress in New York. Dort stellte Dr.David Ho seine Dreifach-Therapie vor. Eine Kombination verschiedener Präparate. Diese Kombinations-Therapie bringt verblüffende Erfolge: innerhalb eines Jahres ging z.B. die Zahl der Aidstoten in New York um die Hälfte zurück. Ob die tödlichen Viren endgültig vernichtet wurden, ist nicht klar. Bisher ist noch kein Aidskranker wirklich geheilt worden. Die neuen Präparate sind erfolgreich, aber teuer. Nur ein Teil der Aidskranken kann sich diese kostspielige Therapie leisten. Weil sie arm sind, müssen andere Aidskranke sterben.
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Ein Bericht von Udo van Kampen
AIDS-Aktivisten legten die Wall Street lahm. Hier an der Börse haben Pharmakonzerne, die AIDS-Mittel auf den Markt gebracht haben, kräftige Profite gemacht. Demonstranten von æACT UPÆ fühlen sich von der Pharmaindustire ausgebeutet. Ihr Schlachtruf: Wir sterben und Sie verdienen sich eine goldene Nase.
Eric Sawyer, ACT UP
Die Preistreiberei der Pharmakonzerne tötet uns. AIDS Medikamente sind heute so teuer, daß sie sich nur noch die ganz Reichen leisten können. Nur für die Ärmsten tritt die Sozialhilfe ein. Die Gewinne der Pharmaindustrie sind viermal so hoch wie die von anderen Konzernen.
Eric muß die bitteren Pillen schlucken. Seid 15 Jahren lebt der Unternehmensberater mit AIDS. 30.000 Dollar gibt der AIDS Aktivist jedes Jahr für Medikamente aus. Der neu entwickelte Pillencocktail hält die tückischen Viren - zumindest im Augenblick - in Schach. Seine teuerste Arznei: Oxandryn. Preis pro Pille mehr als 6 Mark.
Eric Sawyer, ACT UP
Seitdem AIDS-Kranke das Medikament schlucken hat der Anbieter den Preis ums sechsfache erhöht. Für mich ist das ein klassisches Beispiel von Beutelschneiderei.
Kein Kommentar - Fragen zum Preisaufschlag wollte Biotex - der exklusive Vertreiber des dreißig Jahre alten Medikaments nicht beantworten. Solche Machenschaften sind kein Einzelfall.
Peter Arno, Arzt, Montefiore Hospital
Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, daß die Preisgestaltung von AIDS-Medikamenten nicht von ihren Entwicklungskosten abhängt. Die Pharmaindustrie will das der Öffentlichkeit immer noch weiß machen. Grundlage für den Verkaufspreis der Arzneien scheint: wie wirksam sind Medikamente und wie dringend braucht sie der Patient.
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Ein AIDS-Hospiz im New Yorker East Village. Hierhin kommt man um zu sterben. Über 90.000 HIV-Infizierte - fast ein Fünftel aller AIDS-Kranken Amerikas - leben in New York. Noch vor einem Jahr ging kaum einer hier lebend raus. Das hat sich dramatisch verändert. Die neuen Kombinationspräparate sind so erfolgreich, daß im AIDS Hospiz eine ganze Abteilung geschlossen werden konnte. Ein Drittel weniger Aids-Tote in New York. Ein Erfolg der Pharma-Forschung, der sich für die Konzerne auszahlt.
Dr. Laurant Fischer, Medizinischer Direktor, Hoffmann-La Roche
Es ist schwer abzuschätzen, wie hoch die Gewinne der Pharmaindustrie an den AIDS-Präparaten wirklich sind. Wir sind die Industrie mit dem höchsten Forschungs- und Entwicklungskosten. Wir machen riesige Anstrengungen, um mit neuen Medikamenten und neuen Tests die AIDS Behandlung auch für Kinder noch effektiver zu gestalten.
Nicht genug für die AIDS-Aktivisten. Sie fordern Medikamente für alle Kranken. Staatliche Hilfsprogramme stehen in vielen Bundesstaaten durch die hohen Kosten von AIDS Medikamenten vor dem Bankrott. Zum Teil werden Medikamente schon im Losverfahren verteilt. Die Forderung der AIDS-Aktivisten: Mehr Anstrengungen für die Entwicklung eines Impfstoffes. Dies habe die Industrie bisher vernachlässigt.
Eric Sawyer, ACT UP
Es scheint fast so, als würde die Pharmaindustrie nur Medikamente entwickeln um unser Leben zu verlängern und uns von ihren Medikamenten abhängig zu machen. So können sie möglichst lange an uns verdienen. Das ist wohl auch der Grund dafür, daß sie die Forschung für Impfstoffe gegen AIDS vernachlässigen. Denn daran kann man nicht viel verdienen.
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![laurent](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/laurent.jpg) |
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![Dr.Ho](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/ho.jpg) |
Die Pharmaindustrie weist den Vorwurf zurück. Doch auch Wissenschaftler kritisieren, daß die Industrie zuwenig Geld und Energie in die Entwicklung eines Serums stecke. Erst kürzlich forderte Präsident Clinton die Forscher auf, endlich einen Impfstoff gegen die tückischen HIV-Viren zu entwickeln. Klar ist: die teuren Medikamente können nur die reichen Industrieländer bezahlen. Für AIDS und HIV-Infizierte in der Dritten Welt bleiben die Mittel verschlossen.
Dr. David Ho - einer der bekanntesten AIDS-Forscher der Welt - meint, ohne Impfstoff kann der Virus nicht besiegt werden.
David Ho, AIDS-Forscher
Ohne Zweifel ist die Entwicklung eines Impfstoffes unerläßlich. Mit Medikamenten alleine kann AIDS weltweit nicht besiegt werden. Ich halte es für kriminell, nicht mit Hockdruck auf die Entwicklung eines Serums hinzuarbeiten. In unserem Institut arbeiten wir seit Beginn daran.
Vielen, die auf der Wall Street demonstrieren, haben die neuen Kombinationspräparate eine neue Lebenschance gegeben. Doch sie fordern mehr. Die riesigen Gewinne an der Börse müßten in Mittel für eine wirkliche Heilung investiert werden. Nicht nur für sie, sondern für AIDS-Kranke in der ganzen Welt.
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