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![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser.jpg) |
Die Aufnahmen, die wir Ihnen zeigen werden, sind erschütternd. Schon in der alten Sowjetunion war die Psychiatrie- und Waisenpflege ein heikles Thema. Wer nicht inÆs gesellschafliche Idealkonzept paßte, wurde in Heime abgeschoben. Das ist auch im heutigen Rußland nicht besser geworden. Über zwei Millionen Bürger sind betroffen.
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![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hinter~2.gif) |
Ein Beitrag von Klaus Richter
Eine psychiatrische Klinik am Stadtrand von Jaroslavl, 300 Kilometer von Moskau entfernt. Notstand herrscht in allen KrankenhΣusern, sagen die ─rzte, aber was hier geschieht ist eine Verbrechen. Von den Beh÷rden nicht zur Kenntnis genommen oder totgeschwiegen.
Dr. Vladimir Schestakow, der leitende Arzt, kⁿmmert sich seit 20 Jahren um psychisch Kranke. Sie fristeten, meint er, schon immer ein verachtetes Schattendasein, aber heute behandele man sie wie menschlichen Abfall.
Nach einem Kompetenzgerangel innerhalb der Beh÷rden strich man der Klinik sΣmtliche Gelder. Heute leiden alle Patienten an chronischer UnterernΣhrung. Dieser Mann verhungert, sagt Dr. Schestakow, besteht nur noch aus Haut und Knochen. Aber wir k÷nnen nichts tun, mⁿssen zusehen, wie er stirbt. Er hat h÷chstens noch zwei Wochen zu leben.
Dabei werden immer neue Patienten eingewiesen. Die Zahl der psychisch Kranken ist seit Ende der Sowjetunion um 50 Prozent gestiegen. Die ─rzte haben Notbetten gebaut, Gestelle und Matrazen auf MⁿllplΣtzen zusammengesucht.
Vor Monaten alarmierte Dr. Schestakow die Beh÷rden. Er wurde angewiesen, in der ╓ffentlichkeit den Mund zu halten, den Skandal zu vertuschen.
260 Menschen hat er zu betreuen, 260 Menschen, die zu einem langsamen Hungertod verurteilt sind. Viele wurden auf Grund zweifelhafter Diagnosen eingewiesen, nur weil man sie abschieben wollte. Nach SchΣtzungen von Menschenrechtsorganisationen sitzen bis zu 80 Prozent der Patienten zu Unrecht in psychiatrischen Anstalten. Wo normale medizinische Hilfe fehlt, macht es sich der Staat leicht, sperrt sie ein und vergi▀t sie.
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Dr. Schestakow, Arzt und Psychiater
Ich habe gewarnt, gebettelt, gefleht. Es hat nichts geholfen. Man sagte mir, es sei kein Geld mehr da. Die Verantwortlichen interessiert nicht, da▀ hier Menschen elend zugrunde gehen. Ich habe mich gegen Anweisungen von oben an die ╓ffentlichkeit gewandt. Es erschienen auch Berichte in der Presse. Aber so ist das heute: Man kann zwar schreiben was man will, aber niemand tut etwas.
Im Stadtparlament kam der Fall zur Sprache, wurde nach einer Debatte von wenigen Minuten als äunl÷sbar" zu den Akten gelegt. Wir wollen bei den Bⁿrokraten nachfragen, aber kommen nicht sehr weit. äHauen Sie ab, das geht Sie nichts an", - kein Kommentar.
Einmal am Tag gibt es etwas zu essen. Die ─rzte, die nur noch die HΣlfte ihres Gehalts beziehen, spendeten, kauften wenigstens Brot. Sie lassen Rationen verteilen, 100 Gramm fⁿr jeden Patienten. Hier wird das Verhungern hinausgez÷gert.
Alle sind lΣngst so geschwΣcht, da▀ sie die kleinste Infektion, die geringste Erkrankung zum Tode verurteilt. Es gibt keine Medikamente mehr.
Die Lokalzeitung verglich die ZustΣnde mit denen in Konzentrationslagern. äBuchenwald in Jaroslavl", lautete eine Schlagzeile.
Auch in anderen Schlagzeilen, so Dr. Schestakow, gehe es nicht viel menschlicher zu, aber da▀ Menschen um Brotkrⁿmel kΣmpfen mⁿssen, habe er nicht fⁿr m÷glich gehalten.
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![Arzt](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/arzt-1.jpg) |
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![Patienten](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/patien~1.jpg)
![Essen?](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/essen.jpg)
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In der Frauenabteilung sieht es fast noch schlimmer aus. Die meisten sind nicht mehr in der Lage aufzustehen, warten nur noch auf das Ende. Die gesamte Klinik wurde inzwischen von den Beh÷rden praktisch fⁿr änicht existent" erklΣrt. Man scheint nur noch abzuwarten, bis sich das Problem von selbst l÷st.
Wer noch halbwegs bei KrΣften ist, vornehmlich die NeuzugΣnge, wird mit Psychopharmaka ruhiggestellt. Die Tabletten stammen aus einer westlichen Hilfslieferung. Das Verfallsdatum war lange ⁿberschritten. Die ─rzte haben keine Wahl, k÷nnen das Sterben nur etwas ertrΣglicher machen.
Einmal in der Woche kommt ein LKW fⁿr die noch BewegungsfΣhigen. Sie schleppen sich auf die Laderampe, werden eine halbe Stunde durch die Gegend gefahren, um frische Luft zu atmen. Sie haben noch Glⁿck. Bei vielen Patienten ist das Immunsystem zusammengebrochen. Jeder Aufenthalt im Freien k÷nnte sie t÷ten.
In Ru▀land, h÷ren wir von den ─rzten, ist es besser zu sterben als geistig krank zu werden. Dabei gilt seit vier Jahren ein sch÷nes neues Gesetz, das ausdrⁿcklich auch psychisch Kranken Menschenrechte garantiert.
Dr. Schestakow fⁿhrte uns zu einem Kellerloch, in dem frⁿher SΣrge gezimmert wurden. Auch das ist vorbei. Einer ist ⁿbrig geblieben, mit dem die abgemergelten Leichen zu den GrΣbern gekarrt werden. Den Sarg mⁿssen sie aus Geldmangel immer wieder verwenden.
Dr. Schestakow, Arzt und Psychiater
Ich habe in vielen Jahren Schreckliches erlebt, bin bitter und zynisch geworden. Als Arzt werde ich zum TotengrΣber. Ich habe keine Hoffnung mehr, was ist das nur fⁿr eine Gesellschaft?
In den vergangenen Wochen verhungerten 26 Patienten, den ▄berlebenden gibt Dr. Schestakow nur noch eine kurze Gnadenfrist. Schon in der alten Sowjetunion zΣhlten Menschen nicht viel, meint er, im neuen Ru▀land noch weniger.
Der gemeinnützige Verein "Partner für Jaroslavl" hat sich bereiterklärt, Hilfsangebote an die Klinik Afonino in Jaroslavl weiterzuleiten. Dabei wird gebeten, von Sachspenden abzusehen. Geldspenden helfen hingegen schnell und direkt.
Spenden-Konto: Konto-Nummer: 117 333 Kasseler Sparkasse BLZ 520 503 53 Stichwort:"Hilfe für psychiatrische Klinik Afonino"
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