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Kienzle Ein raffinierter Schachzug ist es allemal. Das muß man der deutschen Zigarettenindustrie schon lassen. Schließlich hat ihre neueste Plakataktion für Jugendliche heiße Debatten ausgelöst. "Ich weiß, was ich will - rauchen will ich nicht. Cool Kids can wait" - verkünden die Plakate. Clever gemacht, scheinbar uneigennützig, angewandte Psychologie: welcher Jugendliche läßt sich schon einen heimlichen Genuß von Erwachsenen verbieten? Die Aktion brachte Politiker und Verwaltungsbehörden auf die Barrikaden. Die Stadt Bonn hat die Plakataktion sogar untersagt: ein Verstoß gegen Paragraph 22 des "Lebensmittel und Bedarfsgegenständegesetzes" - wie es heißt.
Grüne, SPD und CSU-Politikerinnen sind sich überraschend einig: Diese Werbung muß gestoppt werden.

Hintersetzer Ein Bericht von Barbara Völkel


Abenteuer und Wildnis, dazu ein rauchender Cowboy, Vorbild: für coole Männer und harte Jungs - Klischee des Wilden Westens.
So präsentiert sie sich: die moderne Zigarettenwerbung. Der Glimmstengel, das non plus ultra, um aus jedem einen coolen Typen zu machen.
Nun ist plötzlich alles anders. Die neueste Plakatwerbung der Zigarettenindustrie "cool kids can wait". Rauchen gilt ab sofort bei den 12- bis 16jährigen als uncool und total out.

Der allzu frühe Kontakt mit dem blauen Dunst, warnen jetzt die selbsternannten Kinderschützer der Zigarettenindustrie, ist nicht mehr "In". "Warten können", heißen die neuen Zauberworte, also Geduld ist angesagt für willige Raucher. Warum sich nicht noch ein paar Jahre Nikotinfreiheit gönnen?

Ernst Brückner, Geschäftsfüher Verband der Cigarettenindustrie
Diese Kampagne richtet sich doch erkennbar an Jugendliche, die nicht rauchen. Und nicht rauchen wollen. Und die sollen für sich selbst und für ihre Umwelt ein Argument bekommen, daß sie dem Gruppendruck nicht erliegen, der sie zum Rauchen zwingt. Sie richtet sich nicht an Kinder oder Jugendliche, die bereits rauchen und rät davon ab. Das ist eine andere Zielgruppe, das wäre ein anderes Vorgehen. Sie können der Kampagne nicht zum Vorwurf machen, daß sie das nicht auch noch leistet.
Die Verwaltungsbehörde der Stadt Bonn und Politiker sehen das anders. Es geht der "Blauen Dunstindustrie" an den Kragen. Per Ordungsverfügung kam ein Plakatverbot. Die Zigarettenindustrie legte Widerspruch ein.

Bärbel Höhn, Bündnis90/Die Grünen Umweltministerin NRW
Es ist eine subtile Werbung und es ist im Prinzip Werbung, die die Verbote, die wir aufgelegt haben um Jugendliche zu schützen, umgehen soll. Das ist der Grund und das ist, finde ich - dagegen müssen wir angehen, wir müssen Jugendliche schützen, wir haben nicht Gesetzte gemacht, damit mit diesem Psychotrick, dann die Zigarettenindustrie am Ende ihre Produkte doch an die Jugendlichen heranbringt.

Gabriele Behler, SPD Schulministerin NRW
Ich glaube, nur die objektive Wirkung dieser Plakate kann so sein, und darin liegt ein erhebliches Risiko, daß Kinder sich ermuntert fühlen, und Heranwachsende sich aufgefordert fühlen, durchaus zu Rauchen, weil sie wahrnehmen, sie haben jetzt schon ein paar Jahre ihres Lebens ohne Nikotin verbracht und jetzt kommt es nicht mehr so drauf an. Und diese Botschaft finde ich ziemlich verheerend.

Ernst Brückner, Geschäftsfüher Verband der Cigarettenindustrie
Es ist Politik, die Damen wollen sich auf Kosten der Zigarette politisch profilieren, was absolut legitim wäre, wenn es nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen würde, die mit dieser Kampagne eine echte Chance haben, nicht mit dem Rauchen zu beginnen.

Baerbel Hoehn
Ascher





brueckner

Eine Chance zum Nachdenken? Die bisherigen Plakataktionen regten kaum zum Nachdenken an. Mit markigen und flotten Sprüchen soll der Verbraucher weiterhin geködert werden. Selbst Dromedare, geschmückt mit Lack und Leder müssen herhalten, um den Absatz der Zigarette zu fördern. Und was sagt die Zielgruppe? Ist paffen tatsächlich out bei coolen kids?

Ein "cooles Kid"
Ich find das irgendwie nur Heuchlerei, weil die Kinder sollen ja nur warten, bis sie 16 sind, und dann dürfen sie rauchen, dann verdient der Staat kräftig dran und was weiß ich, wer noch alles, die Zigarettenindustrie. Ich finde es einfach total Scheiße, total heuchlerisch irgendwie.

Wer hat denn nun wen mit was überzeugen wollen? Geht die Kampagne an der Zielgruppe haarscharf vorbei? Dabei soll doch, laut Zigarettenindustrie, eindeutig und glasklar der Slogan vom frühzeitigen Rauchen abhalten. Werbung, die coole kids zum Rauchen veranlaßt, ist gesetzlich verboten.

Bärbel Höhn, Bündnis90/Die Grünen Umweltministerin NRW
Das ist ja vom Gesetz vorgegeben, Jugendliche nicht über Werbung zum Tabakgenuß aufzufordern. Das soll umgangen werden. Das heißt, eine neue Zielgruppe ansprechen, die Verbote umgehen und eben das Produkt doch an den Markt bringen. Und das haben wir gesehen, dagegen gehen wir vor. Eine Zigarettenindustrie, die Werbung dafür macht, daß nicht geraucht wird, daß halte ich für pervers, aber das müßte die Zigarettenindustrie eigentlich selber auch so sehen.

Die Zigaretten-Industrie versteht die Welt nicht mehr, die Campagne ist nicht heuchlerisch, sie soll doch nur Gutes tun.

Ernst Brückner, Geschäftsfüher Verband der Cigarettenindustrie
Wenn durch diese Kampagne weniger Zigaretten umgesetzt werden, dann ist das ein Preis, den wir bereit sind zu zahlen, das ist nicht heuchlerisch.

Finanzielle Verluste zum Wohle der Kids? Ob es denn mal ehrlich gemeint ist?

HG
ZURUECK
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