AKTUELL |
|
![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser.jpg) |
Es ist immer dieselbe Geschichte. Man lockt sie mit großen Versprechungen inÆs Land, per Touristen-Visum reisen sie ein. Junge Frauen aus den Armenvierteln der Welt, in der Hoffnung, hier für sich und ihre Familien in wenigen Monaten auf dem illegalen Arbeitsmarkt viel Geld zu verdienen. Der große Traum vom besseren Leben endet bereits am Frankfurter Hauptbahnhof, in den umliegenden Bordellen. Doch in diesen Fällen kassieren nicht nur die Zuhälter und Bordellbesitzer ab, sondern offenbar auch Rechtsanwälte. Die Prostituierten werden häufig von den Bordellbesitzern gezwungen, ihre Reisepässe bei einem Anwalt abzugeben. Dafür erhalten die Frauen eine Kopie ihres Passes, die allerdings kein rechtsgültiges Dokument ist. Die sogenannte "Verwahrung des Reisepasses" und das Ausstellen der Kopie, läßt sich der Jurist mit 100,-- Mark und mehr monatlich bezahlen, um die Aktualität der Kopie zu gewährleisten. Nichts Ungewöhnliches, ein Entgelt für anwaltliche Dienste zu nehmen, aber um so länger die Prostituierten illegal hierbleiben, um so mehr kassiert der Anwalt.
|
|
![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hg15045.gif) |
Ein Bericht von Barbara Völkel Das große Geld machen, davon träumemn sie alle. Als Touristen getarnt kommen sie ins Land, gelockt mit falschen Versprechungen. Die Rede ist von Prostituierten aus Südamerika, Endstation Bahnhofsviertel Frankfurt.
Maria, Prostituierte
Ich kam für die Schwester der Frau, die mich in Kolumbien angesprochen hatte. Und die sagte mir, daß ich nicht als Putzfrau, sondern als Prostituierte arbeiten müsse.
Bis zu 10.000 Dollar müssen die Frauen für sogenannte Vermittlungsgebühren bezahlen. Das Geld wird auf dem Strich abgearbeitet. Tausende werden so vermittelt, am wenigsten verdienen die Frauen selbst. Sie werden regelrecht abkassiert.
Maria, Prostituierte
Ich habe den Besitzer eines Bordells kennengelernt. Er gab mir eine 12-Stunden-Schicht und ich mußte dafür 250 Mark bezahlen. Pro Freier bekam ich im Durchschnitt 30 Mark. Mal waren es 20 Freier am Tag, manchmal 10. 9 Freier mußte ich allein bedienen, um die Schicht zu bezahlen. Die ging von 09.00 Uhr morgens bis 09.00 Uhr abends.
Um die Frauen noch rechtloser zu machen, werden sie von den Bordellbesitzern gezwungen, ihre Reisepässe bei einem Anwalt abzugeben. Die Rückzahlung der Vermittlungsgebühren ist damit endgültig gesichert, ohne Paß keine Ausreise.
Maria, Prostituierte
Der Betreiber des Bordells sagte mir, daß ich meinen Paß bei dem Anwalt abgeben müsse. Am Anfang akzeptierte er meinen Paß, weil er sagte, ich sei neu. Später wurde mir gesagt, ich müsse meinen Paß bei dem Anwalt hinterlegen, weil es ganz schlecht wäre, mit dem Paß herumzulaufen. Wenn einen dann die Polizei kontrollieren würde, würden sie etwas in den Paß hineinschreiben.
|
|
|
Anstelle des rechtsgültigen Dokuments erhalten die Frauen monatlich eine Kopie ihres Ausweises mit aktuellen Daten. Der Rechtsanwalt kassiert für die sogenannte Verwahrung zwischen 100,-- und 300,-- DM monatlich.
Handelt es sich hier um ein amtliches Dokument?
Job Tilmann, Staatsanwaltschaft Frankfurt
Nein, das ist sicher kein amtliches Dokument, sondern es ist eine Erklärung eines Rechtsanwaltes.
Bei polizeilichen Kontrollen, die häufig nachts oder am Wochenende stattfinden, können sich die Prostituierten nicht ausweisen und werden, da oft auch keine Möglichkeit besteht, die Angaben beim Rechtsanwalt zu überprüfen, festgenommen.
Die Rechtsanwaltskammer:
"Die Bedingungen für Ihre Festnahme wird durch das ungerechtfertigte Einbehalten des Passes durch den beauftragten Rechtsanwalt gesetzt und sie wäre vermeidbar, wenn sich die betroffenen Ausländer mit ihren Pässen legitimieren könnten."
Job Tilmann, Staatsanwaltschaft Frankfurt
Was dahinter steht, und deshalb gibt es überhaupt ein Ermittlungsverfahren, ist der Verdacht, daß mit Hilfe dieser als Bescheinigung bezeichneten Papiere bei der Polizei der Eindruck erweckt werden soll, daß die Frau sich noch innerhalb der zeitlichen Grenze hier in Deutschland bewegt, aufgrund des relativ aktuellen Datums dieser Bescheinigung, und möglicherweise bei den Frauen auch der Eindruck erweckt wird, daß sie mit dieser Bescheinigung sich hier in Deutschland bewegen können, auch über die Dreimonatsfrist hinaus. Das würde sich dann rechtlich auf Seiten des Anwalts als Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz darstellen.
Maria, Prostituierte
Ja, alle Frauen die mit mir dort in dem Haus gearbeitet haben, mußten ihren Paß beim Anwalt abgeben. Ich erinnere mich nicht mehr genau an die Adresse des Anwalts.
|
![Job Tilmann](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/tilmann.jpg) |
|
|
|
|
![Puff](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/puff.jpg) |
Nach umfangreichen FRONTAL-Recherchen ist der Name des Anwaltsbüros der Redaktion bekannt. FRONTAL forderte eine Stellungnahme des Rechtsanwaltbüros: keine Reaktion, weder auf Telefonate, noch auf unsere FAX-Anfragen.
Sie haben also Hausdurchsuchungen veranlaßt bei diesen Anwälten, wo eben dieser Verdacht bestand?
Job Tilmann, Staatsanwaltschaft Frankfurt
Ja, wir haben bei diesen Durchsuchungen festgestellt, daß in zahlreichen Fällen solche Bescheinigungen erteilt worden sind. Wir haben festgestellt, daß nicht in allen Fällen Anträge auf Aufenthaltserlaubnis gestellt worden sind. Wir haben festgestellt, daß in einer Reihe von Fällen auch die Aufenthaltsdauer der Frauen hier überzogen worden ist.
Ermitteln Sie weiter?
Wir ermitteln weiter, das Verfahren ist noch offen.
Ein lukrativer Nebenerwerb für manche Anwälte, die Verwahrung von Reisepässen. Eine andere Art von Ausbeutung. Der Jurist tritt sozusagen als vermeintliche Amtsperson auf, im immer größer werdenden Kreis derer, die an der Prostitution verdienen. Es ist ja so einfach, sich hier illegal aufhaltende Prostituierte zu schröpfen, denn die können sich nicht wehren.
|
|
|
|
|