AKTUELL |
|
![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser-2.gif) |
Eigentlich klingt das gut. Alte Gebäude werden erhalten, unter Denkmalschutz gestellt, um folgenden Generationen ein Stück Kulturgeschichte zu vermitteln. Doch wehe, wenn man selbst in einem Gebäude wohnt, das einem Denkmalpfleger inÆs Auge sticht.
In Niedersachsen, als noch in wirtschaftlich besseren Zeiten ein Denkmalschutzgesetz verabschiedet wurde, schwärmten die Kulturpfleger aus, um Schutzwürdiges zu finden. Und selbstverständlich wurden sie fündig, sonst hätte man ja keine Denkmalschützer gebraucht. Manche Bürger fühlen sich seitdem enteignet. Beobachten lassen wollten sich die Denkmalschützer nicht und ihre Entscheidungen vor der Kamera begründen, wollten sie auch nicht. Die Behörde befiehlt - der Bürger hat sich zu beugen.
|
|
![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hg14013.gif) |
Ein Bericht von Rita Knobel-Ulrich Ein Gespenst geht um im Landkreis Harburg in Niedersachsen. Der Denkmalschutz treibt dort sein Unwesen, in Gestalt von Denkmalschützer Dr. Wiese. Der Mann ist unermüdlich: schon 1000 Gebäude, Ställe, Bäume, Mauern hat er akribisch aufgelistet. Und wehe, wen das Votum trifft: "denkmalgeschützt!"
Bauer Hagen erinnert sich noch genau, wie es war, als die Denkmalschützer anrückten. Als erfaßt und katalogisiert wurde, traf es auch ihn.
Heino Hagen, Landwirt Aufgetaucht sind sie hier an der Straße und haben hier fotografiert - noch und noch. Und wir wußten gar nicht, was das zu bedeuten hat, bis ein Mann uns einen Tip gegeben hat: "Das sind Denkmalschützer". Später kam es so, daß irgendwie ein Termin stattgefunden hat und daß die Denkmalschützer bekanntgeben mußten, wer unter Denkmalschutz steht, weil das keiner wußte.
Inzwischen wissen die Hagens gut, was es heißt, denkmalgeschützt zu sein. Veränderungen sind genehmigungspflichtig und sie können froh sein, daß sie nicht Strafe zahlen müssen, für das, was sie schon verändert haben. Die Herren vom Denkmalschutz gingen vor wie die Inquisition:
Heino Hagen, Landwirt Wann ist das gemacht? - Ja, 1963. - Oh dann können wir da nicht mal mehr Bußgeld fordern.
|
|
|
Dann traf es die Familie Eggers. Vier Generationen wohnen hier: Oma, Eltern, Kinder, Enkelkinder. Die Familie will anbauen. Doch das Nachbarhaus ist denkmalgeschützt, Anbau abgelehnt. Die Familie bekam Post vom Amt:
"Der Neubau führt zu einer Beeinträchtigung für den Schauwert des Wohngiebels. Dies führt zu einer Verzerrung des Aussageswertes des Baudenkmals."
Da half auch nichts, daß Familie Eggers anmerkte, im Sommer sei der Schauwert des Giebels ohnehin nicht doll.
Kerstin Schlichting Den Wohngiebel sieht man im Sommer eh nicht mehr. Man sieht ja jetzt die ganzen Bäume und kann sich ja vorstellen wie das im Sommer aussieht. Dann sehen sie den Giebel sowieso nicht mehr.
Die Kosten für ein neues Grundstück muß das junge Paar allein tragen. Der Denkmalschutz übernimmt dafür keine Verantwortung. Er stellt nur fest, daß der Schauwert des Nachbargiebels geschützt werden muß, nicht etwa die Familie.
Ilse Eggers Ich kann das nicht glauben. Ich will das nicht glauben, daß sie unsere Kinder und Enkelkinder von unserem eigenen Grund und Boden vertreiben. Und da hat er zu mir gesagt: "Das brauchen sie nicht glauben, aber sie müssen sich beugen."
|
|
![Giebel](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/giebel.jpg) |
|
|
|
![STALL](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/stall.jpg) |
Und auch bei Bauer Jansen schlugen Dr. Wiese & Co. zu: Der Bauer erbte einen Hof mit Rinderstall. Und der steht unter Denkmalschutz. Der Stall müsse originalgetreu restauriert werden. Reiner Wahnsinn in BSE-Zeiten, findet der Bauer, denn Rinder sind das letzte, was er halten würde. Geld zum Renovieren hat er nicht. Er beschloß den Abriß, doch das wurde abgelehnt.
Klaus Jansen Dann kam das große Gremium inklusive Dr. Wiese, also Vertreter der unteren Denkmalschutzbehörde, der oberen, alles, ich weiß nicht - drei, vier Herren.
Was hat denn Dr. Wiese hier für schutzwürdig gehalten? Das ist die große Frage. Ich weiß es nicht, ob es der Jugendstil der Kälberboxen dort ist, oder die Pinkelrinne. Ich weiß es nicht.
Also bei den Kälberboxen hat er gesagt, die müssen so erhalten bleiben? Wir sollen ohne Genehmigung des Denkmalschutzes hier nichts verändern.
Unklar ist dem Bauern, warum gerade sein Haus unter Denkmalschutz steht. Das baugleiche Gebäude gegenüber ist nicht geschützt. Wir rufen beim Landkreis an. Nach welchen Kriterien gerät man unter Denkmalschutz. Doch: Auskunft vor der Kamera wird verweigert. Ohne Kamera und Mikrofon könnten wir kommen. Wir fahren hin und erfahren von Dr. Wiese: feste Kriterien gibt es nicht. Wörtlich:
Dr. Wiese Entscheidend ist die orts- und sozialgeschichtliche Bedeutung. Es gibt viele Gründe, warum ein Haus unter Denkmalschutz gestellt werden kann.
So genau wollten wir es nun auch nicht wissen. Im Dorf fragt man sich, was Denkmalschutz soll, wenn gleichzeitig ein Haus wie dieses, genannt "de kark" - Kirche - genehmigt wird. Sein einziger Vorzug aus Sicht der Dörfler: jeder ist bestens über alles im Leben der Hausbewohner informiert. Und die wohnen nur ein paar Meter vom denkmalgeschützten Giebel entfernt. Da fragt man sich beherzt: Wer schützt uns vor den Denkmalschützern!?
|
|
|
|
|