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Hauser Der berühmte kleine Unterschied war Programm, als vor 20 Jahren die Frauenzeitschrift EMMA gegründet wurde. Die Feminismus-Zeitschrift also im besten Girlie-Alter. Heute kennt jeder Zweite EMMA und noch bekannter als die Zeitschrift ist die Chefin, Alice Schwarzer, Deutschlands Vorzeige-Feministin. Frauen der ersten Stunde bei EMMA wurden mit Spott und Häme überschüttet, als sie in den 70er Jahren auszogen, die Domänen der Männer zu erobern. Demonstrationen, Weiberräte und Aktionen, die Frauen machten mobil. Und auch 20 Jahre nach Erscheinen, ist EMMA quicklebendig und redet immer noch mit "beim kleinen Unterschied."

Hintersetzer Ein Bericht von Rita Stingl

"Die Männer haben immer noch das große Wort, da kommen wir nicht gegen an."

Ja, ja, vor allem zupacken hieß es für die Frauen: voll im Beruf - Kinder - Haushalt - schaffen und schuften. Die Frau war dem Manne untertan. Doch Eva muckte auf, zog die Schürze aus - und ging auf die Straße - massenhaft. Gleiche Rechte - Selbstbestimmung - Männermuff ade. Eva wurde zur Emanze, erhob ihre Stimme, laut und vernehmlich: Deutschland in den 70ern. Die Zeit ist reif - für die Frauen und für Emma.

Alice Schwarzer
Ich mache Emma, weil es die einzige unabhängige Stimme ist, die sich wirklich für Interessen von Frauen einsetzt.

Männer müssen draußen bleiben. Frauen schreiben hier für Frauen. Keine Parteilinie, keine Sponsoren, aber ein klarer Auftrag: wider die Erniedrigung der Frau und gegen die Unterdrücker. Allen voran: Alice Schwarzer. Gründerin und Herausgeberin. Die erste Emma ging mit 200.000 in Druck und reichte nicht: Die Frauen stürmten die Kioske - die Männer sprühten vor Hähme.

Alice Schwarzer
Ja, das war natürlich abenteuerlich. Die sind ja schier ausgeflippt. Also in einer Fernsehsendung haben sie ja die Kommatafehler gezählt, ja, 38 Kommatafehler, das weiß ich noch. Das fand ich das allertollste, das war in den Abendnachrichten und der Spiegel hatte gezählt, wie oft man Schwarzer sieht. Er ist auf acht mal gekommen. Darunter war, glaube ich, fünf mal von hinten im Anschnitt im Interview mit Romy Schneider. Also, es hatte eine unvorstellbare Ebene.

Fortan machten die streitbaren Frauen von sich reden: zettelten den einen oder anderen Skandal an.1978 ficht Emma mit anderen Frauen gegen den Stern: Der Vorwurf - Sexismus. Sie kanzelt Fotos von Helmut Newton als faschistisch ab und zettelt die "Por-No Kampagen" an. Die Emmas erreichen zumindest eines: sie sind im Gespräch. Und, Emanze wird langsam zum Schimpfwort:

Alice Schwarzer
Nicht die Feministinnen sind häßlich, sondern das was sie sagen wird als häßlich empfunden. Feministinnen sind einfach unbequem und die Männergesellschaft ist es gewohnt, Frauen den Mund damit zu verschließen. Daß sie sagen, wie siehst du denn aus, nicht, was sagst du da, sondern, wie siehst du denn aus? Wie sagte Herr Newton, als ich seine Bilder kritisierte, wer ist denn das Fräulein Schwarzer, ich habe da ein Bild gesehen, sehr hübsch sieht die ja nicht aus. So, das sagt schon alles.

"Eine Emanze ist eine Frau, die ein bißchen zickig ist, würde ich mal sagen, mit der man nicht auskommt, als Mann und überhaupt."

Von Anfang an dabei: die Cartoonistin Franziska Becker. Sie hat den Kampf wider die Männerwelt über die Jahre mit spitzer Feder begleitet. Man hat seine Erfahrungen gemacht, bittere zum Teil. Der Kampf der Frauen wurde nicht nur gegen den Feind geführt, sondern auch im eigenen Lager.

Franziska Becker
Ich glaube, wir haben uns früher doch auch Illusionen gemacht über Sisterhood und wie toll und solidarisch alles ist. Und im Laufe der 20 Jahre haben wir gemerkt, daß Frauen ganz schön von unten treten oder auf fiese Art kämpfen und aus Selbsthass ihre Mitfrauen angreifen, weil sie denken, sie haben dann bei Männern eine Schnitte, was natürlich Quatsch ist.

Alice
FRONTAL " Ich mußte immer das Ruder in der Hand haben. Aber emanzipiert ist eine, sagen wir mal, wo der Mann unterm Pantoffel steht. Das ist æne Emanze.

Tabu-Themen waren es, die Emma als erste aufgriff: Kindesmißbrauch, lesbische Liebe. Und irgendwann hielten sogar die Männer Einzug. Emma verliert den feministischen Vorsprung. Wandelt sich von der Zeitschrift für Frauen zur Zeitschrift für Menschen.

Sabine Zurmühl
In den 20 Jahren ist politisch was entstanden, wofür wir ja gekämpft haben, daß in den anderen Medien die Themen aufgenommen werden. Inzwischen ist das in jedem Sender, in jedem Blatt sind zwischendurch die Themen, die wir als Tabuthemen und als Spielverderberinnen so aufgebracht haben, sind eben jetzt aufgenommen. Und ich finde das eigentlich politisch toll.

"Also, wir sind schon emanzipiert. Also, wir lassen das nicht durchgehen, von wegen Frauen an den Herd oder so."

Rund 55.000 Exemplare verkauft Emma nach wie vor und hält tapfer die Fahne des Femminismus tapfer hoch. Trotz aller Kritiken - auch von Frauen. Der Hauptfeind ist nach wie vor männlich.

Alice Schwarzer
Die sind ganz schön tricky: Sie sagen, ach, Emanzipation passé, die neuen Girlies wollen davon nichts wissen, die sind ganz emanzipiert und die alten Emanzen sind ganz verbissen und angestrengt und total out. Was wollen sie erreichen? Sie wollen erreichen, daß die nächste Generation wieder bei Null anfangen soll.

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