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Es ist nur eine Kampfpause, der Krieg ist noch nicht vorbei. Die Rede ist nicht von einem fernen Krisengebiet, die Schlacht findet bei uns statt. Es geht um die Auseinandersetzung zwischen den Autoriesen General Motors und Opel auf der einen Seite und Volkswagen auf der anderen. Der Rücktritt von VW-Vorstand Lopez war eine der Bedingungen für ein Ende der Feindseligkeiten.
Denn der Wechsel von Lopez, weltweit als Kostenkiller berühmt-berüchtigt, von General Motors zu Volkswagen, hatte den Autokrieg vor über drei Jahren ausgelöst. Die vornehmen Herren aus den Vorstandsetagen kämpfen seither ohne Hemmungen und mit allen Mitteln. Dabei scheint es dem amerikanischen Konzern General Motors mittlerweile weniger um den Schaden zu gehen, als den zunehmenden Erfolg von VW und Audi auf dem amerikanischen Markt zu stoppen. Und dazu scheint jedes Mittel recht. Denn die Ermittlungen richten sich seit kurzem nicht mehr allein gegen Lopez und seine engsten Mitarbeiter wegen Industriespionage, sondern ein amerikanisches -Gericht beschäftigt sich mit der Frage, ob Lopez und andere Topleute von VW sogar wie organisierte Kriminelle gehandelt haben.
Die wenigen Besonnenen auf beiden Seiten suchen jetzt einen Ausweg aus der verfahrenen Situation, wollen die Notbremse ziehen. Denn der Schaden aus der Schlammschlacht könnte beide Unternehmen treffen.
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Ein Bericht von Udo van Kampen und Alois Theisen FRONTAL präsentiert: Krieg der Konzerne
Dieser Mann war der Anlaß für den Krieg der Konzerne, Jose Ignacio Lopez, genannt der Schreckliche, einst vom weltgrößten Autohersteller General Motors zu Europas Nummer eins, zu VW abgeworben, anschließend als Industriespion verdächtigt und angezeigt. Sein Rückzug jetzt bewahrt VW vor einer Peinlichkeit: ein Vorstandsmitglied auf der Anklagebank.
Die Staatsanwältin Dorothea Holland - drei Jahre dauerten ihre Ermittlungen. Anfangs arbeitete sie alleine an dem Fall, später kamen zwei Kollegen dazu. Die Anklageschrift ist so gut wie fertig, das Ergebnis für Opel enttäuschend: Nur Lopez und drei oder vier seiner engsten Mitarbeiter werden demnächst angeklagt. Der VW-Vorstand ist aus der Sache raus - mit gänzlich weißer Weste: Keine Mittäterschaft, keine Benutzung von fremden Firmengeheimnissen, lautet das Ergebnis.
Für GM und Opel zu wenig: Sie wollten neben Lopez auch VW-Chef Piech auf der Anklagebank sehen. Seit März æ96 klagen sie deshalb vor einem US-Gericht nach dem sogenannten Rico-Act, einem Gesetz, nach dem sonst Mafia-Banden abgeurteilt werden.
Die amerikanische Front Jim Denvir heißt der amerikanische Chef-Justitiar von Volkswagen. Er hat einen harten Job. Mit 15 Anwälten versucht er Volkswagen in Amerika aus der Klemme zu helfen. Heute das erste Treffen mit den Anwälten der Gegenseite vor Gericht.
James Denvir, Chefverteidiger VW USA Ich kann nur für eine Partei sprechen, ich weiß das Volkswagen daran interessiert ist, einen Vergleich zu schließen. Allerdings: er muß für beide Seiten fair sein. Doch dazu müssen alle kompromißbereit sein.
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Einen ersten Test für einen möglichen Vergleich haben Anwälte beider Parteien heute ausgelotet. Hier im Federal Court House in Detroit, nicht weit vom GM Hauptquatier, hat Richterin Nancy Edmonds die streitenden Parteien eingeladen. Die energische Richterin läßt keinen Zweifel daran, daß sie das Verfahren schnell vorantreiben will. Letzte Woche ließ sie zu, daß VW unter dem berüchtigten Rico-Act verklagt werden kann. Ein wichtiger Teilerfolg für General Motors, eine Schlappe für Volkswagen.
Und gestern kam der zweite Schlag. Richterin Edmonds ließ zu, daß General Motors den VW-Konzern auch wegen Marken- und Urheberrechts verklagen kann. Das hat die Verhandlungsposition für Volkswagen weiter geschwächt. Der weltgrößte Autobauer ist in einer starken Position und läßt es seinen Wettbewerber spüren. Gerüchte über eine kurz bevorstehende außergerichtliche Einigung werden in Detroit dementiert. In der 90seitigen Klageschrift werden neben Lopez auch VW-Chef Ferdinand Piech der Verschwörung beschuldigt. Wenn VW-Boss Piech in Detroit vor Gericht erscheinen muß, will die VW-Verteidigung auch GM-Boss Jack Smith vor dem Kadi aussagen lassen.
James Denvir, Chefverteidiger VW USA Ich rechne damit, daß Dr. Piech aussagen wird. Er begrüßt die Möglichkeit, sich vor Gericht zu äußern.
Muß auch GM-Chef Jack Smith als Zeuge erscheinen?Ich gehe davon aus, daß auch Jack Smith dann als Zeuge geladen wird.
In Detroit glaubt keiner, daß es so weit kommen wird. Das Verfahren könnte sich bis zu vier Jahren hinziehen. Keine der Parteien kann daran Interesse haben. In den Detroiter Zeitungen wird VW als kriminelle Vereinigung, als Mob dargestellt. Doch auch in Amerika werden Stimmen lauter, die beide Parteien zu einem Vergleich drängen.
Prof. Gerard E. Lynch, Columbia University Natürlich hat der Fall überhaupt nichts mit organisiertem Verbrechen zu tun. Doch für den Leser, der schwarz auf weiß sieht, daß VW als Mafia beschuldigt wird, klingt es ernster als es wirklich ist.
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Blech- oder Totalschaden? Eine knappe Autostunde von Detroit entfernt, das Headquarter von Volkswagen in Amerika, es gehört zu den Beklagten. Der Streit kommt derzeit für VW und Audi ziemlich ungelegen, denn die Wolfsburger erleben derzeit einen Boom. Der Absatz floriert, alleine in den ersten zehn Monaten dieses Jahres konnte VW seinen Verkauf um 17 Prozent auf 117.000 Fahrzeuge steigern. Von Zurückhaltung der Kunden keine Spur. Die Jahresproduktion ist in Amerika schon ausverkauft. Der Streit der beiden Autogiganten, so behaupten VW-Händler, hätte auf das aktuelle Geschäft überhaupt keinen Einfluß. 90 bis 95 Prozent der amerikanischen Bevölkerung wissen gar nicht wer Herr Lopez ist. Das einzige was hier zählt, ist Preis und Qualität.
Auch Opel bringt der endlose Streit mit Volkswagen ein Imageproblem. Immer mehr halten die Firma inzwischen für ein amerikanisches Unternehmen.
Dabei ist Opel eine ursprünglich deutsche Firma, die 1928 von General Motors übernommen und vor dem Ruin gerettet wurde. Deutsche Autokäufer aber mögen traditionell aus Qualitätsgründen keine amerikanischen Autos.
Offiziell bestreitet Opel das Image-Problem, hat aber gleichwohl eine Kampagne in Auftrag gegeben. Deren Ziel: Renationalisierung, das heißt, Opel soll wieder als deutsche Firma erscheinen.
Kapitulation oder Waffentstillstand? Vor zwei Stunden: Ende der Auftaktrunde vor dem Detroiter Richter. Es war kein Gütetermin, es wurden nur Verfahrensfragen geklärt. Doch zwischen den Zeilen war Kompromißbereitschaft zu hören.
Jim Quinn, GM-Anwalt General Motors will Entschädigung und hat VW wissen lassen was sie von ihnen erwarten, um den Fall außergerichtlich zu lösen. Ich bin Anwalt und bereite mich weiter auf die Verhandlung vor.
Eine außergerichtliche Einigung im Autokrieg schien schon gefunden. Doch Hardliner haben sie verhindert. Dazu zählen Insider vor allem Hans-Wilhelm Gäb, Vize-Präsident General Motors Europa und Opel-Chef David Hermann. Die Hardliner verlangen ein öffentliches Schuldeingeständnis und Schadensersatz von VW, eine indirekte Rücktrittsforderung an VW-Chef Piech.
Bei VW rechnet man mit langen Waffenstillstandsverhandlungen. Aufsichtsratchef Liesen ist der Unterhändler für Volkswagen. Eine Kapitulation des Unternehmens soll es nicht geben. Insider aber schließen eine Ablösung von Piech im kommenden Frühjahr nicht aus.
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