AKTUELL
Hauser Nicht alles was in Deutschland unter Natur verstanden wird, verdient auch diese Bezeichnung. Gerade knapp 2 Prozent der Flächen stehen wirklich unter Naturschutz. Der Rest außerhalb zubetonierter Städte und Dörfer ist sogenannte Kulturlandschaft. Das bedeutet in der Regel intensiv genutzte Agrarstätten und öde Forstmonokulturen. Jedesmal, wenn es darum geht, in einigen Regionen längst ausgestorbene Tierarten - wie Luchse oder Uhus - wieder anzusiedeln, entbrennt ein heftiger Streit darüber, ob diese Tiere in der sogenannten Kulturlandschaft überhaupt eine Existenzberechtigung haben. Doch selten eskalierte ein Konflikt derart, wie zur Zeit im sogenannten Donaumoos, südlich von Ingolstadt. Dort wollen Landwirte, Wasserwirtschaftler und Kommunalpolitiker ein vor einiger Zeit ausgesetztes Nagetier, den Biber, möglichst umgehend wieder weghaben und sei es, indem man ihm den Schädel einschlägt.

Hintersetzer Ein Bericht von Klaus Heckenhahn und Astrid Henryson

Kurz vor Einbruch der Dämmerung bei Weichering am Rande des Donaumooses. Tatort: das Selleriefeld der Familie Moosleitner. Ein Untier namens Castor Fiber linnaeus treibt hier Nacht für Nacht sein Unwesen.

Bauer Moosleitner
Man siehtÆs, er kommt vom Weiher raus und der frißt so täglich seine drei Quadratmeter Sellerie ab.

Die Moosleitners haben alles versucht. Zäune wurden gezogen, Pflöcke eingerammt. Alles vergeblich. Mittlerweile sind weite Flächen des Selleriefeldes kahlgefressen und abgenagt. Mehrere tausend Mark Schaden sind entstanden. Entsetzen und Rätselraten.

Bäuerin Moosleitner
Ich weiß nur, daß ich noch nie ein Tier gekannt habÆ, seitdem wir Sellerie bauen, das den Sellerie mag!

Das selleriefressende Monster ist ein Biber. Wenn es nach manchen Bauern im Donaumoos geht, gehört diesen Nagetieren möglichst der Schädel eingeschlagen.
Das Donaumoos bei Ingolstadt. Eine intensiv genutzte Agrarsteppe. Auf den entwässerten Moorböden werden vor allem Kartoffeln, Rüben und Mais angebaut. Die Natur hat hier allenfalls am Rande Platz. Sogenannte Uferrandstreifen entlang der Entwässerungsgräben.
Die Biber - ursprünglich donauabwärts ausgesetzt - haben diese Gräben längst erobert. Seitdem ist im Moos der Teufel los. Von einer Invasion ist die Rede. Abgenagte Auenhölzer, unterhöhlte Wege und Fraßschäden haben vor allem die Bauern aufgebracht. Deren örtlicher Obmann, Michael Schmidl, ist empört. Die Entschädigungen sind viel zu niedrig, sagt er, die Landwirte seien immer die Dummen.

Michael Schmidl
... der Biber hat in dieser Kulturlandschaft nichts zu suchen. Es war ein Fehler, den auszusetzen!
FRONTAL
Wie soll man den wegbekommen?
Ja fangen! Fangen oder abschießen, man greift auch woanders regulierend ein, bei Wildschweinen oder bei Rehen, warum jetzt nicht? Auch wenn der Biber dargestellt wird, als der possierliche Nager.

Von wegen possierliche Nager, sagen die Bauern, etliche Verletzungen, umgestürzte Traktoren und sogar ein Todesfall gehen auf das Konto der Biber. Denn die unterhöhlen so ziemlich alles im ufernahen Bereich.

Kläranlage Adelshausen. Hier haben Biber vor kurzem einen massiven Dammbruch ausgelöst. Tausende Liter Klärwasser traten aus. Und hier liegt das Kernproblem. Die Gemeinde muß - wie fast alle Bibergeschädigten - für Schäden und Schutzmaßnahmen allein aufkommen. Da kommt Frust auf.

Bürgermeister Walter
Und diese Kostenschätzung, deren Vorlage man mit 90.000 Mark angibt, ist natürlich für uns, ohne daß da jemand diese Kosten übernimmt, nicht tragbar.

Jetzt sollen die unter Naturschutz stehenden Nager hier weggefangen werden. Aufgabe für Gerhard Schwab, Bibermanager des Kreises. Er hat teilweise Verständnis für den Zorn. Doch auf ihn dreschen alle ein, Bauern und Gemeindevertreter.

Gerhard Schwab
Rechtlich schaut es so aus, daß der Biber ein wildes, herrenloses Tier ist und für diese Tiere grundsätzlich von staatlicher Seite kein Schadensersatz geleistet wird.

Die Folge: Da keiner mehr für das sogenannte herrenlose Tier verantwortlich sein will, werden halt die Biber zum Sündenbock.




Ortstermin: Bibermanager trifft Bauern-Obmann. Es soll sachlich diskutiert werden, doch während des Interviews krachtÆs.
Die Biber bestimmen auch diesmal die Dramaturgie:
ein Traktor ist eingebrochen.

Schmidl
... wer zahlt die Achse? ....... für 2.000 Mark!
Schwab
Für Schäden gibts im Augenblick nichts...
Schmidl
Niemand, niemand...

Wut und Frust, da erklärt sich so manch eingeschlagener Biberschädel.

Schwab
Also wir haben die ganzen toten Biber, soweit sie uns gemeldet worden sind, eingesammelt und haben eine ganze Reihe von Bibern gefunden, bei denen also nur der Schädel eingeschlagen war. Wir haben auch einen gehabt, der eindeutig Schrotschüsse gehabt hat und wir haben auch jetzt noch eine Probe eingefroren von einem, der vermutlich vergiftet worden ist. Der hat keine äußere Einwirkung gehabt.
Schmidl
Wundert Sie das?
Schwab
Wundert mich nicht, es ist traurig.... es sollen Leute genötigt werden, so etwas zu machen...

Zerschmetterte Schädel, aufgebrachtes Landvolk. Und keine Lösung in Sicht. Dabei stehen die Biber nicht zuletzt für eine intakte Umwelt. Doch dafür gibt es
z. Zt. kein Geld. Solange im Moos fast jeder Quadratmeter unter den Pflug genommen wird, bleibt weder für den Biber noch für die Natur eine Chance.

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