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Wolfgang Grönebaum feiert sein 50jähriges Bühnenjubiläum


"So, hier sind Ihre Schlüssel!" Es war Wolfgang Grönebaum (69), der den ersten Satz in der ersten Folge der "Lindenstraße" sprach. Und damit im wahrsten Sinne ein "Mann der ersten Stunde" ist. Die schauspielerische Laufbahn Grönebaums begann jedoch viel früher. Vor genau 50 Jahren stand der Mann mit der sonoren Stimme erstmals auf einer Bühne. Ort: die Städtischen Bühnen in Essen. Seine Rolle: der zweite Mörder in "Macbeth". Und das, obwohl Grönebaum ursprünglich Medizin studieren wollte. Allerdings wurde nach dem Krieg sein Abitur nicht anerkannt. Durch Zufall traf er einen Freund, der an der Essener Folkwangschule eine Schauspielausbildung absolvierte. Grönebaum wurde hellhörig, sprach vor und wurde direkt aufgenommen.

Mit seiner ersten Rolle im "Macbeth" schaffte Grönebaum bereits während der Ausbildung den Sprung auf die Bretter, die für ihn in den nächsten Jahrzehnten die Welt bedeuten sollten. Auch sein zweites Engagement, im Jahre 1947 und diesmal in Castrop-Rauxel, kam überraschend. Grönebaum: "Ein Kollege war bei einer Schwarzmarkt-Razzia festgenommen worden. Ich sollte für ihn einspringen und habe natürlich sofort zugegriffen."

Grönebaum blieb auch in der folgenden Zeit dem Ruhrgebiet treu. Von 1947 bis 1949 war er am Schauspielhaus Bochum engagiert, spielte erst unter Saladin Schmitt, dann unter Hans Schalla. Bevorzugtes Charakterfach: Naturbursche. Dies entsprach wohl seinem Naturell, wurde Grönebaum doch in dem winzigen Dorf St. Garbs in der Nähe von St. Gallen geboren. Als Grönebaum drei Jahre alt war, zog die Familie nach Dortmund. Hier wuchs er auch auf. In seiner Heimatstadt unterhielt Grönebaum nach seiner Bochumer Zeit bis 1952 ein kleines Theater. Hier fiel er dem Intendanten der Städtischen Bühnen auf, wo Grönebaum dann zwischen 1953 und 1957 spielte.

Als nächste Station folgte das Düsseldorfer Schauspielhaus, an dem er von 1957 bis 1970 fest engagiert war. An seine Düsseldorfer Zeit, besonders an die Arbeit unter dem damaligen Intendanten Stroux, erinnert sich Grönebaum besonders gern. "Künstlerisch und menschlich war dies besonders interessant. Ich konnte alles spielen, was gut und teuer war."

Nach dieser Zeit betätigte sich Grönebaum als freischaffender Schauspieler - und startete seine nächsten Karrieren: die als Fernsehschauspieler und Sprecher. Allein 20 Jahre lang lieh er den Kommentaren in "Aktenzeichen XY" seine prägnante Stimme, sprach unzählige Geschichten in der "Sendung mit der Maus", war in Dokumentarfilmen stimmlich ebenso präsent wie in Hörspielen. Daneben ist Grönebaum als Sprecher für Werbespots gefragt. Ob Waschmittel, Hundefutter oder WC-Reiniger: Der Mann ist nicht zu überhören. Allein für mehr als 40 Biersorten hat sich Grönebaum stimmlich ins Zeug gelegt.

Auch als Fernsehschauspieler hat sich Grönebaum einen Namen gemacht. Seit Mitte der 60er Jahre steht er vor der Kamera. So spielte er unter anderem in den Serien "Unser Dorf" und "Die Gemeinderätin", agierte im Mehrteiler "Der Winter, der ein Sommer war", spielte in "Smog" ebenso wie in "Stellenweise Glatteis".

Und dann kam die "Lindenstraße". Auch nach fast elf Jahren findet Grönebaum Gefallen an der Rolle des Egon Kling. "Der Mann kann einem leid tun. 40 Jahre Ehe mit Else sind wahrlich kein Pappenstiel. Kein Wunder, daß er jetzt genug davon hat und sich scheiden lassen will." So viel ist sicher: Wolfgang Grönebaum wird der "Lindenstraße" auch 1996 treu bleiben - 50 Jahre, nachdem er das erste Mal auf der Bühne stand.


lindenstrasse@wdr.de

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