Date: Fri, 21 May 1999 16:26:58 +0200 From: Marc Albrecht albrecht@act-net.com To: petra.struck@online-club.de Subject: "Abschied" Moin, wenn ich gewusst h�tte, wie verhasst wir sind... h�tte ich schon fr�her meinen Hut genommen :-) Kurze Zusammenfassung: Ende M�rz haben wir einen detailierten, gesch�ftsm��igen Brief an Herrn Collas gesendet, da wir in der gegenw�rtigen Situation des Amiga keine Chancen mehr f�r zuk�nftige Projekte, geschweige denn aktuellen Support sahen. Nach mehreren Wochen antwortete Collas zumindest, da� er die Mail erhalten und bald pers�nlich beantworten wollte. Als Mitte Mai noch immer nichts passiert war - obwohl wir eindeutig um eine Stellungnahme bis Ende April gebeten hatten - haben wir nochmals eine Mail abgeschickt, deren Erhalt Collas uns wiederum best�tigt hat. Es ist bis heute nichts geschehen. 1997 hat Herr Tyschtschenko auf der Computer97 Support f�r zukunftsoffene Projekte auf dem Amiga versprochen - auch in finanzieller Form, in erster Linie aber Information, Kooperation und technischer Support. Auch 1998 wurde diese Zusage nochmal wiederholt. Bis heute hat - meines Wissens - niemand solchen Support erhalten (vielleicht bis auf Haage und Partner), obwohl NACHFRAGEN danach aufgetreten sind. 1997 wurde ein neuer Amiga mit neuer Hardware und komplett neuem OS angek�ndigt. Um Applikationen f�r dieses System schreiben zu k�nnen brauchen Entwickler neben einigen Jahren Zeit detailierte Informationen - nicht nur �ber die APIs (die oft nicht im Vorfeld definierbar sind) sondern gerade Aussagen �ber Art des Systems (Kernel), voraussichtliche Hardware-F�higkeiten etc. Es ist nichts geschehen. 1998 war dann irgendwann die neue Hardware kein Thema mehr, es ging nur noch um ein auf Neutrino (von der Firma QNX) aufgesetztes OS. Dieses OS sollte NICHT kompatibel zu Neutrino sein - was wiederum Entwicklungen im Vorfeld unm�glich machte, denn solange man nicht wei�, welche Parameter f�r eine Portierung zu �ndern sind, kann man nicht sinnvoll f�r den zugrunde liegenden Kernel entwickeln. Anfragen nach genaueren Spezifikationen wie z.B. verwendete Standards (MSFC oder andere) wurden nicht beantwortet. Ende 1998 sollten Entwicklungsplattformen zur Verf�gung stehen. Es ist nichts passiert. Anfang 1999 gab es dann zum wiederholten Male einen Wechsel an der F�hrungsspitze von Amiga Inc. Der neue Mann (Collas) versprach endlich den Entwickler-Support, den man von einer ser�sen Firma erwartete. Gleichzeitig reagierte er auf Anfragen jedoch mit der Ausflucht, er habe so viel zu tun, da er so viele Anfragen bek�me, da� er nicht jede einzeln beantworten k�nne. Das ist wohl kaum nachvollziehbar, da es auch in Amerika arbeitslose, jedoch sehr f�hige PR Leute gibt. Amiga selbst hat f�r die Entlassung eines der f�higsten K�pfe im Bereich "Evangelismus" bzw. �ffentlichkeitsarbeit vor die T�r gesetzt: Fleecy Moss. Jeder darf erwarten, da�, wenn f�hige Leute entfernt werden, die verbleibenden die Aufgaben mit �bernehmen. Es ist nichts geschehen. A.C.T. hat seit Mitte der 80er Jahre f�r Kunden Hard- und Software - auch f�r den Amiga - entwickelt. Wir haben stets gro�en Wert auf die Zusammenarbeit mit unseren Kunden gelegt, waren und sind aber selbstverst�ndlich auch auf normale Kooperation mit den Herstellern bzw. Zulieferern von Produktkomponenten angewiesen. Wenn wir eine neue Hardware entwickeln, brauchen wir normalen Support seitens der Hersteller der verwendeten Chips. Diesen Support gibt es von vielen Firmen - von manchen nicht. Also k�nnen wir nur Chips von denen verwenden, die einen Support f�r kleine Entwickler zur Verf�gung stellen - die Produkte anderer Hersteller, die uns f�r unwichtig halten, k�nnen wir entsprechend nicht verwenden. So konnten wir 1997 z.B. nicht unsere geplante Soundkarte auf YAMAHA Chips�tzen realisieren. Wie oben beschrieben war und ist es uns also unm�glich, eventuell eine fernen Tages erscheinende zuk�nftige Amiga Systeme zu unterst�tzen. Anders als Amiga Inc haben wir keine "Bank" (O-Ton Tyschtschenko) namens Gateway im R�cken, die uns �ber Jahre hinweg die Geh�lter zahlt, bis wir endlich mit Entwicklungen loslegen d�rfen. Wir m�ssen jetzt und heute arbeiten und Geld verdienen. Was bliebe �brig, um die Zeit bis zum Erscheinen eines neuen Amiga Systems zu �berbr�cken (und bis auf diesem System die ersten Applikationen verkaufsreif w�ren bzw. der Markt gro� genug ist, da� er Firmen tragen kann)? Die "Classic-Plattform". Wie einigen bekannt ist, sind wir im letzten Jahr von einigen Amiga-H�ndlern ziemlich im Stich gelassen worden. Die dabei entstandenen finanziellen Verluste haben sich leider im Laufe der Zeit zu sehr summiert, so da� wir nur noch auf feste Vorbestellung hin, teilweise mit Vorauskassen-Unterst�tzung produzieren wollten. Dies ist LEIDER von den H�ndlern nicht angenommen worden. Eine seltsame Situation, da manche der selben H�ndler, die uns Vorauskasse f�r Produkte NICHT zahlen wollten, eben diese Vorauskasse von ihren Kunden f�r UNSERE Produkte verlangt haben. Mit anderen Worten: die Produktion (und auch die Weiterentwicklung) unserer Produkte kostete und kostet monatlich nennenswerte Betr�ge. Durch die Verluste und die - verh�ltnism��ig - minimale Gewinnspanne (die von den H�ndlern nat�rlich noch gedr�ckt wird) hat sich mittelfristig ergeben, da� Vollzeitproduktionen nicht mehr finanzierbar sind. Hinzu kam, da� wir mit Zulieferern erhebliche Qualit�tsprobleme hatten und haben, so da� zu viele Hardwareprodukte in Nachbesserungen lange Zeit brach liegen. Rechnungsm��ig hat sich der Verkauf eigener Amiga Produkte also als "Hobby" herausgestellt, das nicht geeignet war und ist, allein eine Firma tragen zu k�nnen. Diese Erfahrung d�rften mittlerweile alle Amiga-Hersteller best�tigen k�nnen. Wir haben jedoch weder die Resourcen noch den Ehrgeiz, auf MacIntosh oder PC Hardware-Produkte anzubieten, zumal in unserem Fachbereich die Konkurrenz global und sehr hart ist. F�r Amiga-Verh�ltnisse waren wir in der Lage, unsere Produkte akzeptabel auf dem Markt zu plazieren. Wie wir mehrfach zugesagt haben, werden wir sowohl unsere Hardware als auch unsere Software Produkte weiterhin supporten. Das hei�t: wir arbeiten PRIVAT weiter an unseren Amigas und werden - soweit unsere FREIZEIT dies zul��t - an den meisten Produkten weiter entwickeln. So wird z.B. demn�chst das Digital-IO Modul f�r die Prelude erscheinen und es sind noch weitere Samplitude Releases geplant. Wir m�ssen aber, auch, um Zeit f�r neue Produkte zu haben, einen "offiziellen" Schlusstrich ziehen. Wir k�nnen nicht jahrelang behaupten, weiterhin jederzeit Produkte zur Verf�gung stellen zu k�nnen, wenn tats�chlich solches Vorgehen mit finanziellen Verlusten verbunden ist. Wir waren Amiga-Fans. Die Erfahrungen mit Amiga in den letzten drei Jahren haben uns das meiste unserer Begeisterung f�r diese Plattform genommen. Da� wir dennoch privat an unseren Amiga weiter arbeiten, sollte eindeutig genug zeigen, da� der "echte" Amiga eine Begeisterungskraft erzeugt hat, die sogar die Katastrophen der letzten Zeit - und den "offiziellen" Abschied vom System �berlebt. Auch unsere Sponsoring-Aktionen, die Jobb�rse und die bestehenden Kooperationen f�hren wir auf kleinerer Basis fort. Abschlie�end sei mir die Bitte an diejenigen gestattet, die mir ihren Hass und Frust so brutal per EMail ins Gesicht schleudern m�ssen: ich finde es peinlich zu sehen, da� Ihr euch nicht einmal traut, eure EMail Adresse als Absender einzutragen. Ich habe allein in den letzten 24 Stunden �ber 40 Flames ohne korrekten Absender erhalten - wenn all diejenigen statt dessen an der Umfrage teilgenommen h�tten: was f�r ein Ergebnis w�re dabei herausgekommen! Wir mussten in der Vergangenheit mehrere Sofwareprojekte vor Fertigstellung abblasen, da die Raubkopierer-Situation auf dem Amiga ein Release zum finanziellen Fiasko h�tte werden lassen (denn ein Release bringt Support-Anforderungen mit sich und verlangt weitere Entwicklungen). Das Beispiel des MPEG Layer3 Encoders zeigt IMHO, da� heute mehr als je zuvor die vielen EHRLICHEN Amiga-Anwender unter den (wenigen) schwarzen Schafen zu leiden haben, die mit Raubkopien oder illegalen Ports besser zu leben glauben als mit offiziellen, legal erworbenen Lizenzen. Diese Situation besteht auf jeder Plattform. Aber auf dem Amiga ist sie t�dlich. Marc Albrecht, am 21.05.1999