Bad Ischl - Aus der Geschichte Bad Ischls



In ruhigeren Zeiten war eine Neuigkeit im Salzkammergut eher Grund zur Beunruhigung, und kamen Fremde ins Land, handelte es sich meist um Soldaten, Flüchtlinge oder umherziehendes Gesindel. Als dann der Fremdenverkehr zum Alltag gehörte, waren die Leute von irgendwoher zwar immer noch fremd genug, doch gerade dieser Umstand machte sie interessant, und ihre für heimische Begriffe recht exotische Art zu leben, sorgte stets für unterhaltsamen Gesprächsstoff.


Sogar die Erkenntnis, daß es auch unter den feinen Leuten Glücksritter, Scharlatane und Gauner gab, war nicht mehr allzu aufregend. So berichtet das �Echo der Berge� ganz locker vom Eintreffen des ersten Kurgastes im Jahr 1874.�Am 13. Mai langte hier mit dem Stellwagen von Ebensee ein elegant gekleideter Herr an und logierte sich in Stöger's Gasthaus ein. Obwohl dem Herrn, welcher sich für einen Fabriksbeamten ausgab, seine finanziellen Verhältnisse sehr derangiert zu sein schienen, ließ er sich unbekümmert durch 8 Tage hindurch die besten Speisen und Getränke auf sein Zimmer bringen, that sich beim Vöslauerwein ganz gütlich, ohne daß er während dieser Zeit zur Bezahlung seiner Zechschuld, die schon ein nettes Sümmchen betrug, Miene machte.

Derselbe lenkte somit die Aufmerksamkeit seines Gastgebers auf sich und die stattgefundene Landesstreifung bot die Veranlassung zu seiner von der Gendarmerie vorgenommenen Verhaftung. Erwähnenswert ist noch, daß dieser unbekannte Gast, einem eingelaufenen Telegramme nach, als ein raffinierter Gauner bezeichnet wird.�

Die neuen Moralbegriffe, die mit der großen, weiten Welt in das Salzkammergut gekommen waren, konnten einen Christenmenschen ja wirklich verwirren. Da gab es etwa einen Alexander Girardi, der Katharina Schratt den Hof machte, die aber doch mit dem Kaiser auffallend vertraut war. der aber seinerseits eine Ehefrau hatte, die ihrerseits wiederum von all dem wußte.

Dann heiratete Girardi endlich durchaus standesgemäß eine Schauspielerin, Helene OdiIon, und kaum war alles in bürgerlicher Ordnung, fing seine Frau eine Affaire nach der anderen an. Als Girordi zu ihrem Erstaunen damit nicht einverstanden war, versuchte sie, ihn loszuwerden. Zwei prominente Ärzte erlogen ihren Einflüsterungen und erklärten den unerwünschten Ehemann per Fehldiagnose für �von Kokain befallen, irrsinnig und gemeingefährlich�.

An die Polizei erging der Befehl, Girardi festzunehmen, der aber hatte auch gute Freunde, erfuhr davon, eilte zu Katharina Schratt und diese servierte dem Kaiser die Nachricht mit dem Gugelhupf zum Kaffee. Franzjosef mochte Girardi, die Schratt mochte er noch viel mehr, also wurde in geradezu unösterreichischem Eiltempo die leidige Angelegenheit applaniert, und das Parlament verabschiedete sogar ein Gesetz zum �Schutz von Privatpersonen gegen gewaltsame Irrenhausinternierung seitens ihrer Verwandten�.

Girardi hielt seit damals nicht mehr sehr viel von Ehen in Künstlerkreisen und vermählte sich lieber mit der Stieftochter des Klavierfabrikanten Ludwig Bösendorfer, der Baronesse Leonie Latinovics. Als sie ihm bald darauf einen Sohn gebar, berichteten die Wiener Zeitungen, Girarcti sei Vater von Zwillingen geworden.

Seine Entgegnung bestand aus nur einem Satz: �Von Theaternachrichten ist immer nur die Hälfte wahr�.