Steiermark - Alpenrausch und Ennstalblick



Aussteigen !

Die Höhen und Tiefen des Alltages abschütteln, um "aufzusteigen" und nur mehr die Höhen wirken zu lassen, am besten irgendwo in der wunderbaren Bergwelt der Dachstein-Tauern-Region. Mit Bergführ, Seil und Haken. Kondition, Tritt- und Höhensicherheit vorausgesetzt. Früh am Morgen. Respektvoll kreisen die Blicke vom Fuße eines Berges hoch oben. Beinahe etwas demütig, den ersten Griffen und Tritten am Felsen kribbelt es noch an den Händen und Füßen. Doch bald ist das Vertrauen da.

Hellwach !

Mit dem Adrenalinpegel beschleunigt auch der Puls auf 100, schneller als jedes motorisierte Gefährt. Das Fixseil beruhigt, Haken sichern. Ja ! Muskeln fokussieren den Punkt, den nächsten Tritt, Felsritze, den nächsten Vorsprung im Gestein und Schuhspitzen krallen sich fest. Jeder Zug bringt einen höher. Frühmorgendliche Nebelfetzen treibt der Wind um die Felsen. Wolken türmen sich in luftigen Höhen. Beinahe unbeschreiblich. Da ist das Gefühl, diese Wände besiegen zu können, mit eigenen Gedanken, Entscheidungen und Aktionen. Überwältigend. Der Gipfel.

Durchatmen ! Schauen !

Das Panorama. Eine Naturschönheit reiht sich an die andere. Hunderte Gipfel tauchen auf. Es ist alles so unendlich weit, - und so still ist es hier. Ein Selbstwertgefühl sondergleichen, ein Rausch...



Ein energischer Zug an den Leinen und die Fläche mein Schirms steht prall gefüllt über mir, beschleunigen, ein kräftiger Abstoß und aus dem "Erdling" wird ein Flieger. Nur wenige Sekunden, ein fließender Übergang, vom Laufen zum Gleiten, Empfindungen, zwischen Spannung und Erwartung. Ein guter Start, aber doch schon Vergangenheit.

Nun gilt es den nächsten Aufwind zu finden, ohne viel Höhe zu verlieren. Die beruhigende Stimme meines Fluglehrers klingt mir im Ohr. Nicht deine Kraft ist es, die dich steigen läßt, dein Gefühl ist es, deine Intuition. Fliegen heißt im Einklang mit der Natur handeln.

Da ! Leichtes Steigen stellt sich ein, sofort einkreisen schreit es in mir, trotzdem versuche ich Ruhe zu bewahren. Vorsichtig lenke ich meinen Gleiter in eine flache Kurve, das Steigen hält an, wird stärker und schon sind die ersten Meter gewonnen. Lautlos, getragen von der ureigensten Energie der Natur, steige ich kreisend an Berghängen vorbei. Mit zunehmender Höhe scheinen auch menschliche Grenzen zu verfließen, der Alltag ist fern.

Langsam weicht die Anspannung, eine Flut an Erlebnissen läßt mich fast auf's Atmen vergessen. Erst jetzt bemerke ich die mächtigen Riff Kalkwände des Hohen Dachstein im Norden, sanfte Gipfel der Niederen Tauern im Süden, saftig grüne Wiesen an beiden Seiten der Enns, viel Freiraum für Naturliebhaber, das Städtchen Schladming, die vielen Feriendörfer.

Dabei kommen mir meine Freunde wieder in den Sinn. Ich beschließe bald zu landen, freue mich auf ein kühles Getränk und ein Gespräch mit meinen Freunden.