MagnaMedia · AMIGA-Magazin · Interview

Aktuelles Heft 11/97

Kontra Warp

Zur heftigen �ffentlichen Diskussion um WarpUP haben wir Wolf Dietrich von phase 5 befragt.

Wolf Dietrich (phase 5):�Die Vorgehensweise von Haage & Partner lehnen wir strikt ab�
AMIGA-Magazin: Warum kritisieren Sie WarpUP von H&P in sehr direkter und massiver Form?

W. Dietrich: WarpUP ist eine Software-L�sung, die das Starten der PowerUp-System-Software (PPS) unterbindet. Als Folge davon k�nnen keine auf der PPS basierenden Programme mehr aufgerufen werden. Dies betrifft die von phase 5 mitgelieferte Software, Erweiterungen von CyberGraphX (PPC-CyberGL-3D-Library oder PPC-MPEG-Library) und all die Programme der Hersteller, die PowerUp-konforme Software entwickeln. Wir k�nnen daher den Anwendern nur dringend von WarpUP bzw. damit arbeitender Software abraten und �bernehmen keine Gew�hr f�r die Funktionalit�t von PowerUp-Systemen, auf denen WarpUP installiert wurde.

AMIGA-Magazin: H&P wirbt mit technischen Vorteilen und h�herer Geschwindigkeit des WarpUP-Kernels. Was sagen Sie dazu?

W. Dietrich: H&P vermittelt den Eindruck, da� WarpUP zus�tzliche Funktionalit�t zur Verf�gung stellt, was f�r uns nicht ersichtlich ist. H&P fehlt grunds�tzliche Einsicht in die Hardware-Funktionalit�t, was sich in ihrem Produkt wiederspiegelt. Die PPS stellt einen PPC-Kernel mit umfangreichen Features zur Verf�gung, wie z.B. ein Messagesystem, das den parallelen Betrieb mehrerer Prozessoren erm�glicht. H&P verwendet einen �berholten Weg des Wechsels zwischen den Prozessoren innerhalb eines Programms. Hierbei treten Kontextwechsel auf, die viel Zeit kosten, und die Prozessoren arbeiten sequentiell anstatt parallel. Dieses Verfahren ist massiv langsamer als unser Prinzip, das den Kontextwechsel vermeidet und Multiprocessing verwendet. Durch die konzeptionell falsche Implementation von H&P wird wesentliche Leistung der PowerUp-Boards verschenkt, was wir nicht guthei�en k�nnen; auch die M�glichkeit des Multiprocessing wird vollkommen vernachl�ssigt. Des weiteren baut die L�sung von phase 5 generell auf zukunftsorientierten offenen Standards auf, die H&P nach unserer Auffassung nicht bietet.

AMIGA-Magazin: phase 5 wird durch H&P Kontrolle �ber Softwareentwicklung vorgeworfen und vom Amiga-OS abr�cken zu wollen. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?

W. Dietrich: Als Systemhersteller der PowerUp-Produkte ist es �blich und sinnvoll, da� wir eine einheitliche L�sung anbieten und den HAL (Hardware Abstraction Layer) kontrollieren, der von der Hardware abstrahierte Software erlaubt und Kompatibilit�t gew�hrleistet. Was die AmigaOS-Frage betrifft: Wir empfehlen den Entwicklern modulare und strukturierte Programmierung, die die Software objektorientiert und in Hinsicht auf ein neues OS zukunftstauglich macht. Ein solches neues OS kann ein AmigaOS-Update sein, oder auch ein alternatives OS. Wenn Software-Entwickler jetzt f�r den neuen Prozessor entwickeln, dann sollte ihre Arbeit auch f�r kommende Betriebssysteme vorbereitet sein � alles andere w�re kurzsichtig. Im �brigen ist dies ein Thema, das wir mit Amiga International, Inc. diskutieren, mit denen wir in Kontakt stehen.

AMIGA-Magazin: H&P lassen Probleme bei der Zusammenarbeit anklingen, warum?

W. Dietrich: Die Tatsache, da� wir H&P lange unterst�tzt haben, beweist das Gegenteil. Fakt ist allerdings, da� H&P vom Beginn der PowerUp-Entwicklung an versucht hat, an der Entwicklung zu partizipieren, eigene Standards einzuf�hren und den StormC-Compiler zum exklusiven Entwicklungstool zu machen. Wir haben dies abgelehnt, da wir offene und zukunftsorientierte Standards verfolgen. Wenn H&P behauptet, wir h�tten nicht �ber ihre Alternativen diskutiert, so ist dies falsch; sie konnten lediglich keine leistungsf�hige und zukunftsorientierte Software-Technologie anbieten.

AMIGA-Magazin: Was ist Ihre Position zur WarpUP-Vermarktung?

W. Dietrich: Die Vorgehensweise von H&P lehnen wir strikt ab. Wir erachten es als nicht akzeptabel, da� mit umstrittenen und teilweise technisch unrichtigen Darstellungen eine Software in den Markt gedr�ngt und als Standard etabliert werden soll, die beim Anwender zu massiven Kompatibilit�tsproblemen f�hrt, und deren offensichtlicher Existenzzweck darin liegt, ihrem Hersteller Einflu� auf zuk�nftige Entwicklungen zu erm�glichen. Da� H&P als Hersteller von Entwicklungs-Tools, Anwendersoftware und Systemerweiterungen (JAVA) nun Kontrolle �ber m�gliche OS-Entwicklungen der Zukunft erringen will, zeigt eine massiv monopolistische Strategie auf, die wir � wie auch andere Entwickler � als besorgniserregend betrachten. Eine von H&P propagierte �Hardware-Unabh�ngigkeit� setzt �brigens voraus, da� alle Hardware-Entwickler die H&P-L�sung �bernehmen � einschlie�lich Amiga International, Inc., was eher unwahrscheinlich ist.

AMIGA-Magazin: Wie ist die Reaktion von phase 5 digital products auf die WarpUP-Vermarktung durch die Firma Haage & Partner?

W. Dietrich: Wir werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um unsere Entwickler und Anwender vor massiven Problemen durch eine von der H&P-Software erzeugte Inkompatibilit�t zu sch�tzen. Ein erster Schritt ist damit getan, da� wir uns der praktisch uneingeschr�nkten Unterst�tzung der PowerUp-Entwickler versichert haben; Resultate in Form von PowerUp-Software werden auf der K�lner Messe �Computer 97� zu sehen sein. Wir werden H&P dar�ber hinaus keine Entwicklerunterst�tzung mehr gew�hren. Da WarpUP unseren HAL umgeht, wird es daher h�chstwahrscheinlich inkompatibel zu zuk�nftigen PowerUp-Varianten sein, bei denen aus technischen Gr�nden das Hardware-Design unterschiedlich ist.

AMIGA-Magazin: Danke f�r das Gespr�ch.

lb


Interview

Gehen Sie auf Warp...

J�rgen Haage � Mitinhaber der Softwareschmiede Haage & Partner � stand dem AMIGA-Magazin Rede und Antwort zu den aktuellen Entwicklungen in Sachen PowerAmiga.

J�rgen Haage: �Reaktionen wie diese von phase 5 sind sehr unproduktiv�
AMIGA-Magazin: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, WarpUP zu entwicklen und wer war daran beteiligt?

J.Haage: Von einer Idee w�rde ich hierbei nicht sprechen. Vielmehr ist es die Notwendigkeit einer solchen Entwicklung, f�r eine sichere Zukunft des Amiga-Marktes, die unsere Konzeption dabei vorsieht. Als Hersteller des StormC-Entwicklungssystems haben wir immer die Bestrebung, alle wichtigen Amiga-Entwicklungen mit unserem Development-System zu unterst�tzen. Unsere Philosophie bei der Umsetzung ist es, den Entwicklern ein Werkzeug an die Hand zu geben, das es erm�glicht, mit weitgehend geringem Aufwand die beste L�sung zu erzielen.

Einen ersten Schritt in diese Richtung demonstrieren wir mit unserer Entwicklung von �StormWIZARD� f�r AmigaOS und p.OS und mit der p.OS-Unterst�tzung durch StormC. Entwickler, die StormC und StormWIZARD nutzen, k�nnen mit geringem Aufwand f�r beide Plattformen ein identisches Erscheinungsbild f�r ihre Software schaffen. Wirtschaftlich betrachtet ist das ein sehr wichtiger Faktor. Aber alternative Betriebssysteme sind nur eine Entwicklungsrichtung und ein neuer Prozessortyp eine ganz andere und wesentlich komplexere Angelegenheit, dessen Unterst�tzung nicht nur f�r den Augenblick betrachtet werden darf.

Unsere Autoren Michael Rock, Jens Gelhar und Jochen Becher konzipierten bereits lange vor der Existenz der PowerUP-Boards die Unterst�tzung von PowerPC-Prozesoren durch unsere Entwicklungssysteme. Wir begannen bereits im M�rz 1996 mit der Verwirklichung unserer Konzepte noch weit vor Bekanntwerden, wie die L�sung von phase5 aussehen wird. Erst im Oktober vergangenen Jahres holten wir Sam Jordan an Bord, der sich durch die Entwicklung eines PowerPC-Assemblers und 68-PPC-Cross-Assemblers ein gro�es Wissen �ber die PowerPC-Handhabung angeeignet hat. Gemeinsam mit Michael Rock verwirklichten beide zun�chst die zur phase5-L�sung kompatible Variante (Version 7) der Hardware-Abstraktion und sp�ter die unabh�ngige und flexiblere L�sung.

AMIGA-Magazin: Die Ver�ffentlichung von WarpUP hat in der Szene f�r einigen Wirbel gesorgt! Sie kennen sicher das Statement von phase 5 im Internet � was sagen Sie dazu?

J.Haage: In knapp zweij�hriger Entwicklungszeit haben wir mit StormC-PowerPC, StormPowerASM und WarpUP eine Hardware-unabh�ngige PowerPC-Unterst�tzung fertiggestellt. Die L�sung wurde am 26.09.97 auf unserer Homepage im Internet und am 28.09.97 auf dem Amiga-Treffen in Hof der �ffentlichkeit vorgestellt. Das fertige Paket wurde kurz zuvor, am 26.09.97, auch bei phase 5 vorgef�hrt, denn wir waren und sind der Meinung, hiermit einen wertvollen Beitrag zur Unterst�tzung der PowerPC-Plattform zu leisten. Bei phase 5 ist man jedoch offensichtlich nicht dieser Meinung und ver�ffentlichte am 28.09.97 ein sehr emotionales Schreiben, in dem die Aufl�sung der Zusammenarbeit angek�ndigt und L�sungen wie WarpUP und StormC-PowerPC als unbrauchbar bezeichnet wurden. Reaktionen wie diese von phase 5 sind sehr unproduktiv. Sie bringen den gerade wieder neu belebten Amiga-Markt durcheinander und helfen weder Amiga-Firmen noch den Amiga-Anwendern.

Die Angriffe seitens phase 5 gegen unser WarpUP-Paket sind unserer Meinung nach eine un�berlegte �berreaktion. Entgegen der Darstellung durch phase 5 besteht unser Paket sowohl aus einer zur phase-5-L�sung kompatiblen � als auch aus einer alternativen L�sung. Der Anwender hat hier die Entscheidung, welche L�sung er bevorzugt. Die kompatible L�sung war bei phase5 immer bekannt und wurde auch geduldet, umso unverst�ndlicher ist f�r uns deren angek�ndigte Absage einer weiteren Unterst�tzung und die Herstellung einer absichtlichen Inkompatibilit�t zu unserer L�sung.

Statt dem konsequenten Ausschlu� einer Softwarel�sung mu� dem Anwender die M�glichkeit geboten werden, durch Ausprobieren eigene Erfahrungen zu sammeln und gemeinsam vern�nftig �ber Vor- und Nachteile aller M�glichkeiten zu diskutieren. Wer diese Freiheit verwehrt, zeigt diktatorische Z�ge mit dem Hintergrund, sich vor Konkurrenz zu sch�tzen. Wir bieten allen interessierten Anwendern und Entwicklern Einblick in unsere Entwicklung. Das komplette Archiv mit Demoprogrammen, die auch auf einem 68K-Amiga (ab 68040) lauff�hig sind und einer bereits vielfach gelobten Dokumentation, die von allen selbst beurteilt werden kann, stellen wir auf unserem FTP-Server (ftp.haage-partner.com) kostenfrei zur Verf�gung. Wer nicht �ber einen Internet-Zugang verf�gt, findet das gesammte WarpUP-Paket auf der Amiga Magazin CD-ROM zu dieser Ausgabe. An dieser Stelle m�chte ich kurz auf die Falschdarstellung um unseren Einsatz des angeblich ebenfalls Amiga-fremden Hunk-Formats aufkl�ren.

Im Schreiben von phase 5 liest man, da� wir mit WarpUP angeblich unser eigenes �Extended-Hunk-Format� etablieren wollen, das vom Amiga-Hunk-Format abweicht und genau wie das ELF-Format eine propriet�re L�sung darstellt. Uns beweist diese �u�erung, da� man sich bei phase 5 nie mit unserer L�sung besch�ftigt hat, um einen Wissensstand �ber unserer L�sung zu erhalten, der eine solche Falschaussage verhindert h�tte. Das �Extended-Hunk-Format�, dessen Definition wir bereits seit Monaten auf unserer Homepage f�r alle Interessierten ver�ffentlichten, ist lediglich ein Format f�r Programmobjekte und nicht f�r ausf�hrbare Programme.

In der Vergangenheit der Software-Entwicklung f�r den Amiga wurden immer wieder Ver�nderungen des Hunk-Formats f�r Programm-Objektcodes vorgenommen, um beim Binden (Linken) der Objekte und Bibliotheken mehr Vorteile erzielen zu k�nnen, sei es f�r eine h�here Geschwindigkeit oder die Kompatibilit�t zu anderen Bibliotheksformaten zu wahren. Das daraus entstehende ausf�hrbare Amiga-Programm war davon jedoch nie betroffen, da es zwangsl�ufig eine Ver�nderung der Betriebssystemfunktion LoadSeg() zur Folge gehabt h�tte.

Genauso verh�lt es sich auch bei unserem �Extended-Hunk-Format�. Der Linker erh�lt dadurch lediglich die Informationen, was 68K- und was PPC-Hunk ist und bindet das Programm dann zu einem ganz normalen, unver�nderten AmigaOS-Hunk-Format. Kein Grund also, unsere L�sung als propriet�r zu bezeichnen, da wir alles so handhaben, wie es bereits seit �ber 10 Jahren gehandhabt wird.

AMIGA-Magazin: Die �ffentliche Diskussion um WarpUP kann die Amiga-Gemeinde spalten � wie wollen Sie das verhindern?

J.Haage: Wir haben nie beabsichtigt, mit unserer innovativen Entwicklung den Markt zu spalten. Ich gehe auch nicht davon aus, da� die entbrannte Diskussion eine Spaltung des Marktes zur Folge hat. Vielmehr versucht phase 5 momentan eine Spaltung des Marktes k�nstlich zu forcieren, um Hardware-Wettbewerbern ein gr��eres Risiko beim Einstieg in den Amiga-PowerPC-Markt zu vermitteln. Mit WarpUP wollen wir genau das Gegenteil erreichen. Unsere Entwicklung zeigt eindrucksvoll, da� keine Notwendigkeit dazu besteht, ein neues Executable-Format oder Verfahren zur dynamischen Anbindung von Bibliotheken zu schaffen. Das Amiga-Betriebssystem bietet seit jeher alle Eigenschaften, die ben�tigt werden, um neue Prozessortypen zusammen mit oder ohne dem vorhandenen 68K-Prozessor zu nutzen.

Die Hinweise seitens phase 5 zur Einf�hrung solcher neuen Techniken f�r neue OS-Versionen m�ssen Sie als aufmerksamen Leser unverkennbar von deren Absichten �berzeugen, in naher Zukunft das AmigaOS durch eine eigene Entwicklung abzul�sen. Die Rechte zur Weiterentwicklung des Amiga-Betriebssystems liegen aber bei Amiga International, Inc., die diese mit Sicherheit nicht f�r eine abweichende Entwicklung aus der Hand geben werden. Bei allen notwendigen Diskussionen zur Schaffung einer standardisierten PowerPC-Schnittstelle f�r das AmigaOS darf nie vergessen werden, da� es die Anwender sind, die unseren Amiga am Leben erhalten und keine einzelne Hard- oder Software-Firma. Am Ende der Diskussion mu� es also hei�en: Und die Gewinner sind: Die Amiga-Anwender.

AMIGA-Magazin: Haben Sie mit WarpUP bestimmte Zukunftspl�ne?

J.Haage: Wenn es im vorausgegangenen Gespr�ch nicht deutlich zur Sprache kam, m�chte ich es jetzt noch einmal betonen. Wir m�chten unsere Entwicklung nicht auf nur einen Hard- oder Software-Hersteller ausrichten. Wir bieten allen Software-Herstellern L�sungen, die es ihnen erm�glichen, den gesamten Amiga-Markt mit hervorragenden Produkten zu versorgen. Was gerade bei der Einf�hrung neuer Prozessortypen und auch neuer OS-Versionen beachtet werden mu�, ist die Wirtschaftlichkeit neuer Entwicklungen. Jeder Software-Hersteller wird sich dar�ber freuen, wenn er mit wenig Aufwand seine Software auch auf dem PowerPC deutlich beschleunigen kann. Das ist mit dem Einsatz unserer Entwicklungswerkzeuge gew�hrleistet. Aber auch Hersteller anderer Entwicklungswerkzeuge haben diese M�glichkeit.

Der Markt ist zur Zeit noch sehr klein. Die wenigen Boards, die jetzt verkauft werden, lassen viele Software-H�user erst einmal abwarten. Mit unserer Entwicklung k�nnen wir flexibel auf den Markt reagieren und werden jede Hard- und Software-L�sung unterst�tzen, die neu erscheinen wird. Wir w�nschen uns, da� noch mehr Hersteller PowerPC-Hardware anbieten und freuen uns auch �ber eine entsprechende Entwicklungsrichtung von Amiga International.

AMIGA-Magazin: Danke f�r das Gespr�ch.

lb

MagnaMedia Hauptseite

� Copyright by MagnaMedia Verlag AG, Haar bei M�nchen
Ver�ffentlichung und Vervielf�ltigung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags


Kommentare, Fragen, Korrekturen und Kritik bitte an Webmaster AMIGA schicken.
Zuletzt aktualisiert am 18.Oktober 1997.