Datenschleuderer unter sich Die I. Hacker-Tagung in Hamburg Bericht von Werner Pieper "Informarforz - where con I ger some? InformananÄthat's wkatineedsome Live me a lirtle Information. . . If only I couid Und a way. . . what need Es u lead, but 1 doch know where to Start... Information" Dave Edmunds, Information Ich laufe durchs winterliche Eidelstedt. Eben bin ich mit dem Nachtzug ange- kommen. Nun suche ich das Brger- haus. Dort findet die erste Tagung des Chaos Computer Club statt' der Com- puter Hacker Verschw”rung. Dave Ed- munds Information' hallt mit maxima- ler Lautst„rke vom Walkman in meine grauen Zellen. Aufwachen! Brgerhaus! Treten Sie ein. Das Tagungshaus hat „uáerlich den Charme eines Beh”rdenhauses der DD~ aus den Fnfzigern. Gerade freue ich mich ber das Erfolgserlebnis, den Ein- gang hinten gefunden zu gaben, schon strzt ein Knabe mit fanatischen Augen und einem Detektor auf mich zu. "Foto- apparat? Waffen?'. Der Piepser piepst wie verrckt. Aber eine K”rper-und Ta- schenkontrolle f”rdert nichts Unerlaub- tes zu Tage. OK. Eine Karte bitte (Ein- tritt fr zwei Tage 30 DM, fr Mitglieder 20 DM, fr Frauen 10 DM, fr die Pres- se 50 DM). Glcklicherweise habe ich die Ankndigungen genau gelesen und ein gefordertes Paábild dabei. Das wird in den Ansteckausweis geklebt, auf dem auch dein Name (muá Ja nicht der richti- ge sein) und deine Spezialgebiete einge- tragen werden. PC? Funkt BTX? Engl.? Mein Vorsatz hellwach zu werden wird durch die bequemen Sessel im Archiv- und Kopierraum zunichte gemacht. Ich bin pnktlich. Aber ein Dutzend anderer waren pnktlicher: sie haben schon eine Nacht durchgemacht. Fr nicht wenige ist dies die erste von drei N„chten ohne nennenswerten Schlaf. šberall stehen elektronische Versu- chungen herum: mehrere Videomaschi- nen kopieren ("Dr. Wau's gesammelte Auftritte in ARD u. ZDFi' u.a.), der frs Wochenende zur Verfgung gestell- te Fotokopierer kommt berhaupt nie zur Ruhe und im Computerraum unten geht man mit den Bits nicht zimperlich um. Nix von wegen ,Bitte ein Bitl'. Hier gehts um Megabites, so scheint mir. Die Tagung findet in mehreren R„u- men in zwei Stockwerken statt. Die Hauskommunikation erfolgt mit Hilfe von Feuerwehrtelefonen zum Kurbeln. Der Besucherstrom setzt ein. Viele Leute suchen einen Platz fr ihren Schlafsack. Ob sie ihn wirklich brauchen werden? Frhe Ausgaben der DATENSCHLEU- DER, dem Vereinsorgan des CCC wer- den verlangt und mssen kopiert wer- den. Die DATENSCHLEUDER ist meist bald vergriffen. Chaos Aufkleber? Abh”raufkleber? ,With Chaos you can't go wrang'' Chaos Paraphernalia. r„t Ich setz mich ins Archiv und bl„tter in herumliegenden Papieren. ,Security of Sensitive Areas in working hoursÄ The new philosophy.'Ä,Proof of Iden- titiyÄA review'. Infos des Bundesmini- sters des Innern. ,Innere Sicherheit' auf Graupapier, lOO~o schonend. Immer mehr Jungs schauen herein. Eigentlich nur Jungs. Auch in den kommenden zwei Tagen wird es kaum Frauen geben hier. Hacken ist eine M„nnerdom„ne. Die einzigen Frauen die auftauchen wer- den sind die Fernsehassistentinnen. So gesehen ist das ganze recht un-sexy. An- dererseits ist es ein Vergngen, so viele pickelige unattraktive Jnglinge, so gut drauf zu erleben. Die Jungs wissen, daá sie ein Ding gefunden haben, das span- nender ist als Disco. Nix ,No Future'r: Hier sind die lustigen Hackerbuam. Alle auf einem Haufen . Das ist was anderes als die endlosen N„chte daheim vor dem einsamen Terminal, die man ihnen Je- doch ansieht. Etliche blasse Gesichter fhren Selbstgespr„che. Stimmengewirr reiát mich aus meinen l~auschalbeobachtungen. Zumal, was soll ich klagen, hab ich mir doch ein 20 DM-Zimmer auf der Reeperbahn ge- mietet wo meine Provinzleraugen genug von der andern Seite der menschlichen Medaille sehen. "ln der WDR Computer bin ich leicht reingekommen'" "Echt?!". Im Hauscafe wird schon heftig gefachsimpelt. Drei bayrische Junghak- ker versuchen ihre selbstgebastelte Hak- kerzeitung zu verkaufen. Was fr ein Er- folgserlebnis fr sie, als ich eine erstehe. Sie haben nur ein paar Stunden Zeit und mssen dann wieder nach Mnchen. Ob die Eltern das ahnen? Aber vielleicht waren die damals ebenso pfiffig um mal in den Starclub zu kommen. Ich bin in ei- nem Haufen Mutanten gelandet. Alle reden und ich verstehe Bahnhof. Im Computer-Raum Dimmern die Bildschirme. Unerkl„rliche Zahlenko- lonnen auf laufendem Meter. Vor jedem der 20 Monitore sitzt/steht eine Traube Neu-Gieriger. Jungs tauschen Disketten wie ihre Vorv„ter Briefmarken. Der heu- tige Vorteil: die Sch„tze lassen sich ko- pieren. Das erz„hlte mir auch ein Segeltuch- macher im Hafen. "Was, bei der' Hak- kern sind Sie? Das sind doch die Piraten vor' heute. Sie kupernfremde Schiffe und rauberz die Sch„tze. Nur Fristdecher als frher. " Vor einiger Zeit war ich auf einer eu- rop„ischen Fachmesse fr technische Kommunikation. Dort gab es 180 Vor- tr„ge in zwei Tagen und genausoviel Fachchinesisch wie hier. Aber was fr Unterschiede. Dort war alles gezwun- gen, nur Krawattentr„ger und Graur”k- ke, Wichtigtuer und Blasierte. Hier ist Leben. Da h„ngt einer am BšX, soll ich ihn rausschmeiáen? ruft jemand aus der Kommandozentrale. Gefragt wird Wau. Wa sagt: ,Jau!~. Wa hatte dereinst die Chaos-Vision, und die Wirklichkeit hat ihn einfach positiv berrumpelt. Er ist Veranstalter, Hauptredner, Ansprech- person fr die Presse wie Provinzhacker. Er hat ja auch erst letzthin den Coup mit den 130000 DM gelandet. Er kann es sich leisten, schmunzelnd eine Essensein- ladung von dem Schwarz-Schilling aus- zuschlagen. Er sieht verwegen aus. Gera- de wie ein Piratenk„pten. Er erz„hlt im Vortragsraum was ber MaIlboxen. Ich mul3 mich erst langsam an die Sprache gew”hnen: An Sternchen Verdeern nllr die Post . . . es muá so einfach wie Flip- pern sein . . . Incom Mai/ Box ist OK . . . Andere haben zu komplizierte Befehis- spracken . . . Mainoxer Sturzen noch ah ... Mall Box ist zei/enorientier' ... BTX seitenorientiert ... Dann strzt Wau mitten im Satz selber ab. Moment, ich bin kurz drauáen. Kein Wunder, schon eine Nacht durchgemacht, und der Streá nimmt zu. Die Multi User Box ist ein Ziel, aber finanzieR nickt erreich- bar. Zur Telebox will ich nicht viel sa- gen, die spricht gegen sich selbst.... Mit L”schbefehlen wie, /all ' streut man den Leutendoc}2 Scheibe ins Hirn ... Unterliegen Hausklingeln der Genehmi- gungspflicht? A ach eine Trklingel be- de7~tet einen ,rar~mherschreitenden Da- tenvericehr'. Warum sollen dann Mo- dems aus selbstgebastelten C~mmist”p- seln anmeldepflichtig sein? Die Postho- heit sollte an der Steckdose endend Apotheker benutzen unangemeldete Modems. Bei legalen Problemen maá einfach jeder selber wissen, wie eng er das sehen wil/., Und wenn ungebetener Besuch von der Post kommt, so sagen sie ihm durch den Briefschlitz der Tiir: ,Rufen Sie mich doch bitte vorher an.' Auch ein Postler braucht einen Haus- durchsuchungsbefehl. Das ist Er Pro- blem. Die eine Seite, die Post, versteht nichts, aber drftet die die arg”dere Seite Ädie Polizei, versteht, aber darf nicht. Postlernfitze sind gut, und Wau's Hu- mor kommt allemal rber. Auf die gute englische Art. Ein Hacker macht einen Fehler rar einmal versehentlichÄfort- an mit Absicht. Man dankt ihm mit sat- tem Applaus, und er gibt noch einen gu- ten Tip fr Telefonfreaks: Die B2`ndes- post hat [hefte und Bcher zum Thema Telefon. Da steht alles drin, um ein Tele- fonsystem zu verstehen. Und wenn man es versteht kann man damit arbeiten. Vor allem, was zwischen den Zeilen steht, ist das Geld wer'. Jaja, hier haben oft die dmmsten S„tze die tiefste Be- deutung. Aber manchmal auch nicht. Im Zoo ist ein Delphinbaby gstorben. ich mache einen Reeperbahnbumme], esse und laufe gegen Mitternacht wieder im Tagungszentrum ein-. Da sitzen 20 hard core Hacker und hacken. Hands on Lid