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- sehen
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- Leute haben. Die müssen teilweise den ganzen Tag Fernsehen
- gucken und darüber befinden. Sozusagen psychische Folter
- gegen finanzielle Entschädigung.
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- In einer halben Stunde die Dienste des Internet zu erklären und
- vorzuführen, war zwar nicht wirklich in der ausführlichen
- Variante möglich, aber irgendwie zumindest im groben. Meine
- Vorgabe war, denen nicht nur zu vermitteln, an welche techni-
- schen Probleme Informationsblockaden stoßen, sondern vor
- allem, warum das aus gesellschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist.
- Kernkonflikt ist für mich dabei Kanal- gegen
- Kommunikationsmodell, genauer: repräsentativ gegen interak-
- tiv.
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- Denn die Vorstellung, man müsse zum Schutz der Gesinnung
- repräsentativ für den Zuschauer sorgen, kontrollieren und zen-
- sieren stammt genauso wie das Fernsehen selbst aus der alten
- repräsentativen Medienwelt. Im Fernsehen wird für einen
- gedacht, gehandelt und getan. Genau das halte ich für den ver-
- dammenden Faktor. Durch eine Teilnahmesimulation am
- Geschehen wird im Gehirn ein Prozess ohne eigene Teilnahme
- projiziert. Das so Erlebte ist aber eben nicht erlebt, sondern nur
- rezipiert. Denn durch reinen Medienkonsum - oder etwas netter
- formuliert, durch reine Informationsaufnahme - entsteht noch
- keine Weisheit.
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- Nur durch verstandene Erfahrung entsteht Bewußtsein, wenn
- überhaupt. Also etwa
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- Erfahrung + Information (Verständnis)=
- Bewusstseen
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- Das Schöne an Kommunikation ist, daß man dadurch Erfahrung
- macht. Will sagen, man muß nicht gegen jede Wand selbst fah-
- ren, es genügt oft, mit jemandem zu reden, der es gemacht hat.
- Und manchmal sogar, mit jemandem die Möglichkeit des
- Vorhandenseins der Wand mit Hilfe Dritter zu erörtern.
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- Die Förderung freier und ungehinderter Kommunikation steht
- vielleicht aus diesem Grund sogar in der Satzung des Chaos
- Computer Club. Inzwischen habe ich für mich jedenfalls klar,
- wie wichtig dieser Gedanke ist. Und das ist sozusagen das
- Kommunikationsmodell, interaktiv. Damit meine ich sozusagen
- die volle Interaktivität zwischen den Teilnehmern. Wer
- Interaktivität auf die "Auswahlinteraktivität" einer
- Fernbedienung reduziert, begeht eigentlich ein Verbrechen am
- Wort, wenn nicht an der Menschheit. Mit der Errichtung einer
- technischen Infrastruktur, die volle Kommunikationsinterakti-
- vität zu]ässt, ist allerdings noch keine Vernetzung der
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- Wie ~nten~c~leu~cr
- Nummer 57, Dezember 1996
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- Teilnehmergehirne erreicht. Oder, um es mit Waus Worten zu
- formulieren: durch technische Netzwerke entstehen keine sozia-
- len Netzwerke. Zumindest nicht zwangsläufig
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- Erwähnenswert erscheint mir im Rahmen dieses
- Gedankenspiels noch etwas, was ich im Rahmen einer
- Podiumsdiskussion auf den "Multimediatagen Schleswig-
- Holstein" neulich erlebte. Zusammen mit Helmut Thoma,
- Geschäftsführer von RTL und einigen anderen
- "Persönlichkeiten" durften wir laut über die Frage nach der
- zukünftigen :Entwicklung sinieren.
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- Thoma war vor mir dran und kam gleich zum Kern:
- "Aber der Konsument will doch gar keine
- Interaktivität, der will Unterhaltung, Sport und
- Spannung" faßte er seine Auffassung etwa zusammen.
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- Auf meine zunächst vorsichtig formulierte Frage, ob
- denn das Fernsehen den Menschen nicht in eine Rolle
- presse, aus der er gar nicht mehr herauskommt und nur
- die Auswahl zwischen den verschiedenen Programmen
- und dem Ausschalter (noch) lässt und vor allem' ob
- denn die Möglichkeit einer aktiven Mediennutzung erst
- einmal geschaffen werden müsse, um zu beurteilen,
- welche Anforderungen die Menschen haben, wußte
- Thoma gleich die Antwort: "Der Konsument will das nicht."
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- Ich dachte zunächst, er hätte mich nicht verstanden. Und führte
- das noch etwas aus: Es wäre ja zumindest möglich, daß ein ver-
- änderter Mediengebrauch (vom Konsumenten hin zum
- Aktivbenutzer) durch veränderte ("neue") Medien eintritt.
- Doch - wie ich schließlich einsehen mußte - scheiterte das
- Gespräch und der Informationsaustausch an einem begriffli-
- chen Definitionsproblem. Jedesmal, wenn ich "Mensch" sagte,
- verstand Thoma "Konsoment". Traurig, aber wahr. Für ihn
- besteht die Menschheit aus Konsumenten - andere Bilder passen
- da nicht rein.
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- Im Grund genommen, möchte ich abschließend sinnieren, hat
- sich Thoma in seiner eigenen VR eingeschlossen: in einer
- Begriffswelt, aus der er blöderweise nicht mehr rauskommt
- Dumm gelaufen. Viel dummer gelaufen ist allerdings die
- Entwicklung - die beschert Thoma wohl Zeit seines Lebens noch
- ein fettes Einkommen. Und wir und zukünftige Generationen
- müssen dann mit den so produzierten Konsumenten klarkom-
- men. Elleibt als Trost nur Wargames: "Things will never be the
- same. Ar~dy M.-M.
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- Die ~nten~c~leuber
- Nummer 57, Dezember 1996
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- Ralt 8runows~y
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- Herr Thoma, was ist mit dem Vorwurf, daß
- das Fernsehen das Aktivitätspotential syste-
- matisch abgebaut hat?
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- Prof. Or. ffelmuf Thoma
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- Das haben Unterhallungsangebote schon seit
- dem Altertun' an sich Auch in einer Oper
- kann man nicht eingreifen und den Hange
- lungsahlaul wesentlich verändern. Da Wöhrden
- kleine Revolutionen ges<:hohen.
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