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Chaos Computer Club 1997 February
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1997-02-28
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7KB
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198 lines
der Vollstwendigkeit
aus gegebenen anlass muss ausdruecklich darauf hingewiesen werden, dass die 'allgemeine
Genehmigung fuer den ton- und fernsehrundfunkempfang' in der Bundesrepublik nur zum
rundfunkempfand berechtigt. der empfang anderer funkdienste ist ausschliesslich den dazu
besonders befugten Personen gestattet. der vorsaetzliche empfang anderer funkdienste ist somit
verboten. wer unbeabsichtigt solche Aussendungen aufnimmt, darf Informationen ueber Inhalt
und umstaende der Sendungen (ausgenommen bei notrufen) nicht an dritte weitergeben. ein
verstoss gegen das fernmeldeanlagengesetz ist (auch wenn man nicht erwischt wird) strafbar.
ausserdem duerfen in der Bundesrepublik Deutschland zum funkempfand nur solche geraete
bereitgehalten werden, die den technischen Vorschriften der deutschen bundespest entsprechen
(ftz-nummer).
verboten ist also beispielsweise auf den frequenzen des bka Wiesbaden im interpol-datenverbund
oder auf telex-stationen der Seefunkdienste mitzulesen. ausserdem ist es Selbstversjaendlich
untersagt auf eigene taust die weiten der kurzwellenbetender nach botschaftsnetzen, den
Presseagenturen und anderen diensten abzusuchen, deren frequenzen und Sendezeiten zu
notieren, diese Informationen an andere weiterzugeben (s.o.) und Sich ein eigenes bild ueber
fernschreiben weltweit zu machen. denn aktuell ist er halt immer noch: der fernschreiher...
silor3h1 ws 850806 0615 (c) by r otis
Nies 6 - ~0
Ein Hobbyanker hat mH einem
H.lmcomputer den Interpol-Code
"b~kL
Donnerstag letzter Woche, 19.06 Uhr,
Interpol Wiesbaden an Interpol
France, Meldung Nr. 5021: Wer den
Computertermine laufen in hellgrünen
Buchstaben abgesetzt, die Daten einer
verdächtigten Pe~on, die in einer Frei-
burger Diskothek gesehen wurde.
Nächste Meldung um 19.10 Uhr: In-
terpol Wiesbaden wie von Interpol Lon-
don wissen, welche Rolle eine in Portu-
gal festgenommene deutsche Frau bei
einem Transpor von 1800 Kilodamm
Haschisch gespielt hat.
Ohne Pause Rentnern die Nachrichten
Ober das Sichtgerat. Meldung Nr. 509I
um 19.25 Uhr: Interpol Wiesbaden gibt
Detail Über einen internationalen
Fabichgeldring an Interpol Paris. Mcl-
dung Nr. 5033 um 19.31 Uhr: luter-
po] Wiesbaden will über Interpol Neu-
Delhi, Islamabad genaue Angaben Ober
einen Hereintransport und ,,Jimmy
haben.
Die gehtunen Jobermittlungen polizei-
licher Erlcenntnisse und Fahndungses~u-
chen durch Interpol, von Hawail bis
Islamabad, waren letzten Donnerstag im
Keller eines Dreifamilienhauses an Hes-
siechen w verfolgen - auf dem Bild-
schirm eines Heimcomputers.
Ein 27jahnger Hobbyfunker und
Computerfreak hat den Code des Inter-
pol-Nachnchtenverkehrs geknackt und
kann nun, rund um die Uhr, die brusan-
ten Meldungen mitlesen - und noch
mehr.
Um 19.38 Uhr schmeißt der Hacker,
"nur mal als Test", bei einer Nachricht
von Interpol Wiesbaden den Adressaten
Interpol Den Haag raus und empfangt an
seiner Stelle die Meldung Nr. 1734' ohne
k~
daß die beiden Polizeidienststellen das
merken. Es geht um die Beteiligung
eines Llnv-Unternehmens an einem
Konkursbetrug.
Und auch das funktioniert: Der Com-
putcrbastler schaltet sich unter dem Kur-
zel IPBQ, der Kennzeichnung Für die
abgeblockte Dienststelle in Holland, in
den Informationsfluß ein. Interpol:
»QRU (ich habe nichts vorliegen) TKS
(Wo) Gold bye." Hobbytracer:
"Hier alles erhalten TKS auch QRU
Guten Abend." Interpol: "Ok Danke."
Die Einschaltung des Computer-
fummlers zeigt, wie bruchig das von
den Polizeibehorden so gelobte Interpol-
Fualcnetz tatsachlich ist. In den höchsten
Tonen hat das Bundeskriminalamt
(BKA) die technische Neuerung geprie-
sen: Das Ausland biete nun "für keinen
Tfiter mehr Schutz", heißt es in einer
BItA-Werbebroschöre, "auch bei eilbe-
dÜrhigen Warnungen vor geplanten Ver-
brechen, wie Sprengstoffanschlagen und
FlugzeugentfÜhrungen, hat sich die
Funkhbermittlung als sehr wirksam
erwiesen".
Ein Funkspruch, gibt sich das BKA
überlegen, "kann schneller warnen, als
KriminelIen lieb ist".
Seit nun aber Computer In den Wohn-
und Spielzimmern stehen, konnen offcn-
kundig Freizeitfunker den Polizei Code
knacken. Und so ist es auch denkbar,
daß Kriminelle durch Interpol-Meldun~
gen erst gewarnt werden und sich in
Sicherheit bringen. Die gar nicht mehr
abwegige Vorstellung, der Schlüssel zum
Interpol Code liege auch in den Händen
terroristischer Gruppierungen oder der
Mafia, könnte viele Fahndungspannen
erklären.
Nicht nur daß Verbrecherorganisatim
nen bei sandigem Mitschnitt der Mel-
dungen erführen, wann es Zeit zum Ab-
tauchen ist. Sie können durch Einspeisen
gezielter Fehlinformationen falsche Spu-
ren legen und dadurch ganze Fahndungs-
einheiten binden. Und die erschrecken-
de Vision ist naher geruckt, die Daten-
banken im BKA könnten von Unbe-
kannten angezapft werden.
Die technische Ausrüstung, die der
hessische Amateurfunker zum Aufspu-
ren benutzte, Ist gar nicht anspruchsvoll:
Das könne man "alles In einem VW-Bus
unterbringen'`, sagt er, "und von der
Autobatterie speisen lassen`'. Dem
Computerfan steht ein 50 Watt-Sender
zur Verfugung, und ein Empfangsgerat,
den Decoder zur Obersetzung der Funk-
siguale, hat er "selbst gebastelt". Das
Heimcomputer-Set mit Disketten-Lauf-
werk, Terminal und Rechner vom Typ
Cornwodore CBM 64 ist für rund ~00
Mark erhältlich - eine "reine Hobbyaus-
rustung".
Der Privatfunker hat insgesamt sechs
Kurzwellen-Frequenzen ertastet, über
die Interpol sendet. Ein "ausgebildeter
Programmierer", so schätzt er seine Lei-
stung ein, mhBte "bei zäher Arbeit in
einer Woche den Code gelbnackt
haben". Oc]e~ er l;eSi ~o.] ~ Deka!
Seit etwa drei Wochen steht die Kel-
ler-Anlage auf Interpol-Empfang, lange
genug, um Einblick in alle Interpol-
Aktivitaten zu erlangen. Der Computer-
&n bekam mit, wie polizeiliche Sicher-
heitsvorkehrungen zum Schatz promi-
nenter Personen im Ausland erteilt wur-
den, und auch Fahndungshinweise nach
der Ermordung des Industriellen Erregst
Zimmermann gab es zur freien Ansicht.
Der Interpol-Code wurde, wie der
Hobbyfunker verblufft feststellte, in die-
ser Zeit nicht verändert Seine Entdek-
kung soü dazu führen? hofft er, "daß die
Polizei sich was Besseres einfallen
Hißte. DER SPIE<3EL Nr. 7/1985 ~