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Chaos Computer Club 1997 February
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1997-02-28
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6KB
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186 lines
Die Zukunft:
ENTROPIE & HEFETEIG
Hefeteig: Hefe' sogenanntes Triebmittel. Der Teig
will sorgsam behandelt werden. Ein kühlerLuftzug
und er fällt in sich zusammen. Der schöne Bläh-
vorgang verkehrt sich ins Gegenteil. Chaos unter
den Bakterien! (Hefe bleibt ein Pilz, Anm. der
Zentrale)
I nstitutionen: Gebi Ide, die permanent wachsen.
Triebmittel: Geld. Der Blähvorgang kann sich, von
Krisen geschuttelt, über viele Jahrzehnte hinzie-
hen. Bis der selbstgesäte Sturm übermächtig wird.
Das System TILT. Chaos unter den Bürokraten'
Die Entropie besagt: Der Energiebestand im Uni-
versum ist immer gleich. Es kann nichts hinzuge-
fügt' nichts verbraucht werden. Die Energie verän-
dert ihre "Erscheinungsform". Sie transformiert
von einen für den Menschen verfügbaren in einen
nicht verfügbaren Zustand.
Unsere komplette Umweltverschmutzung ist eine
Erscheinungsform unserer hochuntropischen Wirt-
schaft. "Die USA verbrauchen allein während der
drei Sommermonate mehr Elekirizi-
tät für Klimaanlagen als die Bevölke- r
rung der Volksrepublik China zur
Deckung i hres Jährl ichen Gesamtbe-
darfs. Und China hat viermal unviel
Einwohner." (1)
Überall, wo Aktivität herrscht, wird
Energie transformiert. Die verfügba-
ren Vorräte verflüchtigen sich zuse-
hends. Irrwege tun sich auf: Atom-
technologie, Fusionstechnologie
Gentechnologie...
Alles Systeme, wo der Energieinput
über dem Output liegt Schrittmacher
des Krebs!
Der Backofen bleibt kaltl
Der Teig ist hinüber. Nur Stein-Brot
wäre möglich. In der Not soll der
Deubel jatatsächlich Fliegenfressen.
Mag er es? Oder ein neuer Teig. Mit
wesentlich anderem Rezept?
Sind komplexe Systeme zur Innovation fähig?
Natürlich nicht. Ein wahnsinniges Beispiel: Unsere
fleißigen Wissenschaftler rühmen die Fusionstech-
nologie als die Lösung aller Energieprobleme. Die
nackten Fakten sprechen eine andere Sprache.
Der Deuterium-Tritlum-Reaktor benötigt Tritium-
moleküle. Tritium wird aus Lithium gewonnen. Ein
Element, so selten wie Uran. Ein fast grenzenloses
Wirtschaften somit unmöglich. Ebenso notwendige
Stoffe, wie Niob und Vanadium werden schon jetzt
immer knapper. Von Kupfer ganz zu schweigen.
Und die Krönung der Innovationsfähigkeit: Der
Wasserstoff-Bor-Reaktor, mit Meerwasser gefüllt,
hat eine Reaktionstemperatur von drei Milliarden
Grad Celsius. Diese Zahl solltet ihr euch langsam
auf der Zunge zergehen lassenl Es gibt keinerlei
Materialien die diese Temperaturen auch nur an-
nähernd aushalten würdeh. Der Deuterium-
Tritium-Reaktor benötigt nur 100 Millionen Grad
Celsius. Praxisbezogener ging es wohl nicht. "Alle
Anwendung von Nukleartechnologie komme ihm
so vor, als wolle man mit einer Motorsäge Butter
schneiden."(2) Jede Veränderung in komplexen
Systemen wird zwangsläufig an anderer Stelle zu
anderen Zeiten Veränderungen hervorrufen.
Der Grad, oder die Größe der Komplexität entschei-
det über:
- das Auftreten von nur einer Veränderung oder
von mehreren Veränderungen.
- die Eigendynamik dieser Veränderungen, die z.B.
wiederum Ursache für weitere Veränderungen
sind, usw...
Es können hier hochinteressante 'tautonomet', sich
aufschaukelnde Feedbackprozesse angeleiert
werden.
Die von Hackern entdeckten Löcher werden natür-
lich gestopft. Wie? Mit dem Nähgarn. D.h. es wird
Hardware, Software und Mensch, somit Energie
gebraucht, transformiert.
Graffitiss in New York
Sprayst
`.~.8Sverhot~n~'
New York (dpa)─Edward Koch, der
Bürgermeister von New York, will den
Graffiti-Künstlern, die sich vor allem
in U-Bahn-Wagen austoben, den Spaß
verderben. Nach einer gegen den lau-
ten Protest des Handels unterzeichne-
ten neuen Verordnung dürfen Spraydo-
sen und Markierstifte mit breiter Spitze
künftig nicht mehr an Jugendliche un-
ter 18 Jahren verkauR werden. Außer-
dem messen sie in den Geschahen un-
ter Verschluß gehalten werden, damit
sich Sprayer nicht heimlich versorgen
können.Foto: W. Wille
_ Da die Erde ein relativ geschlossenes
System darstellt tbis auf die Sonne-
nenergie wird nichts wesentliches
zugeführt) gilt für unseren Planeten
ganz besonders: 'tIn einem geschlos-
senen System muß die materielle
Entropie schließlich ihr Maximum er-
reichen. " (3)
Genau die vielen Veränderungen al-
ler I nstitutionen bewi rken, daß sie
vermehrt Energie gebrauchen. Am
Zahltag wird die Komplexität von ih-
ren starren, hierarchischen Struktu-
ren, die ausschließlich der parasitä-
ren Selbsterhaltung dienten, erschla-
gen. Denn mit diesen Strukturen ist
ein flexibles Reagieren auf veränder-
te Anforderungen der Umwelt nicht
möglich, ohne das eigene System zu
zerstören. Der Weg führt auf äußerst
geheimnisvollen Wegen genau ins Chaos. Über
viele Jahrzehnte können wir die behäbigen Tätig-
keiten unserer Eierköppe bewundern. Bis die kreb-
sartigen Strukturen dieser Institutionen nicht mehr
genügend Energie finden und von regenbogenfar-
benen Ranken umfangen, in sich zusammenfallen.
Wenn sich in diesem Jahrzehnt nichts WESENTLI-
CHES an unseren Wi rtschaftsstrukturen ändert,
sind wir in 30 bis 50 Jahren genau in dieser
Situation.
Guten Appetits Wolfgang
(1} Jeremy Rifkin, Entropie, Hoffmann & Campe 82, S.134
(2} ebd. S.129
(3) ebd. S.50
HEFETGH1 WS D'.50731 1217
f:
-Jet