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1994-09-30
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4KB
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71 lines
In einem Abteil in Wagen 21...
Was für Leute man in der Eisenbahn trifft
und womit sie einen vollschwallen
Kennt Ihr das? Ihr sitzt in einem Eisenbahnabteil, Euch gegenüber
irgend so jemand, der versucht, Euch in ein Gespräch zu
verwickeln. Das kann ja ganz nett sein, zuweilen fange ich auch
selbst solche Gespräche an. Aber es gibt Momente, da wünscht man
sich in ein anderes Abteil. Oder man muß sich beherrschen, um
nicht laut loszulachen. Und zu guter Letzt trifft man aber auch
Leute, die man sonst nie treffen würde und mit denen man dann
sogar recht interessante Gespräche führt.
Ein paar Fälle hab' ich hier mal zusammengestellt, wobei ich die
Namen geändert bzw. frei erfunden habe. Ansonsten verbürge ich
mich für den Wahrheitsgehalt meiner Erzählungen.
Waltraud M., Rentnerin
Ich lese ein Buch über das Dritte Reich. "Jaja, damals herrschte
noch Ordnung...", sagt Frau M. plötzlich. Ich denke, ich höre
nicht recht. Ich frage sie, was sie eigentlich damit meint. Dann
erzählt sie mir: "Die Leute haben in Bretterverschlägen gewohnt,
es gab nichts zu essen, Kinder sind verhungert, alle waren
arbeitslos. Aber als Hitler kam, da ging es uns allen besser.
Plötzlich hatten wir Arbeit, niemand mußte mehr hungern..." Oje,
denke ich, das kann ja heiter werden. Es kommt noch schlimmer. Ich
frage sie, was denn mit dem Krieg sei. "Hitler hat den Krieg nicht
gewollt. Die Westmächte haben ihn in den Krieg getrieben", muß ich
mir anhören. Danach erzählt sie mir, daß die Alliierten ganz
bewußt deutsche Frauen und Kinder niedergemetzelt hätten, während
Hitler einen gerechten Krieg geführt hätte, außerdem hatten ja die
Amerikaner die Atombombe geworfen, Hitler hätte das niemals getan.
"Und der Judenmord?", frage ich. Daraufhin wird mir erklärt, daß
es Auschwitz nie gegeben hat und daß außerdem die Juden ja alle
fett und satt waren, als Deutschland hungerte. Ich war froh, als
ich den Zug verlassen konnte.
Tschang Li Hu, Geschäftsfrau
Die habe ich mal im Nachtzug von Stockholm nach Hamburg getroffen.
Sie fragt mich auf Englisch nach einer Zigarette, danach reden wir
über dies und jenes. Aus Hong Kong kommt sie. Ich frage: "So,
you're from Hong Kong. What do you think about..." "1997",
unterbricht sie mich. Ich nicke. Jetzt erscheint sie fast etwas
genervt. "Everybody asks me that." Ja, sie ist recht optimistisch,
will dort bleiben, vielleicht geht sie nach Macao, gegenüber von
Hong Kong, das bleibt noch etwas länger in europäischen, in diesem
Fall in portugiesischen Händen.
Katrin P., Studentin
Ganz in lila, mit Palästinenser-Schal, die Haare kunstvoll
verflochten und rot getönt, sitzt mir ein Mädchen gegenüber, ca.
16, schätze ich. In Wirklichkeit ist sie 21. Wir unterhalten uns
zuerst über Gott und die Welt, als ich sie frage, was sie
eigentlich genau macht, geht's los: "Ja, also ich studiere
Sozialpädagogik in Berlin, ne..." Oooh neiiiiin! Und es passiert
genau das, was ich befürchtet hatte: Ich habe es mit der Tochter
von Olaf Birkenstock zu tun. "Also, mein Freund, ne, der hat erst
BWL studiert, aber das hat er geschmissen, ne, jetzt will er
Krankengymnast werden, ne, also da kann man sich schon irgendwie
besser einbringen. Ja, also der ist unheimlich lieb, ne..." Was
ich mir weiter anhören darf: Natürlich ist sie Vegetarierin, sie
ist froh, von der Schule zu sein, denn "die waren alle so spießig,
ne" und die Gefühle kommen heutzutage natürlich zu kurz. Und ich
dachte, solche Leute wären bloß ein Klischee.
-= Fortsetzung folgt =-
Midnight