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![Hauser](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hauser-2.gif) |
Nach dem Erdrutsch-Sieg von Tony Blair in England, ist die Diskussion neu aufgebrochen: Was will die SPD? Wenn es nach Parteichef Lafontaine geht, wohl die knallharte Konfrontation gegen die Bundesregierung. Jüngstes Beispiel, die Verweigerung der SPD über die Rentenreform zu verhandeln. Die SPD kündigt zwar an, als Innovationspartei in den Wahlkampf zu ziehen, doch der Parteichef verdrängt im Moment die Probleme, setzt auf die alten Rezepte. Deshalb mehren sich die Stimmen gegen den linken Populismus von Lafontaine in der Partei. Sein Widersacher, Gerhard Schröder, von der Partei nicht geliebt, wie der JUSO-Kongress am vergangenen Wochenende deutlich machte, vermarktet sich als Modernisierer, präsentiert eine andere SPD als Lafontaine.
Zwischen beiden fällt die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur und damit auch über den Kurs der SPD. Und das, so meinen die parteiinternen Kritiker, kann man nicht bis zum Frühjahr nächsten Jahres hinauszögern. Wer hat die besseren Aussichten, wo steht die Partei?
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![Werbekampagne der SPD](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/spd6.jpg)
![Lafontaine](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/spd1.jpg)
![Schroeder](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/spd2.jpg)
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Ein Bericht von Thomas Fuhrmann und Klaus Heckenhahn
Wer führt die SPD in den Wahlkampf? - Keine klare Antwort bei den Sozialdemokraten, dafür hat sich die Partei eine neue Werbestrategie verordnet.
Was ein Kürbis mit der SPD zu tun hat, ist zwar auch alles andere als klar, aber es wird wenigstens darüber gesprochen. Für die neue Werbeagentur der Partei ist Tony Blair und sein Wahlsieg beispielhaft, Begeisterung:
Olaf Schnakenberg, Geschäftsführer KNSK/BBDO, Werbeagentur der SPD
Also, wenn Sie das rüberbringen, daß sie die Macht wollen und mit der Macht umgehen können, wenn Sie beweisen, daß Sie eine Partei, die ja verstaubt und alt wirkte, umorganisieren und modern machen können, dann senden Sie deutliche Signale an den Wähler. Und genau das ist ihm gelungen. Er hat eigentlich dem Wähler gesagt, ich kann Eure Zukunft hervorragend steuern.
Ein Vorbild auch für diese beiden Herren? Wohl kaum. Lafontaine und Schröder produzieren zwar gerne werbegerechte Fotos, wie am vergangenen Wochenende bei der Taufe von Lafontaines Sohn, und demonstrieren Harmonie.
In der Programmatik kristallisieren sich aber immer deutlichere Unterschiede heraus. Lafontaine pflegt das Image des Arbeiterführers, obwohl die klassische Anhängerschaft immer mehr schwindet, Schröder gibt sich selbst gerne als Modernisierer. Das ist das Schlagwort, das etliche Medien dankbar aufnehmen, die zum Teil kampagnenartig für den Niedersachsen werben.
Werner Funk; Chefredakteur æSternÆ
Ich glaube, Lafontaine hantiert einfach mit zu vielen vagen und nicht durchhaltbaren Versprechungen. Die Leute werden es merken und ich glaube, er hat keine Chance. Er ist für mich irgendwie, obwohl er gleich alt oder in etwa gleich alt ist wie Schröder, ein Vertreter der alten Zeit, der alten Generation. Er hat sich schon mal als Kanzlerkandidat beworben, ist damals gescheitert. Es müssen neue Ideen, neue Köpfe, neue Politiker her. Und das halte ich schon für richtig.
Ortswechsel. Duisburg - Laar, Arbeiterviertel, bester Bundestagswahlkreis der SPD æ94.
Der Ortsverein hat mobil gemacht. Steuerreform und Pflegeversicherung vor dem Muttertag. Hier hat Schröder bei der Urwahl æ93, wie überall in Nordrhein-Westfalen, kaum Stimmen bekommen, das hat sich geändert:
SPD-Mitglied
Keine langen Debatten, keine Reden wie man das lösen kann, jetzt müssen die Lösungen auf den Tisch! Wir brauchen dringend was, damit die Wirtschaft einfach anfangen kann zu laufen. Aus der wirtschaftlichen Kompetenz her, halte ich Schröder für den - persönlich - für den kompetenteren Mann.
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Und der Zeitpunkt? Noch warten in der Kandidatenfrage? Die einfachen Parteimitglieder sind anderer Meinung.
SPD-Mitglied
Ja, ich bin ja auch Vorsitzender vom Sportverein, schon über 25 Jahre und weiß, daß am Sportplatz oder an der Theke oder so man auch manchmal, wenn man sich mit den Leuten unterhält, die auch der Meinung sind, die sollten das nicht so in der Länge ziehen, die sollten sich entscheiden. Der oder Der.
Freitagabend. Bundeskongreß der Jungsozialisten. Kohl soll weg, am besten mit ihm - mit Oskar Lafontaine.
Inhaltlich bestehen zwischen Parteinachwuchs und dem Vorsitzenden kaum Unterschiede. Globalisierung, internationaler Wettbewerb, Lafontaine und die Jusos sehen da erst einmal die Risiken.
Oskar Lafontaine, SPD-Parteivorsitzender
Und wenn Staaten in einem Wettbewerb stehen, und das Angebot niedrigster Steuersätze, niedrigster Sozialstandard und niedrigster Löhne - das ist die globale Fehlentwicklung, das ist die neoliberale Wirtschaftsphilosophie und wir Sozialdemokraten müssen dieser neoliberalen Wirtschaftsphilosphie das Modell eines internationalen Ordnungsrahmens entgegensetzen .
Der ehemalige Juso-Vorsitzende Gerhard Schröder gilt für manche Jusos als Genosse der Bosse. Der Trend gegen ihn ist hier eindeutig.
Jusomitglied
Ich denke, daß wir für Inhalte streiten müssen und nicht für Personen und insofern ist Gerhard Schröder nicht die politische Alternative für uns, sowohl inhaltlich nicht, als auch personell.
Im Parteiapparat wenig geliebt, wird Schröder in den Medien hochgeschrieben, nur ihm werden Siegchancen bei der Wahl æ98 eingeräumt.
Manfred Bissinger, Chefredakteur æDie WocheÆ
Wenn Sie heute mit jemandem in die Wahl gehen wollen, der nicht als Modernisierer auftritt angesichts der Zustände die in diesem Land herrschen, angesichts des Reformstaus, den wir jetzt 14 Jahre schon haben, wo sich nichts bewegt hat, der kann auch nicht gewinnen. Es kann heute nur ein Modernisierer die Wahl überhaupt für eine Partei entscheiden.
Gerade für die SPD?
Gerade für die SPD - weil sie aus der Opposition kommt. Viel schwieriger als
Situation!
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![Hintersetzer](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/hg13051.gif) |
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![Taufe](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/spd5.jpg) |
SPD-Präsidium, gestern mittag in Bonn: Die Vielstimmigkeit hat Lafontaine eindämmen können - er bestimmt die Inhalte. Trotzdem halten viele hochrangige Sozialdemokraten seinen Kurs für fragwürdig, fordern vorsichtig eine Öffnung für neue Themen.
Henning Voscherau SPD, Erster Bürgermeister Hamburg
Wir haben eine sehr gute Programm-, Beschluß- und Papierlage. Aber ich wäre der Letzte, der nicht einräumte, daß Stapel voller Papier und Politik nicht immer dasselbe sind. Und man kann nicht bestreiten, daß der internationale Wind - auch die Herausforderung in Europa - sich deutlich ändern, und das es innerhalb der europäischen Union selbst unter sozialdemokratisch geführten Ländern unterschiedlich nuancierte Antworten gibt.
Schröder selbst will ungehindert von programmatischen Fesseln agieren, doch davon muß er zuerst einmal die Partei überzeugen. Er hat mühsam gelernt, sein vorpreschendes Ego zu zügeln, ein Abweichen von der offiziellen Linie würde seine Ambitionen zerstören. Demut ist angesagt.
Gerhard Schröder SPD, Ministerpräsident Niedersachsen
Freut mich, wenn jemand meine Arbeit vernünftig findet, aber das wird nicht dazu führen, daß man überselbstbewußt würde. Und im Übrigen bleibt es dabei, Oskar Lafontaine und ich und andere, werden diese Frage zu gegebener Zeit und wann das ist, haben wir ja immer wieder gesagt, in aller Freundschaft lösen.
Freundschaft, Gemeinsamkeit, Einigkeit - nach außen hin die üblichen Solidaritätsbekundungen zwischen Schröder und Lafontaine.
Oskar Lafontaine, SPD-Parteivorsitzender
Wieso man da einen großen Konflikt stilisiert, das ist mir völlig unerfindlich und wenn sie unsere Harmonie erst bei der Taufe persönlich miterlebt hätten, wüßten Sie, wie irreführend diese ganzen Meldungen sind.
Wie lange das Bild der Männerfreunde noch hält, ist fraglich. Die SPD muß sich auf jeden Fall entscheiden, welchen Weg sie einschlagen will. Nach allen Umfragen hat die Partei bei der Bundestagswahl æ98 aber nur Siegchancen mit diesem Mann - Gerhard Schröder.
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