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Hauser In den neuen Bundesländern hätte man die einmalige Möglichkeit gehabt, so weit wie möglich die Bürokratie von vornherein abzubauen, was ja im Westen des Landes immer angekündigt wird, aber nie ernsthaft in Angriff genommen wurde. Deshalb schlagen die Bürokraten mit dem Paragraphen-Arsenal in der gleichen Weise auf Ostunternehmer ein, die etwas unternehmen, wie im Westen. Politiker sorgen mit dieser ungebrochenen Flut von noch mehr Gesetzen und Vorschriften dafür, daß "sich Regen keinen Segen mehr bringt". Weniger im Süden, bei den Sachsen, um so gnadenloser im alten Preußen, wo Beamte seit jeher kleine Feudalherren sind.

Hintersetzer Ein Bericht von Hans Werner Conen

Christian Gilde hat es zum Landrat gebracht und 116.000 Untertanen. Da, wo Brandenburg besonders preußisch und ziemlich arm ist, in Ostprignitz-Ruppin. Partner der Wirtschaft will er sein, sagt der Würdenträger in seiner Beamtenheimstätte in Neuruppin.

Wer solche Partner hat, braucht keine Feinde mehr, findet Michael Wedoski. Der Existenzgründer ist Gastwirt und Hotelier in Wusterhausen. Aus der Ruine einer alten Mühle hat er mit viel gepumpten Geld und noch mehr Arbeit und Zeit das Hotel "Mühlenhof" gemacht. Jetzt drücken die Zinsen, und die Angestellten wollen auch ihr Geld. Was der "Mühlenhof" im etwas abgelegenen Wusterhausen braucht, sind Gäste. æWer nicht wirbt, der stirbtÆ, sagt sich Unternehmer Wedowski. Heute weiß er: wer wirbt, stirbt erst recht.

Die Bundesstraße 5. Auf einer Wiese stellt Wedowski einen alten Heuwagen auf. An dessen Seiten je ein Werbeschild, wie es vielerorts üblich ist, das Vorübereilende in den "Mühlenhof" locken soll. Eine Zeitlang mit gutem Erfolg. Aufschwung Ost in Wusterhausen. Teuer genug für den Steuerzahler warÆs ja.

Papperlapapp, tönt da der Vizekönig aus seiner Zwingburg. Mein Schild bleibt - und deins muß weg. Sofort. Während andere noch überlegen, ob es in Brandenburg nun mehr Vorschiften oder Arbeitslose gibt - und was das eine mit dem anderen zu tun hat - greift der Aufbauaktivist beherzt zur Paragraphenkeule Schild und Wagen sind ein Bauwerk, beschließt er. Bauwerke müssen genehmigt werden. Und die Genehmigung wird nicht erteilt. Mein großer Bruder ist stärker als Deiner. Ätsch.

Christian Gilde, Landrat Ostprignitz-Ruppin
Da gibt es eine Verfahrensweise, die auch in anderen Fällen dann eintritt, bis hin zur Ersatzvornahme, daß wir praktisch das Schild dann beseitigen lassen müßten. Und er muß es zahlen usw. und sofort.

Der Heuwagen ein Bauwerk? Da holt Michael Wedowski den Bauern samt Traktor, schiebt das Gefährt mal hin und mal her und photographiert alles. Der Wagen wechselt ständig den Standort. Eine mobile Immobilie? Erdverwachsen auf Rädern? Es sind nun mal Beamte nimmt Wedkowski die Bürokraten in Schutz - und hofft ihnen den Unterschied zwischen Bauwerken und Fahrzeu-gen doch noch erklären zu können. Das muß schiefgehen. Sogar das Verwal-tungsgericht macht seinem Namen Ehre und findet im Namen des Volkes: Ohne Baugenehmigung kein Heuwagen. Wo Kohlhaas einst gewann, siegt heute die Obrigkeit.

Herr Gilde
Hotelier
Michael Wedowski, Hotelier
Ich empfinde das als ausgesprochene Unverschämtheit und auch als Desinteresse an dieser Region, an der Wirtschaft der Region. Denn dort zeigt sich ja, wie man mit der Wirtschaft umgeht und wie man ihnen Steine in den Weg wirft, bzw wie man diese Steine aus dem Weg räumt. Denn das sollte eine Behörde machen: Steine wegräumen und nicht Steine hinschmeißen. Und das tun sie nicht. Sie werfen einem nach allen Regeln der Kunst Steine in den Weg.

Für den Mühlenhof und für den Steuerzahler siehtÆs jetzt trübe aus. In Wusterhausen wird es wohl bald ein paar Arbeitslose mehr geben. Kaum noch jemand findet den Weg ins Hotel und in den Biergarten.

Keinen stört das Schild. Weg muß es, damit Ordnung ist. Und Ordnung ist, wenn sich nichts mehr rührt.

Der Mühlenhof: Auferstanden aus Ruinen - und der Pleite zugewandt. Hier ist nichts mehr zu verdienen, Deutschland fest in Ämterhand.

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