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Hauser Deutschland ist Weltmeister. Über 10 Millionen Bürokraten verwalten die Bürger und die müssen es mit ihren Steuergroschen bezahlen. Alle reden immer von Entbürokratisierung, doch Entscheidendes passiert nicht. Ja man hat fast den Eindruck, daß angesichts der leeren Kassen viele Bürokraten die Flucht nach vorne antreten, mit noch mehr Vorschriften. Die Frage, ob sie überhaupt zuständig sind, interessiert viele Ämter nicht mehr - der Staat ist immer und überall.

Hintersetzer Ein Bericht von Hans Werner Conen

Kornwestheim bei Stuttgart, Geschwister-Scholl-Straße. Das ist das Dach auf dem Reihenhaus der Familie Böhler, nach gerade 15 Jahren ist es häßlich und verwittert. Eine architektonische Fehlleistung, denn es ist altes Eternit, der Stoff aus dessen Asbestfasern der Krebs kommt. æSchnell weg damit!Æ, sagen die Böhlers. Sie wollen ihr Dach neu eindecken, mit altbewährten Tonziegeln. Um das Erscheinungsbild der Reihenhäuser nicht zu stören, entscheiden sie sich aus zahlreichen Mustern für eine dunkle Farbe.

Margit Böhler, Hausbesitzerin, zeigt ihr Eternit-Dach
Material, das bröselt. Es bröselt ab, es zersetzt sich, es ist voller Ablagerungen, verwittert, schäbig.

Öffentliches Recht ist nicht berührt, kein Amt ist zuständig. Das neue Dach ist Privatsache.

Das Rathaus von Kornwestheim, es hat den Charme eines kanadischen Getreidesilos. So als Experten für Ästhetik ausgewiesen, schleudern die ganz unzuständigen Baubürokraten den Böhlers ein rüdes æSo nicht!Æ entgegen und plustern sich mit Drohungen auf. Und dann benehmen sich die Amtspersonen wie ein Verkaufsbüro der Firma Eternit, denn die Hausbesitzer sollen ein Produkt dieser Firma verwenden. Das hat, wie man in der Gegend sagt, ein "Geschmäckle", ist aber bei Baubürokraten nicht ungewöhnlich.
Die Böhlers lassen sich nicht entmündigen, sie wollen nicht Eternit durch Eternit ersetzen, sondern ein für alle Mal sanieren.

Margit Böhler, Hausbesitzerin
Ich kann hier keinen großen und auch keinen störenden Farbunterschied sehen, zumal wenn man sich im ganzen Ortsgebiet hier umschaut, wo sehr viele Veränderungen da sind, und wirklich manchmal welche, die man besser nicht gemacht hätte.

Da übernimmt Oberbürgermeister Ernst Fischer persönlich den Oberbefehl der amtlichen Heerscharen, das Böhlerdach ist Chefsache.
Das Stadtoberhaupt weiß schließlich Prioritäten zu setzen und hat sich damit schon vorher landesweit einen Namen gemacht. In der Bratwurst-Affäre z.B., da ficht die Brigade Fischer bis zur letzten Steuermark gegen einen Imbiß, doch am Ende steht der Sieg des Fritten-Fritze.
Neue Schikanen, neues Bürokratenglück - die Eiskugel-Affäre. Immerhin geht es um mehrere Zentimeter für Angelos Kaffeehaustische. Chefsache.

Panagiodis Ntemadisis, Cafébesitzer
Sie wollten am Anfang nicht, und da sind wir vor Gericht gegangen, also zu meinem Anwalt, und dann hat es halt fünf Jahre lang gedauert.

æAber jetzt!Æ sagt sich der Rathausvorsteher, Allah ist mit den Standhaften und so führt er seine Kämpfer mit den Ärmelschonern in den heiligen Krieg um das Dach der Böhlers, die Dachschadenaffäre nimmt ihren schicksalhaften Lauf. Da machen wir mit, sagt das Regierungspräsidium, eine von den vielen Beamtenheimstätten, die sich der Sache annehmen.
Doch der Einsatz scheitert, nach juristischen Rohrkrepierern dreht man blamiert ab. Der Wirtschaftsminister hat schließlich die Erleuchtung. Das Dach ist Privatsache, der Krieg für Eternit verloren. Da ist aber, warum billig, wennÆs auch teuer geht, schon der Petititionsausschuß des Landtags angereist.

Imbiss
Schmiedel Das Finale:

Claus Schmiedel, Petitionsausschuß des Landtages
Also, auf dem Rathaus in Kornwestheim werden ganz offensichtlich Bausachen nach Gutsherrenart entschieden. Manche werden freundlich und schnell bedient. Aber die, die der Oberbürgermeister auf dem Kicker hat, die läßt er schmoren und die werden gepiesackt und das muß aufhören.

Jetzt ist der geschlagene Oberbürgermeister auf dem Rückzug, da erscheint noch der Ausschuß æUmwelt und TechnikÆ des Stadtrats mit der weißen Fahne am Böhlerschen Haus zur Ortsbesichtigung. Die Böhlers machen aber die Tür nicht auf.

Das Chefbüro ist trotz Terminabsprache verwaist, der Herr der Dachschäden unauffindbar, die Sekretärin ratlos. Bürger fragen, Fischer antwortet nicht, das Handy schweigt. Man möchte doch zu gern wissen, wo der Mann als nächstes zuschlagen will. Doch die Kamera löst wohl einen Fluchtreflex aus.
Hier vor seinem Haus findet sich sein Wagen, doch er macht nicht auf, da fällt der Blick auf das Fenster. Das hat er umgebaut, ohne Genehmigung: æBrauche ich nicht!Æ.

Was die Götter dürfen, darf das Volk noch lange nicht.

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