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Man hat lange gezögert auf den deutschen Flughäfen und fast hätte man die Entwicklung verschlafen. Bis zum heutigen Tage wursteln die 16 deutschen Verkehrsflughäfen mehr oder minder allein vor sich hin, während die Konkurrenz aus dem Ausland sich längst weltweit engagiert und Allianzen gründet. In Deutschland ist man erst aufgeschreckt, als Nordrhein-Westfalen seine 50 Prozent am Düsseldorfer Rhein-Ruhr-Flughafen anbot, der nach der Brandkatastrophe Milliarden zur Sanierung und zum Ausbau benötigt. Interessenten gibt es genug und es sieht nach einem Dreikampf aus.
Die ausländische Konkurrenz will Düsseldorf als reinen Zubringer mißbrauchen, der Frankfurter Flughafen will die Gelegenheit nutzen, um eine nationale Front gegen die ausländische Konkurrenz ins Leben zu rufen und Investitions-gesellschaften wollen Düsseldorf wieder als Intercontinental-Flughafen ganz nach vorne bringen. Offiziell ist das Rennen offen. Doch hinter den Kulissen scheint wohl schon alles klar.
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Ein Bericht von Winfried Schnurbus
11. April 1996. Die Katastrophe.
Flughafen Düsseldorf im Jahr 2000 plus. Eine Vision, die zwei Milliarden Mark verschlingen wird. Aus der Asche von damals soll der neue Rhein-Ruhr-Airport erwachsen: mit verlängerter Startbahn, national und international konkurrenzfähig. Zwei Milliarden Investitionen. Nordrhein-Westfalen kann diese Summe nicht aufbringen. Im Gegenteil: Es gilt, Haushaltslöcher zu stopfen. Also: verkaufen. Die Suche nach Käufern für die 50% Anteile, die das Land am Flughafen besitzt, läuft auf Hochtouren. Privatisieren - zunächst Düsseldorf und dann Köln/Bonn.
Interessenten gibt es reichlich. Baufirmen, Anlagenbauer, Investitionsgesellschaften und vor allem Flughafenbetreiber aus dem Ausland. Beispiel: Flughafen Schiphol in Amsterdam. Ein moderner Airport, der bei weitem nicht ausgelastet ist. Daher wildern die Holländer jenseits der Grenze an Rhein und Ruhr. Mit Bussen und Shuttle-Fliegern holen sie die Deutschen nach Amsterdam, um ihre Jumbos vollzukriegen. Dazu noch aggressive Werbung - und Dumping-Preise. Ein Konzept, das sich rechnet.
Nikola Kovacic, First Reisebüro, Dortmund
Interesse der Flughäfen ist immer da. Die haben eine Infrastruktur aufgebaut, die ausreicht, viel mehr Passagiere zu bedienen, zu bewirten und jeder Passagier, der kommt und ein, zwei Stunden Wartezeit hat, trinkt erst einmal einen Kaffee. Und wenn jeder Passagier eine Tasse Kaffee trinkt, hat der Flughafen auch gewonnen.
Was ist da jetzt das Hervorstechende, daß Sie diese Shuttleflüge über Amsterdam machen?
Ein Passagier
Das Hervorstechende an erster Stelle ist der Preis. An zweiter Stelle die Bequemlichkeit, von Dortmund aus fliegen zu können.
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Ob Münster, Paderborn oder Dortmund: per Zubringer zum Drehkreuz Amsterdam und von dort in alle Welt. Den deutschen Markt absaugen - diese Kunst beherrschen auch London und Paris.
Wolfgang Clement, SPD NRW-Wirtschaftsminister
Das kann nicht sinnvoll sein, daß wir den Luftverkehrsmarkt von NRW von Amsterdam aus abräumen lassen. Das ist weder ökonomisch, noch in unserem Interesse, denn die Investitionen gehen dann auch nach Amsterdam. Noch ist das ökologisch sinnvoll, wenn wir hier solch eine Art Zubringerdienst leisten für Amsterdam und von dort aus gehen dann endgültig die Maschinen in die Welt hinaus.
In die Welt, das meint vor allem Fernost. Gerade Asien ist ein wichtiger Handelspartner von Nordrhein-Westfalen. Allein im Raum Düsseldorf gibt es über 260 asiatische Firmen. 10.000 Japaner und 7.000 Koreaner leben hier - die meisten als Geschäftsleute. Sie alle wollen einen internationalen Airport Düsseldorf, von dem sie nonstop nach Hause fliegen können. Verkommt Rhein-Ruhr zur Provinz-Rollbahn von Paris, London oder Amsterdam, wandert auch die asiatische Geschäftswelt dorthin ab. Die großen asiatischen Fluggesellschaften haben Düsseldorf längst "good bye" gesagt. Fatale Folgen: Denn tausend Tonnen Fracht sichern acht Arbeitsplätze am Flughafen und 16 weitere im Umland. Und: Eine Flugbewegung pro Stunde bringt 750 Jobs am Airport, 1650 im Umland. Hier geht es auch um die Existenz des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Denn übernimmt das Ausland Düsseldorf, wäre das erst der Anfang des Ausverkaufs. Dagegen wehrt sich auch einer der aussichtsreichsten Mitbewerber, der Frankfurter Flughafen: mit einem nationalen Konzept. Der internationalen Konkurrenz soll eine deutsche Flughafen-Allianz trotzen, den deutschen Standort gegen ausländische Interessen - verteidigen.
Wilhelm Bender, Vorstandsvorsitzender Frankfurter Flughafen AG
Wir haben weiter zur Kenntnis zu nehmen, daß die Flughafenstruktur im Ausland geprägt ist von Flughafensystemen, d.h. von Gesellschaften, die nicht nur einen großen Flughafen betreiben, sondern mehrere Flughäfen im eigenen Land oder auch im Ausland mitbetreiben und auch über diese Flughäfen dafür sorgen, daß die jeweilige Drehkreuzfunktion des Dominantenflughafens gestärkt wird.
Solch ein Modell wollen die Frankfurter auch für Deutschland.
Wilhelm Bender, Vorstandsvorsitzender FAG
Die Verkäufe, die ich geschildert habe, sind eine große Chance ein standortübergreifendes Flughafensystem in Deutschland zu schaffen. Die FAG ist bereit, hier ihre dominante Rolle in Deutschland auch in einer solchen Diskussion zu spielen.
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![Rheinruhr](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/rheinr~1.jpg) |
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![Harpen](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/harpen.jpg)
![Clement](/file/21499/OP2_97.BIN/cd-rom/osurfen/frontal/clement.jpg)
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Ein Netzwerk von 16 deutschen Flughäfen als nationales Bollwerk gegen das Ausland - allerdings nach Frankfurter Spielregeln: Rhein-Main festigt seine Position als internationales Drehkreuz in Deutschland, Rhein-Ruhr dagegen fiele auch hier nur eine untergeordnete Rolle zu. Bleibt die nordrhein-westfälische Lösung æHarpenÆ, eine Dortmunder Investment-Gesellschaft, hat konkrete Vorstellungen:
Dr. Rolf Bierwirth, Vorstandsvorsitzender Harpen AG
Wir sind der eindeutigen klaren Meinung, daß Konkurenzflughäfen nicht Mitgesellschafter des Flughafens in Düsseldorf sein dürfen, man kann mit diesen Flughäfen kooperieren, aber sie dürfen nicht Gesellschafter sein.
Warum?
Weil dann nämlich Düsseldorf zu einem Zubringerflughafen für die benachbarten Flughäfen wird. Und dies darf nicht sein. Wir wollen die Eigenständigkeit des Düsseldorfer Flughafens und die Stärkung des Düsseldorfer Flughafens nicht die der anderen benachbarten, die durch die Brandkatastrophe genug gewonnen haben.
Für das nötige Know-How hat sich æHarpenÆ den amerikanischen Flughafenbetreiber æAirport Group InternationalÆ an Bord geholt. Der zweite Trumpf: æHarpenÆ gehört zum westfälischen Energieversorger æVEWÆ. Der wiederum gehört den Kommunen, ist somit eng mit der Politik verflochten. Und noch ein Trumpf: Für die jetzigen Besitzer von Düsseldorf scheint schon alles klar zu sein.
Wolfgang Clement, NRW-Wirtschaftsminister, SPD
Wir haben die Interessen dieses Landes wahrzunehmen, und dieses Land wird nicht zuschauen, wie die Verkehrsströme und der Luftverkehr sich konzentriert auf London, Amsterdam, Paris und Frankfurt. Ich finde einigermaßen amüsant, daß jetzt, wo andere Probleme haben in Deutschland, der Wunsch so dringlich an uns herangetragen wird, wir sollten nun mit ihnen teilen. Vorher ist dieser Markt abgeräumt worden. Zunächst aus Frankfurt, jetzt droht es aus Holland, und nun muß man damit rechnen, daß wir antworten.
Diese Antwort läßt nur eine Vision "2000 plus" zu: Rhein-Ruhr unter der Flagge der æHarpen AGÆ.
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