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Berufsbild einer Gruppe von Ideal- und Individualisten.
Kniebundhose und kariertes Hemd, Matterhorn-Ambiente und
selbst gestrickte Wollstrümpfe -Klischees,
gegen die eine internationale Berufsgruppe noch heute zu kämpfen hat:
die Bergführer.
15 Landesverbände mit über 6000 Mitgliedern sind
beim internationalen Verband, der
Internationalen Vereinigung der Bergführerverbände
(IVBV / UIAGM) organisiert. Davon bestreiten ca. 2000 bis 2500 ihren
Lebensunterhalt ausschließlich mit der Bergführertätigkeit.
Sind das alles moderne Luis Trenker mit dem Hang zur Ganghofer-Romantik?
Wie sieht die Realität als Bergführer wirklich aus?
Wenn auch das bevorzugte Metier, Eis und Fels, des Bergführers gleichgeblieben ist, so hat sich doch zu den Anfängen aus seiner "Steinzeit" einiges verändert. Während in früherer Zeit der Gast, meist ein "betuchterStädter", den ortskundigen Naturburschen, oftmals Hirte oder Wilderer, in seine Dienste stellte, ist heute ein Führer mit einem überaus vielseitigen Anforderungsprofil gefragt. Wenn auch die alten ethischen Werte noch absolute Gültigkeit haben, zeichnet sich der heutige Bergführer auch durch modernes und zeitbewußtes Management aus. Während er früher fast ausschließlich in der näheren Umgebung seiner Talschaft seine Dienste anbot, ist er in seiner "Neuzeit"grenzüberschreitend und weltweit unterwegs.
So stehen im Sommer Führungen von der leichten Wanderung mit Schwerpunkt Kultur oder Botanik, über klassischeTouren in Fels und Eis, Sportkletterrouten in den obersten Schwierigkeitsbereichen, sowie Canyoning, bis hin zur Leitung vonanspruchsvollem Trekking und Expeditionen zu den höchsten Bergen unserer Erde auf dem Programm. Im Winter verhilft er seinen Gästen zu ersehnten Erfolgserlebnissen u.a. auf leichten Tagesskitouren, anspruchsvollen Gebietsdurchquerungen, beim Variantenskifahren, bei Führungen an gefrorenen Wasserfällen,oder als Guide beim Heli-Skiing.
Zum "klassischen Führen" kam im Verlauf seiner Entwicklung die Tätigkeit als Ausbilder hinzu. Bei Ausbildungskursen, die Inhalte der verschiedensten Spielformen des Bergsteigens beinhalten, bildet er meist im Gruppenrahmen, Interessierte zum selbständigen Unterwegs sein aus.
Sehr schnell hat auch die Bergführerschaftbegriffen,
wie wichtig für sie ein intakter und sauberer"Arbeitsplatz" ist.
Die Zeichen der Zeit erfordern vomBergführer auch Kenntnisse der ökologischen
Zusammenhänge. Mehr und mehr ist er gefordert, in den wenigen ursprünglicherhaltenen
Landschaften die richtigen Wege zu weisen. Der Bergführer ist auf diesem
Gebiet einer der wichtigsten Multiplikatoren geworden.
Mit Bergführern unterwegs zu sein heißt:
verantwortungsbewußtes
Verhalten in den Landschaften und sorgsamer Umgang mit den Menschen,
die darin leben.
Was verschafft nun eigentlich dieser Berufsgruppe die
Kompetenz, die sie nur für sich beansprucht?
Die Kompetenz, die eine klare Grenze zu den, in ihren Augen,sogenannten
"Schwarzen Schafen", den "selbsternannten Führern"
bildet? Entscheidend dafür sind sicherlich drei wichtige Faktoren.
Einmal ist es die umfangreicheund hochqualifizierte Ausbildung, darauf
aufbauend, die durch nichts zu ersetzende Erfahrung sowie die absolute
Identifikationmit der gestellten Aufgabe und deren erweiterten Umfeld.
Aufgrund der Veränderung des Berufsbildes erweiterte sich
zwangsläufig das Anforderungsprofil und somit auch die Ausbildung
eines Staatlich geprüften Berg- und Skiführers.
Das überdurchschnittlich hohe persönliche Können eines Allrounders oder des "AlpinenZehnkämpfers", im Fels, Eis, Mix-Gelände und auf Ski, bei allen Schneearten, bildet die Grundvoraussetzung um in die mehrjährige hochqualifizierte Ausbildung einsteigen zu können. Eine sogenannte Plattform, mit internationaler Gültigkeit, schreibt die Mindestanforderungen, die Inhalte sowie die Zeitdauer dieser Berufsausbildung vor. Der Bereich der Lehrinhalte ist breit gefächert. Neben Führungstaktik und -technik, Methodik und Didaktik sind Trainingslehre, Anatomie, Ökologie sowie Psychologie Standardthemen.
Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden,
wird jedes Land darüber hinaus für sich spezifische Schwerpunkte
setzen. Zweifellos unterscheidet sich der Einsatzbereich und somit das
Berufsbild zwischen den einzelnen Nationen. Die Tätigkeitsmerkmale
des Führers aus Peru, Neuseeland oder Canada sind sicherlich anders
gelagert als die eines Führers aus dem Alpenraum oder von
Großbritannien. Als kontrastreiches Beispiel wäre
ein Vergleich zwischen Südtirol und Peru.
Während der Führer aus dem Grödnertal im Sommer vorwiegend auf
genußreichen Tagesklettertouren unterwegs ist, wird sein
Berufskollege aus La Paz mit Trekkinggruppen die reizvollsten Gebiete
seines Landes aufsuchen oder die attraktiven Gipfel der Cordilleren im
Expeditionsstil besteigen.
Der Großteil der Bergführer ist,
meist auf freiberuflicher Basis, in Bergschulen oder ähnlichen
Organisationen tätig. Dies ermöglicht ein breites Touren- und
Kursangebot sowie gemeinsame und effektive Werbemaßnahmen.
Sich natürlich selbst einen "privaten Kundenstamm"
aufzubauen und zu erhalten, ist Ziel vieler Profis.
Wenn auch eine stattliche Anzahl der Führer
ihr Einkommen ausschließlich aus der Bergführertätigkeit
bestreiten, so sind doch jene in der Mehrzahl, die dieser"Berufung"
im Zweitberuf oder in Nebentätigkeit nachgehen. Eines bleibt aber
für alle gleich, "der Gast ist König", denn je nach
Bedarf kümmert sich der Bergführer um alle notwendigen Details.
Von der Ausrüstungsliste über die persönliche Beratung bis
zur Organisation vor Ort, damit das Erlebnis "Berg" ein Erfolg wird.
Leider geht die"Kundschaft" oft von falschen Voraussetzungen aus.
Nämlich dann, wenn die Einstellung vorherrscht, daß bei einem
Arrangement mit einem Bergführer der Gipfelsieg bereits mitgebucht
werden kann. Eine Umkehr, ein Abbruch der Tour aus Gründen der
Sicherheit und Fürsorge dem Gast gegenüber, muß nicht
immer Verständnis finden. Es bedarf viel Erfahrung im Umgang mit
komplexen Situationen, die fast nur "Ja"- oder "Nein
Entscheidungen" zulassen. Allzu oft wird er als "Magier der
Grauzone" dargestellt und gesehen. Dem ist nicht so!
Jeder Gast muß sich vor Augen führen, daß sein
Vorhaben in den Bergen, auch mit Führer, mit einem immer
vorhandenen Restrisiko behaftet ist. Selbst der beste Bergführer
kann seinen Anvertrauten nie die absolute Sicherheit bieten
- unumstritten aber, die größt mögliche Sicherheit!
Traumberuf Bergführer? Mit der Ganghofer Romantik von einst hat der Beruf des Bergführers nicht mehr viel zu tun. Vielmehr ist er zum "knallharten" Geschäft geworden, das - will man erfolgreich sein - mit sehr viel Aufwand und Einsatzbereitschaft geführt werden muß. Es stellt sich die Frage nach dem "Warum?". Warum ergreift man den Beruf eines Bergführers? Für alle gibt es nur einen Grund - egal ob Aspirant oder bereits erfahrener Bergführer, egal welcher Herkunft oder welchen Alters, gleich ob haupt- oder nebenberuflich , der Wunsch nach der intensiven Auseinandersetzung mit der Erlebniswelt Berg, gepaart mit sehr viel Begeisterungsfähigkeit und einer großen Portion Idealismus. Einen Beruf, ja eine Berufung auszuüben, bei dem man die Faszination Berg und Natur direkt erleben und anderen mitteilen kann und dabei weitgehend sein eigener Herr bleibt - darin liegt für die meisten Bergführer der ganz besondere Reiz ihrer Tätigkeit.
Auch wenn man hierbei nicht gerade zum Millionär wird.
Bergführer - Vertrauter oder Helfer, Unterhalter, mentaler Trainer
oder "Risiko Manager" - egal was auch immer der Kunde in ihm
sieht oder bei ihm sucht, erfindet einen kompetenten Ansprechpartner in
Sachen Erlebniswelt Berg, einen Multiplikator für den Erhalt der
Natur und einer intakten Bergwelt.
Peter Geyer: | Präsident des Verbandes Deutscher Berg- u. Skiführer |
Ausbildungsleiter der Staatlichen Bergführerausbildung in Deutschland |
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letzte Änderung:
03.05.97 21:09
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