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Chaos Computer Club 1997 February
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1997-02-28
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10KB
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317 lines
Ecken und Enden, Krieg) in einen
Soll-Zustand (zu Fressen für alle,
Lesen- und Schreibenkönnen, Fre-
de, und noch etwas mehr) uberfüh-
ren, möglichst feedbac~c-gesteuert
durch hasis-demokratische Struic-
turen.
Die Linke hat auf neue Technolo-
gien mit verschiedenen Strategien
gleichzeitig reagiert, das reicht von
der pauschalen Zurückweisung
über Unterwanderung und Sabofa-
Be bis zu l}atenschutzkosmetik und
dem Formulieren von Hightech-
Utopien. Und still und leise neben-
her hat sich die Zürcher Alternativ-
Szene die Computer weit starker
nutzbar gemacht als das Kleinge-
werbe im Landesdurchschnitt. Ich
finde das dem Stand der Diskussion
angemessen, dieses Vorgehen auf
verschiedenen Ebenen.
Welche Solidarität ist
politisch ?
Es ist mittlerweile chic, Brigadisten
als gewissensgeplagte Revolutions-
touristen hinzustellen, während der
Rest der Soli-Arbeit irgendwo zwi-
schen «bewussf unpolitisch» und
japolitisch ungewusst» lokalisiert
wird. Wir gehören nach Jan zu den
bewusst unpolitischen Fachidioten.
Die Gruppe <<Computer fier Nica-
ragua>, hat politische Ansprüche
mit ihrer Arbeit. Verschiedene. Wir
können sie hier aus Platzgründen
nur antönen.
Erstens. Wir finden die wirt-
schaftliehe Strategie der Sandini-
sten vorläufig unterstützungswür-
dig. Bestandteil dieser Strategie ist
es, moderne Technologien einzube-
ziehen. Mehr dazu unter «Vertrau-
en zu den Sandinisten?»
Zweitens. Solidaritätsarbeit mit
Leica muss für uns hier politische
Prozesse auslösen, allerwenigstens
Diskussionen. Darunter verstehen
wir nicht hauptsächlich, dass die
Zürcher Linke erörtert, was die San-
dinisten nun tun und lassen sollten,
sondern Auseinandersetzung mit
Fragen, die uns hier beschäftigen.
Und wenn es zum Teil dieselben Fra-
gen sind, sie auf uns zu beziehen.
Konkret: Wir wollen mit dieser Ar-
beit die Technologie-Diskussion
hier anheizen. Unsere erste Veran-
staitung zielte darauf ab, die etwas
provokative Bezeichnung «<Compu-
ter für Nicaragua?> haben wir aus
diesem Grund gewählt, obwohl sie
das von uns unterstützte Lehr- und
Reparatur-Labor in Managua unge-
nau umschreibt.
Wir haben die Arbeit bewusst un-
ter der Haube der reaktionärsten
Gewerkschaft der Schweiz, dem
SMUY, gestartet. Wir wollen hier
Themen anreissen, die den morbi-
den Rahmen «Arbeitsplätze dank
Konkurrenzfähigkeit unserer Wirt-
schaft» sprengen. Erste Erfolglein
haben sich eingestellt, darüber wäre
einiges zu berichten, und wir haben
noch mehr vor in dieser Richtung.
Drittens. Entwicklungshilfe wird
hierzulande immer noch kari~ativ-
humanitär begriffen. Mensch sam-
melt für Schulen und Spitäler' weil
da nicht so rasch von wirtschaftli-
cher Ausbeutung gesprochen wird.
<<Computer für Nicaragua>, bringt
sofort die Frage nach Abhängigkei-
ten und Machtverhlitnissen aufs
Tapet, weil es darauf abzielt, Nica-
ragua wirtschaftlich erstarken zu
lassen.
Viertens. Wir haben bei unserem
Projelct absichtlich auf den gängi-
gen Agit-Prop-3argon verzichtet.
Wir möchten nämlich nicht die übri-
ge Soli-Arbeit konkurrenzihren,
sondern neu an ganz bestimmte
I-eute herantreten: Unsere Berufs-
kollegen nämlich. (Kolleginnen ha-
ben wir noch immer sehr wenige).
Wir möchten einhaken bei der Sehn-
sucht etlicher dieser Kumpels, ihr
Berufskönnen wenigstens aus-
nahmsweise Verantwortbar einset-
zen zu dürfen. Sie so in die Diskus-
sion ziehen. Auch das scheint ansat-
zweise hinzuhauen. Arbeitskolle-
gen machen mich seit neuem auf
Zentralamerika-Neuigkeiten auf-
mericsarn, seit ihr Multimeter auf
dem Weg nach Nicaragua ist.
Funftens. Die neuen Technologien
sind in den Handen einiger Gross-
konzerne, konzentriert auf die
USA, Japan und Westeuropa. Die
Möglichkeiten zur technologischen
Erpressung nehmen zu, nicht nur
Nicaragua gegenüber. Z.B. stossen
Streiks in gewissen Branchen mehr
und mehr ins Leere, weil die Produk-
tions-Daten des bestreikten Werkes
einfach zu den Universalautomaten
einer anderen Fabrik übermittelt
werden. Dieser Strategie des Kapi-
tals müssen wir etwas entgegenset-
zen. Unser Traum wäre eine Art
<< Internationale der verante or-
tungsbewussten TechnikerInnen'>,
die fähig wäre, reaktionäre Embar-
gos zu unterlaufen (z.B. für Nicara-
werden. Dieser Strategie des Kapi-
tals müssen wir etwas entgegenset-
zen. Unser Traum wäre eine Art
<<Internationale der verantwor-
tungsbewussten Technikerlunen ",
die fähig wäre, reaktionäre Embar-
gos zu unterlaufen (z.B. für Nicara-
gua gezielt die dringend benötigten
Ersatzteile zu beschaffend. I}ie bei
Bedarf auch anderen politiscl~cn
Bewegungen ihrediskreten und el fi-
z~enten Computerlinks zur Verfü-
gung stellen könnte. In Extremfäl-
len Streikumgehungen sabotieren
konnte und hin- und wieder eine l~a-
tenschutz-Schweinerei ans Licht
zerren würde. Mit Jans Sichtweise
hätten wir allerdings kein Brot bei
den anvisierten <<Herrschaflstcch-
nologen,~.
Soviel zu unserer Politik. So ~er-
stehen wir den Transparent-Spruch
<<Tragt den Kampf in die 1~1etropo-
len'>, der Jeweilen über Zentralarne-
rika-Festb{]hnen zu prangen pocht.
Liegen wir damit richtig? Sind wir
am AbgleitenzuAnbiederei und Re-
formismus? Oder zu Insidertum?
Wir werölen oft angegriffen, sind
verunsichert, diskutieren wieder
neu. Jans Kritik hat uns vorallem
veranlasst, unser Verhältnis zu den
Sandinisten bewusster zu formulie-
ren.
Vertrauen
zu den Sandinisten?
Klar, wir sammeln nicht für irgend-
wen Elektronikmaterial. Wir liefern
auch nicht jeder x-beliebigen Regie-
rung, die sich mit den Amis tiber-
worfen hat, Computer. Den Sancli-
nistas aber geben wir zur Zeit Ver-
trauenskredit. Wir wollen hier jetzt
weder in pathetischen Worten ihre
revolutionären Taten rühmen noch
ihre bisherigen Fehler geisseln. Sie
haben das Geschick ihres Lancles in
die Hände genommen─im grossen
ganzen mit ihrem Volk zusammen.
Zwei Aspekte sandinistischer Po-
litik möchten wir hier hervorheben,
weil sie mit dem Thema verknüpft
sind:
Zum ersten ist das die Aussenhan-
delspolitik─in Drittweltländern ist
dies beweilen eher Abhängigkeiten-
Management. Die Sandinistas ak-
zeptieren es als Fakt, dass sie abhän-
gig sind, einseitig von wenigen Län-
dern und einseitig in dem Sinne,
dass diese Beziehungen sehr unsym-
metrisch sind. Ihre Strategie besteht
nun dann, sich nicht hauptsächlich
in Autarkie-Kraftakten zu veraus-
gaben, sondern das Risiko ihrer Ab-
hängigkeiten besser zu streuen, in-
dem sie mit möglichst vielen Län-
dern versuchen, direkte Tausch-
Verträge einzugehen. I9littelfristig
wollen sie dem Abhängigkeits-Ge-
fälle begegnen, indem sie den Verar-
beitungsgrad ihrer exportierten
Produkte steigern. Das bedingt
auch den vermehrten Einsatz von
Technik.
Das zweite könnte man mit ~Poli-
tik des Foifer undas Weggli>, um-
schreiben. Dass alle Nicas er~vas zu
beissen haben, und dass die Contras
in Schach gehalten werden können
hat heute sicher höchste Priorität.
Dennoch packen die Sandinistas
heute auch Probleme an, die nicht
unmittelbar lebenswichtig sind, auf
lange Sicht aber sehr zentral werden
können. Dazu gehört, unter vielem
anderem, der Ausbau der Hoch-
schulen, insbesondere der Aufbau
einer echten Ingenieurinnen-Schu-
le.
Ich sage <<echten, weil die Nicas
hier mit emem speziellen Erbe aus
dem Alt- und Ratiokolonialismus zu
kämpfen haben. Ingen,eurein Nica-
ragua waren (wie in fast allen latein
amerikanischen Ländern übrigens)
traditionellerweise reine Schreib-
tischtoter, hochhezalllte Verwalter
schlüsselfertig importierter Anla-
gen mit geölten Beziehungen zu den
jeweiligen Service-Niederlassungen
der Multis. Heute sind Leute dieses
Schlages, wenn sie rächt eh schon
abgehauen sind, ziemlich fehl am
Platz. Gefragt sind erfinderische
Praktiker, lmprovisations-Genies
mit fundierten Sachkenntnissen,
kooperative Ausbildner.
Das Konzept des Technikums,
dem wir unsere Unterstützung ge-
ben, ist darauf angelegt, solche Leu-
Ie heranzubilden. Nur darf's keine
Devisen kosten, denn die sind dafür
schlicht nicht vorhanden, womit die
verschiedenen Lehr-Reparatur-Ex-
perimentier-Labors fiir den prakti-
schen Teil der Ausbildung schon ins
Wasser fielen, gäbe es nicht Unter-
stützungsgruppen wie die unsere.
Vor diesem Hintergrund klingt es
leicht zynisch, wenn Jan den Nicas
<<nichts aufzwingen will». Es geht
darum, eine von ihnen gewählte Po-
litikzu ermö,gffeken.DieWoZ
hat vor einiger Zeit fürs Zentralame-
~ 1~
F -~_
~3
1 - 1 1 wo_─5~1
öd*
'~1 don't know the man persona/ly...
we Spare the Same Computer. "
fit